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Die Überschwemmungen, die ganze Landstriche verwüsten, der zündende Blitz, der Städte in Asche wandelt, der Gifthauch der Pest, der Provinzen entvölkert — sie sind der Welt nicht so verhängnisvoll wie die schlechte Moral, wie die zügellosen Leidenschaften der Könige. Denn wie die Macht, Gutes zu tun, wofern sie dazu gewillt sind, in ihre Hand gegeben ist, gleichermaßen sieht es bei ihnen, Böses auszuüben, wenn sie es wollen. Ein Jammer ist's aber um das Los der Völker, alles vom Mißbrauch der Herrschermacht fürchten zu müssen: wenn all ihre Habe der Gier des Fürsten, ihre Freiheit seinen Launen, ihre Ruhe seinem Ehrgeiz, ihre Sicherheit seiner Tücke, ihr Leben seiner Grausamkeit ausgeliefert ist! Wohlan, da haben wir das Bild eines Reiches unter einem politischen Ungeheuer von jenem Schlage, wie Machiavell es zu züchten sich anheischig macht!

Gesetzt aber meinetwegen, das Gift des Autors fände seinen Weg nicht bis in Throneshöhe — ich behaupte: Solange Machiavell und Cäsar Borgia auch nur einen einzigen Jünger werben können, haben wir allen Grund, solch ein Schandbuch mit Entrüstung abzulehnen. Mancher hat gemeint, Machiavell habe weniger geschildert, wie's die Fürsten halten sollen, als wie sie's in Wirklichkeit treiben, eine Meinung, die um einer gewissen Wahrscheinlichkeit willen Anklang fand, sodaß man's bei solcher Verkehrtheit bewenden ließ, weil sie etwas Bestechendes hatte, und sie immer aufs neue vorbrachte, weil sie einmal ausgesprochen war.

Sei mir's denn vergönnt, die Sache der Fürsien wider ihre Verleumder zu führen, sie von der abscheulichsten Anklage zu reinigen, sie, deren Amt einzig und allein Arbeit zum Wohle der Menschheit ist.

Unzweifelhaft gründen sich derartige Beurteilungen von Fürsten auf das Beispiel des einen oder anderen Herrschers von übler Art, wie Machiavell solche anführt, auf die Geschichte der kleinen italienischen Gewalthaber seiner Tage und das Leben etlicher Tyrannen, die nach solchen bedenklichen Staatslehren verfahren sind. Demgegenüber erinnere ich, daß es in jeglichem Lande anständige Leute und schlimme Gesellen gibt, wie man wohl in jeder Familie neben Wohlgewachsenen Bucklige, Blinde oder Lahme findet; genau so gab's jederzeit und wird's jederzeit unter den Fürsien Mißgeburten geben, unwürdige Träger dieses heiligen Namens. Hinzufügen könnte ich, daß, bei der ungeheuren Macht der Versuchung da oben auf dem Throne, mehr denn der landläufige Menschenwert dazu gehört, dagegen fest zu bleiben; kein Wunder also, daß man so wenig gute Fürsten findet. So schnellfertige Beurteiler sollten doch daran denken, daß es neben Gestalten wie Caligula und Tiberius auch Herrscher wie Titus, Trajan und die Antonine gibt; so wäre es denn eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, einer Gesamtheit die Sünden von etlichen ihrer Glieder zur Last zu legen.

Möge die Weltgeschichte nur die Namen der guten Fürsten aufbewahren und die der anderen dem Untergange anheimgeben samt ihrer Faulheit und ihrem Unrecht. Was dabei die Bücher der Geschichte an Umfang verlörm, gewänne die Sache der