<31> sich selbst zu raten wissen, ob sie gegen den Feind vorgehen oder sich zurückziehen sollen, je nachdem die Umstände es erfordern. Vor überlegenen Kräften müssen sie allemal zurückweichen, aber auch ihre eigene Übermacht benutzen, wenn der Feind schwächer ist. Oft ziehen sie sich beim Anmarsch des Feindes in der Nacht zurück. Glaubt dieser dann, sie wären auf der Flucht, so kehren sie schnell wieder um, greifen ihn an und jagen ihn zurück. Die leichten Truppen des Feindes müssen sie verachten. Ein Detachementsführer muß zuerst für seine Sicherheit sorgen. Ist dies geschehen, so muß er Anschläge gegen den Feind machen; denn will er selbst ruhig schlafen, so darf er den Gegner nicht schlafen lassen, sondern muß immerfort Pläne gegen ihn schmieden. Gelingt es ihm dann, nur einen oder zwei auszuführen, so wirft er den Feind in die Defensive. Stehen solche Detachements in der Nähe der Armee, so halten sie Verbindung mit ihr durch irgend eine Stadt oder ein dahin führendes Gehölz.

Ein Verteidigungskrieg lädt von selbst zum Detachieren ein. Kleine Geister wollen alles verteidigen; vernünftige Leute aber sehen nur auf die Hauptsache, parieren die großen Schläge und dulden ein kleines Übel, um ein größeres zu vermeiden. Wer alles verteidigen will, verteidigt nichts. Das, woran man sich vor allem halten muß, ist die feindliche Armee: ihre Absichten gilt es zu erraten und sich ihnen mit allen Kräften entgegenzustemmen. Wir überließen Oberschlesien im Jahre 1745 der Plünderung der Ungarn, um den Absichten des Prinzen von Lothringen desto kräftiger entgegenzutreten 1, und detachierten nicht eher, als bis er tüchtig geschlagen war. Danach verjagte General Nassau die Ungarn binnen vierzehn Tagen aus ganz Oberschlesien.

Manche Heerführer detachieren, wenn sie den Feind angreifen wollen, damit solche detachierten Korps während des Kampfes eintreffen und dem Feind in den Rücken fallen. Das aber ist gefährlich; denn die Detachements können sich verirren und zu spät oder zu früh eintreffen. Karl XII. detachierte am Abend vor der Schlacht von Pultawa; das Detachement verirrte sich, und er wurde geschlagen. Als Prinz Eugen Cremona überrumpeln wollte2, ging sein Schlag fehl, weil das Detachament des Herzogs von Vaudemont, welches das Tor am Po angreifen sollte, zu spät kam. Während der Schlacht darf man nie detachieren, es sei denn so, wie es Turenne bei Kolmal tat3, wo er sein erstes Treffen der Front des Kurfürsten Friedrich Wilhelm gegenüberstellte, während sein zweites Treffen sich durch Hohlwege nach der Flanke des Kurfürsten zog, sie angriff und zum Weichen brachte. Oder auch wie der Marschall von Luxemburg in der Schlacht von Neerwinden (1693), wo er ein Infanterietorps durch das hohe Getreide in die Flanke des Prinzen Wilhelm von Oranien fallen ließ und durch dies Manöver die Schlacht gewann.


1 Vgl. Bd. II, S. 209 ff.

2 Eugen nahm Cremona am 1. Februar 1702, konnte es aber nicht behaupten (vgl. Bd. VII, S. 103).

3 Am 5. Januar 1675 (vgl. Bd. I, S. 73).