<299> auch nicht allemal an, die Dörfer und fortificirten Posten zu überfallen, so ist es doch wohl möglich, daß dergleichen bei einem Corps de garde1 geschiehet, welches eine Brücke besetzt hat, oder bei einer Wache, die in einem Walde hinter einem Verhaue stehet. Wenn so ein kleiner Trupp rechts und links tourniret2 wird und daß man ihn unvermuthet in den Rücken faßt, so ist er ohne Umstände fort.

Wenn also Officiere sind, die dergleichen Projecte machen, so müssen sie solches dem Generale anzeigen, der in der Chaine3 das Commando hat; sie müssen ausrechnen, wie viel Truppen zur Execution vonnöthen sind, und wenn es die Nothwendigkeit erfordert, so können sie auch durch reguläre Truppen, die eine Ecke zurückbleiben, soutenirt werden, damit sie sich auf solche repliiren4 können.

Aber um daß dergleichen Projecte mit Nachdruck executiret werden, so müssen diejenigen, die dergleichen vorhaben, sich eine genaue Kenntnis von dem Dorfe oder von dem Orte verschaffen, wo der Feind stehet, von den Ansialten, die er macht, von den differenten Wegen, die dahin gehen und wie man seinen Rückweg am besten nimmt, wann und wie stark der feindliche Succurs ankommen kann, wie viel Zeit man dagegen zu seiner eigenen Expedition braucht und wie die Gegend überhaupt beschaffen ist, worin man agiren will usw.; denn wenn eine eracte Kenntniß von dieser Sache fehlet, so kann ein solches Project unmöglich gut executirt werden.

Zwei Sachen können dazu behülflich sein, um sich diese Kenntnisse zu verschaffen:

1. Daß man sucht, Leute aus dem Lande zu bekommen, denen dergleichen Dinge bekannt sind. Die Schlächter und Jäger, wenn man sie kriegen kann, sind die besten unter selbigen; denn sie wissen alle Wege und Stege. Außerdem aber kann man durch die Deserteurs, die man vom Feinde kriegt, wenn man sie recht zu examiniren verstehet, oder auch wohl durch einzelne Gefangene oft Umstände erfahren, die man schwerlich auf eine andere Art würde zu erfahren kriegen können.

2. Können sie einen guten und sichern Kerl von ihrem Regimente à dessein5 desertiren lassen. Dieser gehet zum Feinde über, stehet sich genau um nach allem, was passiret, und kommt bei der ersten Gelegenheit wieder zurück, um getreulich Nachricht von allem zu bringen, was er observiret hat.

Diejenigen Officiere von den Frei-Bataillons, welche sich auf dergleichen Sachen legen, daß sie darin einige Geschicklichkeit erwerben, können zuverlässig versichert sein, daß ihr Avancement nothwendig darauf folgen muß.

Bei den Arrieregarden setzen Ihro Majestät noch eine Regel hinzu, nämlich daß, wenn es die Arrieregarde von einer Armee ist, sich solche so wenig als möglich mit dem Feinde in eine furieuse Action einlassen muß; denn dabei ist nichts zu gewinnen, au contraire, hält man sich zu lange auf, so ist fast immer Verlust dabei.

Ueberhaupt aber bei allem, was Posten ist, müssen die Officiere ihre Leute lehren, daß sie sich gegen den Feind zu bedecken verstehen, so viel es möglich ist und die Um-


1 Wachtposten.

2 umgangen.

3 Kette der Winterquartiere.

4 zurückziehen.

5 absichtlich.