<117> sonst ehrenvollen Berufe alt und grau werden, ohne darin größere Fortschritte zu machen als jener Maulesel.

Dem hergebrachten Schlendrian des Dienstes folgen, sich um seinen Tisch und seine Bedürfnisse kümmern, marschieren, wenn marschiert wird, lagern, wenn gelagert wird, kämpfen, wenn alles kämpft — das heißt für die Mehrzahl der Offiziere gedient und Krieg geführt haben, unter den Waffen grau geworden sein. Daher sieht man so viele Militärs an Kleinigkeiten haften und in grober Unwissenheit verknöchern. Statt sich mit kühnem Flug in die Wolken zu erheben, wissen sie nur methodisch im Staube zu kriechen, unbekümmert um die Ursachen ihrer Siege und Niederlagen und ohne Kenntnis von ihnen. Und doch sind diese Ursachen sehr real.

Ein strenger Kritiker wie der scharfsinnige Feuquières1 hat uns alle Fehler erläutert, die die Heerführer seiner Zeit begangen haben. Er hat die Feldzüge, die er mitmachte, sozusagen anatomisch zergliedert und die Gründe für ihre Erfolge und Mißerfolge aufgedeckt. Er hat uns den Weg zu unsrer Aufklärung gewiesen und uns gezeigt, wie man jene Grundwahrheiten entdeckt, auf denen die Kriegskunst beruht.

Seitdem hat sich die Kriegführung vervollkommnet. Neue mörderische Einrichtungen haben die Schwierigkeiten vergrößert. Diese müssen wir auseinandersetzen, damit wir, nach genauer Untersuchung des Systems unsrer Feinde und der Hindernisse, die sie uns entgegenstellen, die geeigneten Mittel zu ihrer Überwindung finden.

Ich will Euch nicht mit den Projekten unsret Feinde unterhalten, die sich auf die Zahl und die Macht ihrer Verbündeten stützen. Ihre Menge und vereinte Macht wäre mehr als hinreichend, nicht allein Preußen, sondern auch die Kräfte eines der mächtigsten europäischen Fürsten zu vernichten, hätte er sich dieser wilden Flut entgegenstemmen wollen. Auch brauche ich Euch wohl kaum an ihre allgemein befolgte Methode zu erinnern. Sie besieht darin, unsre Kräfte durch Diversionen auf eine Seite zu ziehen, um auf der andren, wo sie vor jedem ernstlichen Widerstand sicher sind, einen großen Schlag zu führen, sich aber einem Korps gegenüber, das ihnen die Spitze zu bieten vermag, in der Defensive zu halten und sich mit Nachdruck nur gegen die Truppen zu wenden, die ihnen aus Schwäche weichen müssen.

Ich will Euch auch nicht an die Methode erinnern, die ich angewandt habe, um mich gegen den Koloß zu stemmen, der mich zu zermalmen drohte. Bewährt hat sie sich nur durch die Fehler meiner Feinde, ihre Langsamkeit, die meiner Regsamkeit zustatten kam, durch ihre Trägheit, die niemals die Gelegenheit erfaßte. Sie darf aber nicht als Muster aufgestellt werden.

Das gebieterische Gesetz der Notwendigkeit hat mich gezwungen, vieles dem Zufall zu überlassen. Ein Steuermann, der mehr den Launen des Windes als der Richtung seines Kompasses folgt, darf aber nie als Vorbild dienen.


1 Antoine de Pas, Marquis de Feuquières (1648—1711), Verfasser des Werkes „Mémoires de M. le marquis de Feuquières, contenant ses maximes sur la guerre et l'application des exemples aux maximes“ (Amsterdam 1731).