<139> Durchgang und vermehrte dadurch die Verwirrung und Bedrängnis der Röderschen Truppe, die eben im Zurückgehen war. Die Preußen hatten gegen eine vierfache Überzahl zu kämpfen, und diesmal siegte die Zahl über die Tapferkeit. Sie verloren beim Rückzuge 4 Kanonen und gegen 500 Mann (21. Mai). Dies Mißgeschick zwang den Prinzen Heinrich zur Änderung seiner Maßnahmen. Er ließ Kanitz von Pretzschendorf mit frischen Truppen anrücken und nahm Stellung bei Öderan, nur zwei Meilen vom Feinde, der bei Chemnitz lagerte. Die Armee des Prinzen Heinrich hatte eine sehr breite Front. Um den Unzuträglichkeiten vorzubeugen, die aus den häufigen, unvermeidlichen Detachierungen entsprangen, ließ er die ganze Stellung befestigen. Überall, wo es möglich war, wurden Überschwemmungen hergestellt. In den Wäldern wurden Verhaue errichtet, und wo weder Sümpfe noch Bäche noch Wälder benutzt werden konnten, wurde das Gelände verschanzt.

Serbelloni war der Untätigkeit müde, in der er bisher geschmachtet hatte. Er beschloß einen Plan auszuführen, der ihn mit Ruhm bedecken sollte. Zunächst zog er Stampach an sich, der bisher mit 7 000 Mann an dem Passe bei Zittau gestanden hatte. Mit dieser Verstärkung brach Serbelloni am 1. Juni von Dippoldiswalde auf, um die leichten Truppen des Prinzen Heinrich in ihrem Lager bei Reichstädt zu überrumpeln. Aber Kleist und Egloffstein1 zogen sich bei seinem Anmarsch auf das Lager von Pretzschendorf zurück, wobei das neu ausgehobene Freibataillon Heer einige Leute verlor. Das große Unternehmen Serbellonis endete mit einer Kanonade, die den ganzen Tag lang währte. Am nächsten Tag schickte Prinz Heinrich Kleist und Egloffstein wieder in ihre alte Stellung. Da das Detachement aber bei Reichstädt weder notwendig noch wesentlich war, so wurde es nach einigen Tagen von dort zurückgezogen.

Belling war durch die Unterzeichnung des Friedens mit Schweden bisher in Mecklenburg zurückgehalten worden und konnte die sächsische Armee nicht vor dem 18. Juni erreichen. Nach seinem Eintreffen war Prinz Heinrich stark genug, etwas gegen die Reichsarmee zu unternehmen. Für das Heer in Sachsen war es notwendig, ja unerläßlich, sich von dem Gegner im Rücken zu befreien, zumal dessen Nähe unter mißlichen Umständen verhängnisvoll werden konnte. Seydlitz wurde mit der Unternehmung beauftragt. Er rückte auf Penig. Darauf zog sich Prinz Stolberg mit seinen 21 Bataillonen und 31 Schwadronen nach Annaberg zurück. Nachdem dieser Chemnitz verlassen hatte, konnte Kanitz sich in Zwickau ungehindert mit Seydlitz vereinigen. Die Reichstruppen räumten Sachsen und verloren auf ihrem Rückzug nach Bayreuth viele Leute. Mittlerweile ging Kleist gegen Marienberg vor, verdrängte von dort Oberst Török und warf ihn nach Böhmen zurück. Dann stieß er wieder zur Armee.

Während Prinz Stolberg in den Schoß des Reiches flüchtete, faßte Serbelloni einen noch weiter ausschauenden Plan als den vorhergehenden. Er wollte an der Elbe


1 Albrecht Dietrich Gottfried von Egloffstein, Major im Infanterieregiment Goltz.