<96> klar zu werden. Denn von ihnen hing es ab, ob er ihren Unternehmungen entgegentreten sollte oder, wenn der Feldzug in Thüringen zu Ende war, sich wieder nach Schlesien wenden und Schweidnitz entsetzen konnte, dessen Belagerung Nadasdy begonnen hatte.

Allein die Ereignisse zwangen den König zu Operationen, die er damals noch garnicht voraussehen konnte. Der Abzug der Preußen aus Erfurt bewog Soubise, über die Saale zu gehen und sich Leipzig zu nähern. Die Meldung kam vom Feldmarschall Keith, der dringend um Hilfe ersuchte, sodaß der König schleunigst zu ihm eilen mußte. Sofort marschierte er mit seinem kleinen Heer auf Leipzig, säuberte sofort das rechte Ufer der Mulde von einigen Brigaden, die Custine dorthin vorgeschoben hatte, rückte dann in Leipzig ein (26. Oktober) und vereinigte sich mit Prinz Moritz und Prinz Ferdinand von Braunschweig. Dann setzte er sich sogleich in den Besitz der großen Heerstraße nach Lützen. Am 30. Oktober war die Armee versammelt und lagerte bei Altranstädt, von wo Retzow zur Deckung des Defilees von Rippach abgesandt wurde. Noch in derselben Nacht brach der König auf, um den Feind in seinen rings um Weißenfels zerstreuten Quartieren zu überfallen; doch retteten sich alle, außer dem in Weißenfels selbst. Die drei Stadttore wurden angegriffen, mit dem Befehl an die Offiziere, sich unverzüglich der Saalebrücke zu bemächtigen, da man den wichtigen Übergang in der Hand haben wollte. Die Stadt wurde gestürmt und 500 Mann gefangen genommen, aber ein Teil der Besatzung entkam und setzte die bedeckte Brücke in Brand. Da sie ganz aus Holz bestand, fing sie leicht Feuer, und an Löschen war nicht zu denken, da der Feind am andren Ufer, hinter Mauern versteckt, ein heftiges Musketenfeuer unterhielt und alle, die sich um die Rettung der Brücke bemühten, getötet oder verwundet wurden. Bald darauf erschienen neue Truppen am andren Flußufer. Bei ihrer ständigen Zunahme sah man die Unmöglichkeit ein, an dieser Stelle den Übergang über die Saale zu erzwingen. Da aber erst die Spitze der Armee bei Weißenfels angelangt und das Gros noch auf dem Marsche war, so wurde es nach Merseburg dirigiert, in der Hoffnung, daß man die dortige Stadtbrücke benutzen könnte.

Als Feldmarschall Keith in Merseburg eintraf, sah er, daß die Franzosen sich dort bereits festgesetzt und die Brücke abgebrochen hatten. Er schwankte indes keinen Augenblick, zog mit einigen Bataillonen nach Halle, vertrieb die Franzosen von dort und stellte die gleichfalls zerstörte Brücke wieder her. So stand der rechte Flügel des preußischen Heeres bei Halle, das Zentrum gegenüber von Merseburg und der linke Flügel bei Weißenfels, gedeckt durch die Saale und durch zwei detachierte Korps, die zugleich die feindlichen Bewegungen im Auge behielten und die rückwärtigen Verbindungen über den Fluß sicherten. Zuerst ging Feldmarschall Keith bei Halle über die Saale. Schon auf diese Bewegung hin, die an sich noch gar keinen Nachteil für die Franzosen bedeutete, räumte Soubise das ganze Saaleufer und zog sich nach St. Micheln zurück. Den ganzen Tag und die folgende Nacht verwandten die Preußen zur Wiederherstellung der Brücken bei Weißenfels und Merseburg. Am 3. November