<86> Dann hätte Feldmarschall Daun ihm zu Hilfe kommen müssen, und das hätte Anlaß zu einer allgemeinen Schlacht geboten. Aber die Schwierigkeit des Geländes vereitelte das Vorhaben, und so mußte man den Plan fallen lassen.

Unter den obwaltenden Umständen wäre ein entscheidender Schlag für den König von großem Vorteil gewesen. Es war keine Zeit zu verlieren. Ein französisches Heer stand bei Erfurt, die Armee des Herzogs von Cumberland war bis Stade zurückgedrängt, und das Herzogtum Magdeburg sowie die Altmark standen den Einfällen der Franzosen offen. Eine schwedische Armee hatte die Peene bei Anklam überschritten, und die Reichstruppen waren im Anmarsch auf Sachsen. Allein es war bei dem schwierigen und unwegsamen Gelände unmöglich, den Österreichern eine Schlacht zu liefern, und da der König schleunigst einige Detachements abschicken mußte, sah er sich zum Rückzuge genötigt. Die Infanterie zog treffenweise ab, ohne daß der Feind es zu bemerken schien.

Die Armee marschierte nach Bernstadt (20. August) und lagerte auf den Höhen von Jauernick bis zur Neiße. Jenseits des Flusses dehnte sich Winterfeldts Korps bis Radmeritz aus. Ein Detachement ging nach Görlitz, um die Brigade abzulösen, mit der Grumbkow1 nach Schlesien marschieren sollte, um die Grenze von den feindlichen Streifscharen, die dort ihr Unwesen trieben, zu säubern und die Festung Schweidnitz zu decken. Der König übergab den Befehl über die Armee dem Herzog von Beyern, dem er Winterfeldt, seinen eigentlichen Vertrauensmann, zur Seite stellte. Nachdem er beiden die Deckung der schlesischen Grenzen ans Herz gelegt hatte, brach er selbst mit 18 Bataillonen und 30 Schwadronen auf, um den Franzosen und Reichstruppen entgegenzutreten.

Um die zusammenhängenden Ereignisse dieses Feldzuges ohne Unterbrechungen zu schildern, haben wir noch nichts von dem Feldzug der Alliierten unter dem Befehl des Herzogs von Cumberland berichtet. Nun aber erfordert der Zusammenhang, dies in Kürze nachzuholen.

Seit Anfang April hatten die Franzosen Kleve und Wesel genommen, ohne auf Widerstand zu stoßen. Graf Gisors besetzte Köln, das die Franzosen zu ihrem Waffenplatz zu machen gedachten. Die Führung der Armee sollte d'Estrées übernehmen. Er traf in den ersten Tagen des Mai ein. Am 26. rückte er vor und lagerte mit all seinen Truppen bei Münster. Der Herzog von Cumberland hatte sein Heer bei Bielefeld zusammengezogen. Bei der Annäherung von d'Estrées, der bei Rheda lagerte, schob er ein Detachement nach Paderborn vor, ging dann aber selbst auf Herford zurück. Nun schickten die Franzosen ein Detachement nach Hessen. Es stieß dort auf keinen Widerstand und besetzte das ganze Land. Selbst die Hauptstadt Kassel ergab sich nach schwachem Widerstande. Nach dem Plane der hannöverschen Minister, die den Über-


1 Generalmajor Philipp Wilhelm von Grumbkow.