<103> auf alle Schanzen, die die eigentliche Festung umgeben, und eroberte zwei. Ob dieses Unfalls verloren der Kommandant der Festung, Sers1, und Grumbkow2, der ihm beigeordnet war, den Kopf. Sie kapitulierten und gaben sich mit der ganzen Besatzung, 10 Husarenschwadronen und 10 Bataillonen Infanterie, kriegsgefangen. Die Österreicher entwaffneten die Truppen, und da der größte Teil von ihnen aus Schlesien war, so gaben sie ihnen den Laufpaß und ließen sie in ihre Dörfer zurückkehren. Zu keiner Zeit hätte dies Ereignis die Pläne des Königs mehr durchkreuzen können. Jedenfalls aber wurde dadurch seine Vereinigung mit dem Herzog von Bevern um so nötiger, zumal leicht vorauszusehen war, daß sich Nadasdy nach der Einnahme von Schweidnitz mit Feldmarschall Daun vereinigen würde, um alles, was an Preußen noch bei Breslau stand, zu vernichten.

Der Herzog von Bevern hatte vom König gemessenen Befehl, den Feind anzugreifen und nicht zu dulden, daß Schweidnitz sozusagen vor seinen Augen erobert würde. Das war angesichts der österreichischen Stellung bei Lissa auch leicht auszuführen. Der Herzog konnte mit einer einzigen Bewegung dem Feind in die Flanke fallen und hätte ihn vermutlich geschlagen. Die Belagerung von Schweidnitz wäre dann aufgehoben und der Plan der Kaiserlichen durchkreuzt worden. Blieb er dagegen untätig stehen, so mußte die Festung, die auf keine Hilfe mehr zu hoffen hatte, schließlich kapitulieren. Dann konnten alle feindlichen Truppen vereint über die Preußen herfallen und ihre befestigte Stellung an der Lohe stürmen. Leider sah der Herzog das Zwingende dieser Gründe nicht ein. Immerhin bestimmten ihn eines Tages die Generale, den Angriff wenigstens zu versuchen. Er brach also aus dem Lager auf und schlug die leichten Truppen, die die rechte Flanke der Österreicher deckten. Um aber ihre Hauptarmee anzugreifen und in die Oder zu werfen, was sicher gelungen wäre, dazu hätte er weniger Unsicherheit und Ängstlichkeit und mehr Selbstvertrauen haben müssen. So aber schreckte er vor einem Unternehmen zurück, dessen Ausgang nie völlig sicher ist. Er glaubte genug getan zu haben und führte seine Truppen in ihre Verschanzungen zurück.

Am 24. November kam der König in Naumburg am Queis an. Dort erfuhr er den Sieg der Österreicher über den Herzog von Bevern3 und den Verlust Breslaus4. Alles, was man dem Herzog vorhergesagt hatte, war leider nur allzu genau eingetroffen. Nadasdy hatte sich mit dem Prinzen von Lothringen und Feldmarschall Daun vereinigt, und in ihrer Ungeduld, die Eroberung Schlesiens zu vollenden, hatten die Feinde ihren Plan unverzüglich ins Werk gesetzt. In der Nacht vom 21. zum 22. November hatten sie vor der Front der Preußen, zwischen Pilsnitz und Groß-Mochbern, vier große Batterien mit schwerem Geschütz errichtet. Der Herzog von Bevern sah sich das mit an und ließ sie ihr Vorhaben ruhig vollenden, so deutlich auch in diesen Maßnahmen Dauns Anschlag gegen die preußischen Verschanzungen zutage


1 Generalmajor Philipp von Sers.

2 Vgl. S.86.

3 Am 22. November 1757.

4 Am 24. November 1757.