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Der König von Preußen antwortete Villiers, er bewundere den Stolz und die Unbeugsamkeit des Königs von Polen. Er hege gar keinen Haß gegen ihn, aber man könne ein Heer von 80 000 Mann unmöglich ernähren, ohne daß das Land darunter zu leiden hätte. Wäre seinen Feinden das Glück so günstig gewesen wie ihm selbst, so würden die Sachsen in Brandenburg nicht so viel Mäßigung gezeigt haben, wie der König in Sachsen. Vielmehr würden sie alles geplündert, verbrannt und zerstört haben, wie es Beispiele aus Schlesien bewiesen. Da der König von Polen aber durchaus Krieg haben wolle, so solle ihm kräftiger denn je damit gedient werden. Am 9. trafen endlich Nachrichten vom Fürsten von Anhalt aus Torgau ein. Der Fürst meldete, er habe in Torgau 200 Mann gefangen genommen. Die Langsamkeit seines Marsches schob er auf die Schwierigkeit, Proviant und Wagen herbeizuschaffen. Das war aber nur ein Vorwand zur Entschuldigung seiner Saumseligkeit. Er hatte neun Tage zu neun Meilen gebraucht. Sein Verhalten war um so weniger zu entschuldigen, als er in Halle über ein Magazin verfügte und in Leipzig ein feindliches Magazin weggenommen hatte. Außerdem hatte er keinen Feind vor sich, war also Herr der Fourage, der Lebensmittel, der Pferde und der Lieferungen des platten Landes. Nur sein Widerspruchsgeist und sein Alter waren an seiner Langsamkeit schuld. Der Fürst hätte es nicht ungern gesehen, wenn der Zug nach der Lausitz für einen gut abgelaufenen Jugendstreich gegolten hätte. In all seinem Tun und Lassen kehrte er stets den bedächtigen und weisheitsvollen Mann von gereifter Erfahrung heraus, und zwar in absichtlichem Kontrast gegen das Feuer, womit der König alles ausführte.

Der Fürst von Anhalt erntete für seine Langsamkeit keine Lobsprüche. Der König schrieb ihm, seine Saumseligkeit verstieße sehr gegen die Interessen des königlichen Dienstes; denn nun hätten die Österreicher Zeit, sich mit den Sachsen zu vereinigen und die Brücke bei Meißen zu zerstören, wodurch die Verbindung beider Heere so gut wie unmöglich geworden sei. Der König gab ihm strikten Befehl, unter Aufbietung aller Kräfte so schnell wie irgend möglich heranzurücken. In seiner Antwort versprach der Fürst, am 12. in Meißen zu sein. Hierauf wurden alle Quartiere enger gelegt. Der König ließ nur 4 Bataillone und einige Husaren in Zittau, ein Bataillon in Görlitz und 2 in Bautzen. Die Armee vereinigte sich am 13. bei Kamenz, mit Ausnahme von Lehwaldt, der schon Meißen gegenüberstand. Am 12. traf der Fürst von Anhalt in Meißen ein. Aber die sächsische Besatzung hatte sich durch eine Ausfallspforte gerettet und war wieder zur Hauptarmee gestoßen.

Während die Infanterie des Fürsten in Meißen einrückte, marschierte seine Kavallerie, Mann hinter Mann, durch einen Hohlweg. Die beiden letzten Regimenter, die Roëllschen und Holstein-Dragoner, saßen ab und warteten, bis die Reihe an sie kam. Das bemerkte Sybilski1, schlich sich mit den Sachsen in ein dichtes Gehölz und


1 Chef eines Regiments Chevaulegers.