<253> offenen Erbitterung, die seine Feinde auch jetzt wieder gegen ihn zeigten, und trotz der Erfolge, die er eben erst über sie errungen hätte, bliebe er doch bei seinem einmal gefaßten Vorsatz und zöge Mäßigung der Anwendung von Gewalt vor. Deshalb böte er dem König von Polen den Frieden auf der Grundlage des Vertrages von Hannover an und wolle alles Vergangene vergessen.

Der König hatte seinen Schritt nach reiflicher Überlegung getan. Man kann in der Tat nur so lange Friedensvorschläge machen, als das Waffenglück mit Einem ist. Ist man selbst der Unterlegene, so findet man den Feind jeder Versöhnung abgeneigt. Kam der Friede zustande, so sparte man das Blut vieler tapferer Offiziere, die bereit waren, es für Preußens Sieg zu vergießen. Der König sagte sich, daß der Krieg in Sachsen trotz seines günstigen Verlaufes doch eine Feuersbrunst im Hause des Nachbars war, die auf das eigne überspringen konnte. Zudem mußte der Krieg sobald wie möglich beendet werden, damit sich Rußland nicht einmischen konnte. Von Frankreich war keine Hilfe zu erwarten. Setzte der König den Kriegswirren nicht im Laufe des Winters ein Ziel, so stand zu befürchten, daß die Königin von Ungarn ihre am Rhein überflüssig gewordenen Truppen im nächsten Frühjahr zurückberiefe und sie mit der böhmischen Armee vereinigte. Dadurch hätte sie ein großes Übergewicht erlangt. Schließlich war der Vorwand des Krieges seit dem Tode Karls VII. hinfällig geworden. Dazu kam noch, daß durch die schlechte Ernte des Jahres das Korn knapp und teuer und daß die Finanzen völlig erschöpft waren. Das einzige Mittel gegen all diese Mißstände war der Friede.

Man wundert sich vielleicht, daß der König so mäßige Friedensbedingungen stellte. Aber man muß bedenken, daß er sich in der Zwangslage befand, alles, was er tat, genau zu berechnen und keine leichtsinnigen Wagnisse zu unternehmen. Durch das Friedensangebot betätigte er die uneigennützigen Grundsätze, die er in den Manifesten von 1744 und 1745 aufgestellt hatte1. Nötigte er dem König von Polen jetzt aber ein Stück Landes ab, so verkettete er die sächsischen Interessen mit den österreichischen und stiftete einen Bund, den er nach den Regeln der Staatskunst zerstören mußte. Ferner war Europa schon eifersüchtig genug auf die Erwerbung Schlesiens. Die Erinnerung daran mußte also verwischt, aber nicht aufgefrischt werden. Schließlich war der einfachste Weg zum Frieden die Wiederherstellung des Besitzstandes vor dem letzten Kriege. Die vorgeschlagenen Bedingungen waren weder hart noch drückend. Sie konnten den Frieden um so dauerhafter machen, als kein Same von Erbitterung und Eifersucht zurückblieb.


1 Das Manifest vom August 1744 (vgl. S. 173) bezeichnete als Ziel der preußischen Schilderhebung, „dem Deutschen Reiche die Freiheit, dem Kaiser sein Ansehen und Europa die Ruhe wieder zu verschaffen“. Es schloß mit den Worten: „Der König fordert nichts, es handelt sich nicht um seine persönlichen Interessen.“ Das gegen Sachsen gerichtete Manifest vom August 1745 (vgl. S. 226. 246) schloß mit der Erklärung: „In dem der König von Preußen auf der einen Seite Festigkeit und Tatkraft beweist, ist er nicht minder bereit, bei allen Gelegenheiten Beweise seiner Seelengröße und Mäßigung zu geben.“