<249> österreichischen Truppen im Begriff standen, ihnen zu folgen. Erbprinz Leopold stimmte dem Operationsplan des Königs vollkommen bei. Die Armee in Schlesien hatte eine Effektivstärke von 30 000 Mann, lauter alte, ausgesuchte, sieggewohnte Soldaten, jetzt durch vierwöchentliche Ruhe gestärkt und zu jeder Tat entschlossen. Indessen waren noch einige Vorsichtsmaßregeln zu treffen, bevor man aus Schlesien aufbrach. Man konnte das bisher noch unbefestigte Schweidnitz mit seinen Magazinen nicht ganz entblößt lassen. Deshalb sollte Nassau aus Oberschlesien nach Landeshut rücken, um dem Korps von Hohen-Ems entgegenzutreten, der von seinem Hofe Befehl zu einem Einfall nach Niederschlesien in die Gegend von Hirschberg hatte.

Des Königs Lage ähnelte der vor der Schlacht von Hohenfriedberg. Er brauchte die gleiche Kriegslist, um den Feind in die nämliche Falle zu locken. Er tat, als ob er die sächsische Grenze gewissenhaft respektierte und nur Krossen vor dem Prinzen von Lothringen erreichen wollte. Um das noch glaubhafter zu machen, ließ Winterfeldt einige Husaren, die in der Lausitz Ausschreitungen begangen hatten, bestrafen. Man stellte Wege nach Krossen her und errichtete an ihnen Magazine, sodaß die Bauern (die man immer zuerst täuschen muß) den Preußen keinerlei andre Absichten zutrauten. Winterfeldt besetzte Naumburg am Queis und sprengte aus, er stehe dort nur, um den Feind auf seinem Marsche längs des Flusses zu begleiten und ihm in Krossen zuvorzukommen.

Der Prinz von Lothringen glaubte fest, daß die Preußen sich in ihren Winterquartieren ausruhten, daß ihre Truppen mutlos seien und daß er nur ein Beobachtungskorps von 3 000 Mann zu fürchten habe. Dank dieser schmeichelhaften Meinung wiegte er sich in gefährlicher Sicherheit, und die nämliche Kriegslist gelang zum zweiten Male. Es ist eine alte Wahrheit: Mißtrauen ist die Mutter der Sicherheit1. Ein kluger Feldherr soll den Feind nie unterschätzen, sondern stets auf dessen Schritte achten und sie bei allen seinen Operationen zum Leitstern nehmen. Um den Österreichern die Bewegungen des preußischen Heeres nach Möglichkeit zu verbergen, ließ der König drei Flüsse, die vor ihm lagen, besetzen: den Queis durch Winterfeldt, die Lausitzer Neiße durch leichte Truppen und den Bober durch andre Detachements. Alles, was aus der Lausitz kam, hatte freien Eingang, aber niemand durfte über die drei Flüsse nach Sachsen, sodaß man selbst wohl Nachrichten bekam, sie dem Feind aber abschnitt.

Auf Grund der Nachrichten vom Feinde rückte die Armee bald darauf vor und kantonnierte am Queis. Der König nahm sein Hauptquartier zu Hohlstein (22. November), nur eine Meile von Naumburg entfernt. Er ließ vier Brücken über den Fluß schlagen, um ihn in vier Kolonnen rasch überschreiten zu können. Seine Absicht war, sich von den Kaiserlichen überholen zu lassen, ihnen dann in den Rücken zu fallen, ihre Zufuhr abzuschneiden und sie so zur Annahme einer Schlacht oder zu schimpflicher Flucht nach der böhmischen Grenze zu zwingen. Allerdings durfte man bei Ausführung


1 Ein Wort Lafontaines (Buch III, Fabel 18).