<201> wurde an der Komplettierung der Truppen gearbeitet. Die Mannschaften wurden in den Winterquartieren gut verpflegt, die Kavallerie erhielt Ersatz an Pferden und Mannschaften. Über sechs Millionen Taler wurden aus dem Schatze genommen, um diese Ausgaben zu bestreiten. Außerdem schossen die Stände anderthalb Millionen Taler als Darlehen vor. Alle diese Summen wurden aufgewandt, damit der König die Fehler, die er 1744 in Böhmen begangen hatte, im Jahre 1745 wieder gutmachen konnte. Nachdem die letzte Hand an die Rüstungen gelegt war, reiste der König von Berlin nach Schlesien (15. März).

Unterwegs erfuhr er, daß der Kurfürst von Bayern mit der Königin von Ungarn den Vertrag zu Füssen unterzeichnet hatte. Der Friedensschluß war folgendermaßen zustande gekommen. Unmittelbar nach des Kaisers Tode hatte Seckendorff den Oberbefehl über das Heer niedergelegt, aber die Winterquartiere so schlecht verteilt, daß die Truppen völlig verzettelt waren. Das von ihnen besetzte Gebiet war viel zu groß, und die Österreicher waren noch im Besitz der Festungen und des Donaulaufes. Sie sahen ein, wie wichtig es für sie sei, ihre Operationen auf diesem Kriegsschauplatz zu beenden, bevor sie auf einen andern übergingen. Aus der Stellung der Bayern und ihrer Verbündeten schlossen sie, daß sie leichten Kaufs davonkommen würden. Batthyany kam seinen Feinden zuvor. Sie waren zwar dreimal so stark wie er, wollten sich aber vor Ende Mai nicht zusammenziehen. Mit 12 000 Mann — das war sein ganzes Heer — erscheint Batthyany zwischen Braunau und Schärding, überfällt die zerstreuten Quartiere der Verbündeten und nimmt ihnen Pfarrkirchen, Vilshofen und Landshut nebst den geringen Magazinen fort, die die Bayern dort zusammengebracht hatten. Zugleich überschreitet ein andres österreichisches Detachement die Donau bei Deggendorf, schneidet die Hessen von den Bayern ab, wirft sie über den Inn zurück, zwingt sie, das Gewehr zu strecken (29. März), und treibt die fliehenden Bayern bis über München hinaus. Kaum ist der junge Kurfürst zur Regierung gekommen, so muß er auch schon, wie sein Vater und Großvater1, seine Hauptstadt verlassen. Er flüchtet nach Augsburg. Ségur hatte mit den Franzosen und Pfälzern, die er befehligte, kein besseres Geschick. Er wurde auf dem Rückzuge bei Pfaffenhofen geschlagen (15. April). Zugleich besetzten die Österreicher die Rheinbrücke und zwangen ihn dadurch zur Beschleunigung seines Rückmarsches, um Donauwörth vor dem Feinde zu erreichen.

Während die Bayern sich wie eine Herde ohne Hirten in wilder Flucht und in völliger Auflösung nach Friedberg retteten, erschien Seckendorff am bayerischen Hofe, aber nicht als ein Held, der in seinem Geiste die Mittel zur Rettung findet, wenn das feige Volk verzagt, sondern als eine Kreatur des Wiener Hofes, um den jungen, unerfahrenen und vom Unglück verfolgten Fürsten zu umgarnen. Die Franzosen hatten schon seit dem letzten Feldzuge geargwöhnt, daß Seckendorff bestochen sei. Im Elsaß


1 Vgl. S. 38.