<198> Kurz, er forderte eine kategorische Antwort, ob die sächsischen Truppen die unter preußischer Herrschaft stehenden Provinzen angreifen wollten oder nicht. Brühl machte Ausflüchte und wähnte, seine in ganz Europa bekannten Absichten verbergen zu können.

Das war das Verhältnis zwischen beiden Höfen, als Frankreich dem König von Preußen den Vorschlag machte, die Kaiserkrone aufs Haupt eines Feindes zu setzen, der ihn so schwer beleidigt hatte. Wäre der König nur seinem Groll gefolgt, so hätte er den Vorschlag weit von sich gewiesen. Er bewies Mäßigung. Die gesunde Politik gebot die Anwendung aller Mittel, um zwei gegen ihn verbündete Feinde zu trennen. Schmeichelte der Kaisertitel dem König von Polen, so mußte er zum Todfeinde der Königin von Ungarn werden. Dann hatte der König von Preußen gewonnenes Spiel. Er brauchte sich nur mit dem Hause Österreich zu vergleichen und brachte dadurch August um den Thron, nach dem er strebte. Aber Frankreichs Projekt ließ sich nicht ausführen, weil die Kaiserkrone mit der Krone Polens auf einem Haupte unvereinbar war. August hätte also vorerst der polnischen Krone entsagen müssen, und das war nach den polnischen Gesetzen unzulässig. Der König von Preußen machte also gar keine Schwierigkeiten. Er ging auf alles ein, was Frankreich von ihm verlangte, und gab sich zur Mitarbeit an jenem chimärischen Plane her. Der Chevalier Courten hatte die Unterhandlungen in Berlin zu führen und war auf mehr Widerstand von seiten des Königs gegen die Erhebung seines Feindes gefaßt. Seine Einwilligung hielt er für einen Beweis von Willfährigkeit gegen den französischen Hof.

Nicht so zufrieden war der König mit dem Plan für den bevorstehenden Feldzug, den der französische Gesandte vorschlug. Trotz seiner honigsüßen Worte merkte man wohl, daß Frankreich gar nicht die Absicht hatte, sich für seine Verbündeten anzustrengen. Es sollten keinerlei Vorkehrungen zur Verpflegung des Heeres in Bayern getroffen und die Eröffnung des Feldzuges möglichst hinausgeschoben werden. Die Deutschen sollten Passau belagern, die Franzosen Ingolstadt, aber niemand dachte daran, was die Österreicher inzwischen unternehmen würden. Das Heer des Marschalls Maillebois hatte sich von der Lahn hinter den Main zurückgezogen. Die Franzosen wollten es dort verstärken und untätig stehen lassen. Die französische Hauptmacht sollte nach Flandern rücken, wo Ludwig XV. einen zweiten Feldzug zu führen gedachte, und die im Versailler Vertrag ausgemachte Diversion nach Hannover wurde vom Versailler Ministerium gänzlich verworfen. Nachdem der König alle möglichen Gründe erschöpft hatte, um den französischen Gesandten umzustimmen, setzte er eine Art Denkschrift auf, die er an Ludwig XV. schickte. Darin waren die militärischen Operationen den politischen Plänen der beiden Höfe angepaßt und die Bewegungen der Truppen mit ihrer gegenwärtigen Stellung, den obwaltenden Umständen und der Möglichkeit der Ausführung in Einklang gebracht. Folgendes war vorgeschlagen: Maillebois' Armee sollte über die Lahn in die Gegend zwischen Fran-