<177>zwei Meilen nach Budweis an der Moldau. Die Stadt ist nur mit Erdschanzen und einem damals noch unfertigen Walle befestigt. Gegenüber von Budweis, dreiviertel Meilen südlich, am anderen Ufer der Moldau, liegt auf der Spitze eines Hügels das Schloß Frauenberg, berühmt wegen der sechsmonatigen Belagerung, die die Franzosen dort aushielten. So war das Land beschaffen, wo die preußische Armee operieren sollte.

Da sich die Sachsen noch für keine Partei erklärt hatten, so brach die Armee am 17. September nach Kunratitz auf. Von da rücke General Nassau mit der Avantgarde, 10 Bataillonen und 40 Schwadronen, voraus. Die Armee selbst wurde in zwei Kolonnen geteilt. Die rechte unter dem Erbprinzen Leopold zog an der Moldau entlang und mußte sich erst Wege bahnen. Die linke unter dem Feldmarschall Schwerin marschierte auf der Straße von Prag nach Tabor Schritt für Schritt hinter der Avantgarde. Außerdem war angeordnet, daß beide Kolonnen zwischen ihren Standorten höchstens einen Zwischenraum von einer halben deutschen Meile lassen sollten. Hinter der linken Kolonne folgte General Posadowsky mit 1 500 Mann zur Bedeckung der Mehlwagen.

Tabor, Budweis und Frauenberg ergaben sich dem General Nassau fast ohne Widerstand. Die Armee traf am 26. in Tabor ein, wo die Kolonnen wieder zusammenstießen. Posadowsky brachte aber nur die Hälfte seiner Proviantwagen mit, d. h. nur für vierzehn Tage Mehl. Die Pferde und Ochsen des Transports waren so vernachlässigt worden, daß die Hälfte verendet war, obwohl man auf dem ganzen Marsche keinen Feind erblickt hatte. Das war die Quelle alles späteren Unglücks. Kaum war die Armee zwei Tagemärsche von Prag entfernt, so schickte Batthyany einige tausend Kroaten und Husaren nach Beraun und nach Königssaal, zwei Meilen oberhalb von Prag, an der Mündung der Beraun in die Moldau. Diese leichten Truppen fingen alle Lieferungen, die das platte Land machen sollte, auf und schnitten alle Verbindungen ab, sodaß die preußische Armee vier Wochen lang keine Nachrichten von Prag und von den Vorgängen im übrigen Europa erhielt. Zwei für den König bestimmte Postsäcke wurden aufgehoben. Infolgedessen erfuhr er weder von dem Marsche der Sachsen noch von dem Verbleib der Armee des Prinzen von Lothringen.

Es muß seltsam erscheinen, daß ein so starkes Heer wie das preußische weder imstande war, das platte Land in Respekt zu halten und zu den nötigen Lieferungen zu zwingen, noch sich mit Lebensmitteln zu versehen und eine genügende Zahl von Spionen zu halten, die es von der geringsten Bewegung der Feinde unterrichteten. Doch man muß sich klarmachen, daß in Böhmen der hohe Adel, die Priester und Amtmänner dem Hause Österreich sehr zugetan sind, daß religiöse Vorurteile dem ebenso dummen wie abergläubischen Volke eine unüberwindliche Abneigung gegen die Preußen einflößten und daß der Wiener Hof den sämtlich leibeigenen Bauern befohlen hatte, ihre Hütten beim Anmarsch der Preußen zu verlassen, ihr Getreide zu vergraben und sich in die benachbarten Wälder zu flüchten. Auch war ihnen Ersatz