<176> wären, konnte am Egerfluß entlang marschieren, auf dem Wege, den der Marschall Belle-Isle bei seinem Rückzuge aus Prag eingeschlagen hatte. Aber wo wären die Lebensmittel für die österreichische Armee hergekommen? Die Markgrafschaft Bayreuth war arm und unfruchtbar. Wer hätte inzwischen Österreich verteidigt, das Marwitz ganz allein hätte erobern können, da er nirgends auf Widerstand stieß? Zweifellos hätte man diesen Plan ausführen sollen. Allein der Kaiser, der König von Frankreich und besonders Marschall Belle-Isle bestanden darauf, daß die Preußen sich nach Tabor, Budweis und Neuhaus wenden sollten, um eine Verbindung mit Bayern herzustellen und den Prinzen von Lothringen in Sorge um Österreich zu versetzen. Ja, Marschall Belle-Isle behauptete steif und fest, nur weil man es unterlassen hätte, jene Orte zu besetzen, hätten die Franzosen und Bayern im Jahre 1741 so viel Unglück gehabt. Allein, was unter gewissen Umständen gut war, ist unter veränderten Verhältnissen noch lange nicht das Rechte. Ohne Zweifel waren jene Orte im Jahre 1741 für die Verbündeten notwendig, weil sie damals noch Bayern und Oberösterreich besaßen. Jetzt aber, im Jahre 1744, waren nur Österreicher in diesen Ländern. Außerdem machte man es durch einen weiten Vorstoß des preußischen Heeres von seinen Landesgrenzen den Sachsen leicht, sich mit dem Prinzen von Lothringen zu vereinigen oder sogar etwas gegen Prag zu unternehmen. Das klügste wäre gewesen, sich nicht zu weit von Prag zu entfernen, hier, sowie in Pardubitz und andern Orten Magazine anzulegen und den Anmarsch des Feindes ruhig abzuwarten. Der König zeigte in diesem kritischen Augenblick zuviel Schwäche. Aus Nachgiebigkeit gegen seine Verbündeten bequemte er sich zu sehr ihren Meinungen an. Auch fürchtete er beim Verweilen in Prag den Vorwurf, daß er auf nichts andres bedacht sei als auf die drei ihm versprochenen Kreise. So unternahm er denn den unglücklichen Zug, dessen Ausführung ebenso fehlerhaft war wie seine allgemeine Anlage. Es wurde versäumt, das Mehl von Leitmeritz nach Prag zu schaffen. Das schwere Geschütz, das zur Belagerung von Prag gedient hatte, wurde nicht nach Schlesien zurückgeschickt, und schließlich ließ man in der umfangreichen Stadt nur sechs Bataillone Besatzung, die sie nicht zur Hälfte verteidigen konnten.

Geht man am rechten Ufer der Moldau flußaufwärts und läßt Prag hinter sich, so kommt man durch ein gebirgiges, unwegsames Land, das ebenso dünn besiedelt wie unfruchtbar ist. Rückt man elf Meilen gegen Osten vor, so gelangt man nach dem Felsennest Tabor. Es wurde im 15. Jahrhundert von dem berühmten hussi-tischen Räuberhauptmann erbaut, der sein Vaterland verteidigte und zugleich verwüstete. In jenen fernen Zeiten galt Tabor für uneinnehmbar. Jetzt könnte es bequem gestürmt werden. Es liegt freilich vorteilhaft, ist aber klein, nur von einer schlechten Mauer umgeben. Wendet man sich von da gegen Süden, so kommt man an die Luschnitz, einen überall durchwatbaren Fluß, dessen Ufer aber an vielen Stellen steil sind. Nach Überschreitung der Luschnitz muß man drei Meilen weit durch Wälder und Felsen ziehen. Danach kommt man in eine fruchtbare Ebene und gelangt nach