<13> Reformation in Deutschland hervorrief, und endlich nach dem Kriege, der über die spanische Erbfolge ausbrach, ist nichts so merkwürdig und interessant wie der Tod Kaiser Karls VI., des letzten Habsburgers im Mannesstamm, und dessen Folgen.

Der Wiener Hof sah sich von einem Fürsten angegriffen, den er zu einem solchen Wagnis nicht für mächtig genug halten konnte. Alsbald entstand eine Verschwörung von Fürsten und Herrschern, die alle an der großen habsburgischen Erbschaft teilhaben wollten. Die Kaiserkrone kam an das Haus Bayern. Da, als schon alle Ereignisse zum Untergange der jungen Königin von Ungarn zusammenzutreffen schienen, rettete sich diese durch ihre Glaubhaftigkeit und Geschicklichkeit aus der gefährlichen Lage und erhielt sich die Monarchie durch Preisgabe Schlesiens und eines geringen Teiles der Lombardei. Dies war alles, was man von einer jungen Fürstin erwarten konnte, die, kaum auf den Thron gelangt, sogleich den Geist der Regierung erfaßte und die Seele ihres Staatsrates wurde.

Da mein Buch für die Nachwelt bestimmt ist, bin ich von dem Zwange befreit, die Lebenden zu schonen und gewisse Rücksichten zu nehmen, die mit dem Freimut der Wahrheit unvereinbar sind. Ich werde rückhaltlos und ganz laut sagen dürfen, was man sonst nur im stillen denkt. Ich werde die Fürsten schildern, wie sie sind, ohne Vorurteil für meine Verbündeten und ohne Haß gegen meine Feinde. Von mir selbst werde ich nur da reden, wo es unvermeidlich ist, und man wird mir erlauben, alles, was mich selbst betrifft, nach Cäsars Vorbild in der dritten Person zu erzählen, um den häßlichen Schein der Selbstsucht zu vermeiden. Der Nachwelt kommt es zu, uns zu richten; doch wenn wir weise sind, müssen wir ihr zuvorkommen, indem wir uns selbst streng beurteilen. Das wahre Verdienst eines guten Fürsten ist seine treue Hingabe an das allgemeine Wohl, die Liebe zum Vaterlande und zum Ruhme. Ja, zum Ruhme! Denn der glückliche Instinkt, der den Menschen drängt, sich einen Namen zu machen, treibt ihn in Wahrheit auch zu Heldentaten. Er ist die Kraft, welche die Seele aus ihrer Trägheit erweckt und sie zu nützlichen, notwendigen und edlen Taten begeistert.

Für alles, was ich in meinen Denkwürdigkeiten behaupte, es mag sich auf Verhandlungen, Briefe von Herrschern oder Verträge beziehen, liegen die Beweise in den Archiven. Für die Kriegsbegebenheiten kann der Verfasser als Augenzeuge bürgen; mancher Schlachtbericht wurde um drei, vier Tage aufgeschoben, um ihn genauer und zuverlässiger zu liefern.

In diesen Denkwürdigkeiten wird die Nachwelt vielleicht mit Erstaunen von geschlossenen und wieder gebrochenen Bündnissen lesen. Ähnliche Beispiele sind zwar in der Geschichte allgemein, aber das würde den Verfasser dieses Werkes nicht rechtfertigen, wenn er keine besseren Gründe zur Entschuldigung seines Verhaltens hätte.

Das Wohl des Staates soll die Richtschnur der Fürsten sein. Die Fälle, wo Verträge gebrochen werden dürfen, sind folgende: 1. wenn der Bundesgenosse seine Verpflichtungen nicht erfüllt, 2. wenn er uns hintergehen will und uns kein andrer