<129>befürchten; nur von ihnen kann eine Revolution ausgehen. In Republiken legt sich der Ehrgeiz auf Intrigen, um emporzukommen. Bestechlichkeit demoralisiert nach und nach das öffentliche Leben, und der wahre Ehrbegriff geht verloren, weil man auf Wegen emporkommen kann, auf denen vom Bewerber kein Verdienst verlangt wird. Außerdem werden in Republiken die Staatsgeheimnisse nie gewahrt. Der Feind erfährt ihre Pläne im voraus und kann sie durchkreuzen. Sehr zur Unzeit erweckten die Franzosen den noch nicht ganz erloschenen Eroberungsgeist der Schweden, um sie gegen die Russen ins Feld zu stellen, zu einer Zeit, da die Schweden weder Geld noch disziplinierte Soldaten und vor allem keine brauchbaren Heerführer hatten.

Die damalige Überlegenheit der Russen nötigte die Schweden, zwei Senatoren nach Petersburg zu senden, um die Thronfolge dem jungen Großfürsten Peter, Herzog von Holstein, dem Neffen der Kaiserin, anzutragen. Es läßt sich nichts Demütigenderes denken als die Ablehnung des Großfürsten, dem die schwedische Krone zu gering schien. Der österreichische Gesandte zu Petersburg, Marchese Botta, machte dem Großfürsten das Kompliment: „Ich wünschte, es fiele der Königin, meiner Herrin, ebenso leicht, ihre Königreiche zu behaupten, als Eurer Kaiserlichen Hoheit, Kronen auszuschlagen.“ Nach der Absage des Großfürsten verlangten die Priester und die Bauern, die im Reichstage Sitz und Stimme haben, man solle den Kronprinzen von Dänemark1 zum Thronfolger wählen. Die Senatoren der französischen Partei stimmten für den Pfalzgrafen von Zweibrücken2; aber die russische Kaiserin erklärte sich für den Bischof von Lübeck, den Oheim des Großfürsten3, und ihr Wille siegte über den Einfluß der andern Parteien. Die Wahl dieses Fürsten geschah erst 1743; so sehr hielten die zu Stockholm entstandenen Kabalen die Beschlüsse des Reichstages auf.

Seit dem Breslauer Frieden nahmen die Unterhandlungen kein Ende. Die Engländer wollten den König in den von ihnen geplanten Krieg hineinziehen. Die Franzosen wollten ihn zu Schritten verleiten, die mit der Neutralität, zu der er sich verpflichtet hatte, unvereinbar waren. Der Kaiser suchte seine Vermittlung nach. Aber der König blieb unerschütterlich. Je länger der Krieg dauerte, um so mehr erschöpfte sich das Haus Österreich; und je länger Preußen Frieden hatte, um so mehr Kraft gewann es. Die schwierigste Aufgabe in dieser politischen Konstellation war die Erhaltung des Gleichgewichts zwischen den kriegführenden Mächten, damit die eine nicht zuviel Übergewicht über die andre erlangte. Es mußte verhindert werden, daß der Kaiser entthront und daß die Franzosen aus Deutschland vertrieben wurden. Zwar waren den Preußen durch den Breslauer Frieden die Hände gebunden, aber es ließ sich durch Intrigen doch das gleiche wie durch die Waffen erreichen. Die Gelegenheit dazu bot sich bald. Der König von England beabsichtigte, seine Truppen aus Flandern der Königin von Ungarn zu Hilfe zu senden. Dieser Beistand hätte die Sache des Kai-


1 Friedrich (V.).

2 Christian IV.

3 Herzog Adolf Friedrich von Holstein-Gottorp, am 4. Juli 1743 gewählt; er bestieg 1751 den schwedischen Thron.