<120> zum Fürsten Lobkowitz stoßen wollte. Er stellte ihm vor, daß er gewärtig sein müsse, von der vereinigten österreichischen Macht angegriffen zu werden. Wollte er also nicht vor der Ankunft des Prinzen von Lothringen nachdrücklich gegen Lobkowitz vorgehen, so müsse er wenigstens Frauenberg mit Lebensmitteln versehen. Broglie schlug den Rat eines soviel jüngeren Mannes lachend in den Wind und blieb ruhig in Frauenberg stehen, ohne recht zu wissen, warum. Alsbald kamen die Österreicher an, nahmen ihm ein Detachement in Tein gefangen, überschritten die Moldau und plünderten die ganze französische Bagage. Broglie höchst verblüfft über das, was ihm zustieß, wußte nichts besseres, als nach Pisek zu fliehen. Auch dort gab er nur den Befehl: „Die Armee soll aufbrechen!“ und eilte weiter nach Beraun. Von da verjagten ihn 3 000 Kroaten und verfolgten ihn bis unter die Kanonen von Prag.

Auf diese schlechten Nachrichten hin sandte der König einen Kurier nach Breslau, um den Friedensschluß zu beschleunigen. Dank dem preußischen Sieg machte die Beredsamkeit Lord Hyndfords auf die österreichischen Minister jetzt sichtlich mehr Eindruck als zuvor. Sie gingen auf die Ratschläge des Königs von England ein, und es wurden folgende Friedenspräliminarien zu Breslau unterzeichnet1: 1. Die Königin von Ungarn tritt dem König von Preußen Ober- und Niederschlesien mit der Grafschaft Glatz ab, mit Ausnahme der Städte Troppau und Jägerndorf und des hohen Gebirgszuges jenseits der Oppa. 2. Die Preußen sind verpflichtet, den Engländern 1 700 000 Taler zurückzuzahlen, die als Hypothekenschuld auf Schlesien lasten. Die übrigen Artikel bezogen sich auf die Einstellung der Feindseligkeiten, die Auswechslung der Gefangenen, auf Religionsfreiheit und Handel.

So kam Schlesien an den preußischen Staat. Zwei Kriegsjahre hatten zur Eroberung dieser wichtigen Provinz genügt. Der vom verstorbenen König hinterlassene Schatz war fast erschöpft. Aber Staaten sind billig, wenn sie nur 7—8 Millionen kosten. Ein Zusammentreffen günstiger Umstände erleichterte das Unternehmen. Frankreich mußte sich in den Krieg hineinziehen lassen, Rußland von Schweden angegriffen werden, die Hannoveraner und Sachsen mußten sich aus Ängstlichkeit untätig verhalten, die Kette der Erfolge mußte ununterbrochen sein, und der König von England, Preußens Feind, mußte zähneknirschend ein Werkzeug der Erhebung Preußens werden. Was aber zum glücklichen Gelingen das meiste beitrug, das war ein Heer, das in zweiundzwanzigjähriger Arbeit zu bewundernswerter Mannszucht herangebildetworden war und alle Armeen Europas in Schatten stellte; das waren wahrhaft patriotische Offiziere, erfahrene und unbestechliche Staatsdiener; das war schließlich ein gewisses Glück, das so oft mit der Jugend ist, aber das Alter im Stiche läßt. Wäre die große Unternehmung mißlungen, so hätte man den König einen leichtsinnigen Fürsten gescholten, der Dinge unternimmt, die seine Kräfte übersteigen. Da sie ge-


1 Am 11. Juni 1742.