<105>den, nachdem er alle Hindernisse überwunden hatte: das Übelwollen des Grafen Brühl, die Unentschlossenheit Augusts III. und die Winkelzüge des Grafen Moritz von Sachsen, dem an Bayern wenig gelegen war, der aber seine kurländischen Phantasien1 im Kopfe hatte und sich dadurch beliebt zu machen glaubte, daß er den Preußen nach Möglichkeit entgegenarbeitete.

Als der König in Prag ankam, hielt Linz sich noch. Aber Graf Törring hatte sich aus Unachtsamkeit von den Österreichern schlagen lassen2. Es wurden noch einige Versuche gemacht, den Marschall Broglie in Bewegung zu setzen, aber umsonst. Der König traf mit Séchelles sofort Vereinbarungen zur Verproviantierung der Sachsen; der sagte: „Ich werde das Unmögliche möglich machen.“ Ein Ausspruch, der mit goldnen Lettern über jedem Intendanturbureau angeschlagen sein sollte. Séchelles begnügte sich nicht mit Worten, sondern er führte auch alles aus, wie er es versprochen hatte.

Von Prag aus besichtigte der König die preußischen Quartiere in Böhmen. Unterwegs erfuhr er, daß Glatz sich ergeben hätte (9. Januar), und brach nach Mähren auf. Er hatte den Ritter von Sachsen3 und Polastron nach Landskron bestellt, um mit ihnen die bevorstehenden Operationen zu vereinbaren. Polastron war ein ausgemachter Frömmler, mehr zum Rosenkranzbeter als zum Feldherrn geschaffen. Von Landskron begab sich der König nach Olmütz, das Feldmarschall Schwerin soeben besetzt hatte. Hier hatten Magazine angelegt werden sollen. Aber Séchelles hatte diese Sache nicht unter sich, und des Königs Aufenthalt in Olmütz war zu kurz, um das Versäumte nachzuholen. Immerhin geschah das möglichste, um dem Schaden abzuhelfen.

Während der König in Olmütz war, erschien dort ein gewisser Pfütschner, ein Rat des Großherzogs von Toskana, mit Vorschlägen des Wiener Hofes. Der König überließ sich allzusehr seiner Lebhaftigkeit, und ohne auf das zu hören, was Pfütschner ihm zu sagen hatte, redete er ununterbrochen auf ihn los: ein unverzeihlicher Fehler bei Unterhandlungen, wo doch alle Regeln der Klugheit gebieten, die andern geduldig anzuhören und nur gemessene und abgewogene Worte zu erwidern. Der König hielt Pfütschner vor, wie oft der Wiener Hof das in Kleinschnellendorf geschlossene Abkommen verletzt habe, und ermahnte die Königin, sich schleunigst mit ihren Feinden zu vergleichen. Der Österreicher berichtete dem König die schimpfliche Kapitulation, die Ségur soeben in Linz unterzeichnet hatte (23. Januar), und der König benutzte dies, um mit neuen Gründen auf schleunigen Abschluß des Friedens zu dringen. Er gab ihm zu verstehen, daß die Engländer nur ihren eignen Vorteil im Auge hätten, daß sie die Königin nur mißbrauchten und sie schließlich gegen neue Handelsvorteile aufopfern würden. So schluckte Pfütschner alles, was er hatte sagen wollen, wieder herunter, und man verabredete nur, eine geheime Korrespondenz zu


1 Die Stände des Herzogtums Kurland hatten 1725 den Grafen Moritz zum präsumptiven Thronerben gewählt; doch folgte statt seiner 1737 Ernst Johann Biron, der sich seit dem 20. November 1740 in russischer Gefangenschaft befand (vgl. S. 60).

2 Bei Schärding am 17. Januar 1742.

3 Johann Georg, Ritter von Sachsen.