Oktober.

A.

Oktober 1774

Der König in Potsdam (Sanssouci).

?? Oktober 1774

Der König an d'Alembert :

"Meine Geschäfte sind nicht so beträchtlich, als Sie glauben. Der mit den Türken geschlossene Frieden, vermindert sie zum Theil; außerdem ist der Mensch zur Arbeit geboren; der Müßiggang macht ihn nicht nur unglücklich, sondern oft auch lasterhaft. etc. Man sieht hier jetzt ein Werk in Versen unter dem Titel : Ludwig XV in den eliseischen Feldern 103-+. Vielleicht haben Sie es schon in Paris.<104> Ludwig wird in demselben mit Billigkeit gerichtet; es sind Possen, und vielleicht ist es dem Hofceremoniel zuwider, bei dem Tode eines großen Fürsten Possen zu treiben; doch Leute, die sich gern belustigen, benutzen alles. etc."

8. Oktober 1774

Der König an Voltaire :

- etc. - "Veränderung ist nun einmal das Schicksal aller menschlichen Dinge. Griechenland und Aegypten sind in Barbarei versunken, aber Frankreich, Britannien und Deutschland, das sich nach und nach aufklärt, ersetzen uns den Peloponnes sehr gut. Die Römischen Sümpfe haben Lucull's Gärten überschwemmt. Vielleicht muß man in einigen Jahrhunderten die Kenntnisse des Schönen bei den Russen suchen. Alles ist möglich, und was noch keine Existenz hat, kann sie doch bekommen."

16. Oktober 1774

Der König an Ebendenselben:

- etc. - "Alle Menschen begehen Fehler; folglich auch die Fürsten. Der wahre Weise, der Stoiker, und ein vollkommener Fürst haben nie existirt, und werden es auch nie. Fürsten, wie Karl der Kühne, Ludwig XI, Alexander VI und Ludwig Sforza, sind Geißeln für ihre Völker und für die Menschheit; indeß dergleichen giebt es jetzt in Europa nicht. Wir haben eine Menge schwacher Fürsten, aber keine Ungeheuer, wie die im 14. und 15. Jahrhundert. Schwachheit ist ein Fehler, der sich nicht ablegen läßt, man muß sich in diesem Punkt an die Natur und nicht an die Menschen halten. Ich gebe zu, daß sie aus Schwäche Böes thun; aber in jedem Lande, wo die Thronfolge erblich ist, müssen nothwendig auch dergleichen Geschöpfe die Oberhäupter sein, da keine Familie in der Welt eine fortlaufende Reihe von großen Männern aufzuweisen hat. Glauben Sie mir, die Anordnungen der Menschen werden nie einen gewissen<105> Grad von Vollkommenheit erreichen. Man muß sich mit dem Beinahe begnügen, und nicht heftig gegen Mißbrauche deklamiren, die sich nun doch einmal nicht abstellen lassen. etc.

Daß Ihr Puls bisweilen intermittirt, wundert mich nicht. Wenn man lange gelebt hat, werden die Adern nach und nach starr; doch braucht es Zeit, ehe dies auch die Hohlader trifft, und so haben Sie noch einige Jahre Aufschub. Sie werden leben bleiben und vielleicht mich noch begraben. Körper, die wie der meinige durch Beschwerlichkeiten zu Grunde gerichtet sind, können nicht so vielen Widerstand leisten, als solche, deren man bei einem regelmäßigen Leben geschont, und die man in gutem Stand erhalten hat. Doch das ist meine geringste Sorge; denn sobald die Bewegung der Maschine aufhört; so sind sechs Jahr, hunderte oder zehn Tage Existenz einerlei. Mehr kommt darauf an, ob man gut gelebt und sich keinen schweren Vorwurf zu machen hat. etc."

29. Oktober 1774

Der König an den Director der Königl. Schauspiele, Grafen Zierotin :

"Indem Ich Euch das mit Euren, Schreiben vom 28sten d. M. an mich gerichtete Gedicht zurücksende, muß Ich Euch sagen, daß, da es weder hier noch in Wien Gebrauch ist, die Geburtstage zu feiern, Ich Euch ersuche, die Kosten, welche die zu Meinem Geburtstag bestimmte Serenade verursachen würde, zu sparen. Uebrigcns erkenne Ich diese Eure Aufmerksamkeit mit allem Dank, und bitte Gott etc."

B.

17. Oktober 1774

Stribt zu Briest bei Stendal der Minister Levin Friedrich von Bismark, 72 Jahr alt.

19. Oktober 1774

Stirbt der ehemalige Französische Gesandte am Berliner Hofe Guy-Louis Henri Marquis de Valori, 83 Jahr alt, auf feinem Gute Bourgneuf.

31. Oktober 1774

Stirbt der Papst Clemens XIV (Gangauelli).


103-+ Es ist vom König selbst. Es befindet sich in Band I. der Deutschen Supplemente S. 215. In des Secretair Villaume's Besitz befand sich ein Drama : Louis XIV aux Champs Elysées. S. Preuß: Friedrich als Schriftsteller S. 9. Sollte hier vielleicht Louis XIV ein Schreib- oder Druckfehler und dies das eben erwähnte sein? Der Dialog, dessen d'Alembert in seinem Briefe vom 31. Oktober 1774 erwähnt, in welchem ein großer Herr redend eingeführt wird, und von einer Person die Rede ist, welche d'Alembert skoptisch eine große Königin nennt, die in einem gewissen glänzenden Stammregister, das ein wenig verdächtig ist, einen Platz gefunden, ist wohl kein anderer als dieser; der große Herr, Ludwig XV, und die sogenannte Königin, die Pompadour oder die du Barri. P. Preuß in: Friedrich als Schriftsteller S. 151 hält den von d'Alembert erwähnten Dialog für einen andern, der noch nicht aufgefunden worden.