"<175> ich habe in Berlin eine öffentliche Bibliothek bauen lassen. Voltaire's Werke logirten vorher zu unanständig, überdies war im untern Stock ein Laboratorium, und das drohete uns einmal unsere ganze Büchersammlung in Brand zu stecken +. Alexander der Große legte Homers Werke in das sehr kostbare Kästchen, das er unter andern von dem Darius erbeutet hatte. Und ich? - nun ich bin weder Alexander, noch groß, habe auch von keinem Menschen Beute gemacht, und daher nur nach meinen geringen Kräften das bestmögliche Behältniß für die Werke des Homer's unseres Jahrhunderts erbauen lassen. Wenn Sie, um diese Bibliothek zu bereichern, gütigst Ihre Schrift über die Gesetze hineingeben wollen, so werden Sie mir um so mehr ein Vergnügen machen, da ich das Porto dafür nicht scheue. etc."

11. November 1777

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Uebrigens muß ich Ihnen sagen, daß es mich sehr gewundert hat, Briefe, die ich Ihnen geschrieben, gedruckt zu sehen, und zu hören, daß andere in Paris in Manuscript herumgehen. Ich weiß nicht, ob, wie Einige behaupten, Pythagoras wirklich zu den Zeiten des Numa gelebt hat, aber das ist zuverlässig, daß kein Brief auf uns gekommen ist, den Numa ihm geschrieben hätte. Eben so sehen wir nicht, daß Plato, der sich am Hofe des Dionys befand, den Briefwechsel bekannt gemacht hätte, den er mit diesem Tyrannen unterhielt. etc. Die Philosophen unserer Zeit betragen, sich also nach anderen Grundsätzen, als die alten, welches in unsern neuen Zeiten die Fürsten zum Stillschweigen bringen muß. Und hiermit etc. ++."


+ Die Bibliothek stand vorher in dem Seitengebäude des Schlosses im Lustgarten, über der Hofapotheke.

++ Unter dem 28. Novbr. entschuldigt sich d'Alembert gegen den König in folgenden Worten : "In der Betrübniß, worin mich mein im vorigen Jahre erlittener Verlust (der Mad. Geoffrin durch den Tod) stürzte, eröffnete ich Ew. Majestät mein Herz, deren Güte mir so sehr bekannt ist. Sie waren so gnädig, mir in zwei Briefen zu antworten, die so voll Einsicht, Gefühl und Weisheit waren, daß ich Erleichterung meines Schmerzes zu finden glaubte, wenn ich meinen Freunden diese Briefe mittheilte. Ich ließ sie also dieselben lesen, und dies bewirkte in ihnen, ohne Uebertreibung, Sire, die zärtlichste Verehrung gegen Ew. Majestät, so daß einige derselben bis zu Thränen gerührt wurden. Sie baten mich um Abschriften, in der gewissen Ueberzeugung, daß diese Briefe alle, die sie lesen, mit eben den Gesinnungen erfüllen würden, von denen sie sich selbst durchdrungen fühlten. Allein ich verweigerte ihnen diese Abschriften; nur Zweien oder Dreien gab ich aus diesen Briefen einen Auszug von den Stellen, die sich durch ihr Interesse, durch Moralphilosophie, durch Empfindung, und kurz durch alles das auszeichnen, was am meisten Liebe und Ehrfurcht gegen ihren erhabenen Verfasser zu erwecken vermag. Diese Auszüge wurden in einem Journale gedruckt, ohne daß ich daran Theil hatte; aber, Sire, um Ihnen die Wahrheit zu gestehen, bereuen konnte ich es nicht, wegen der allgemeinen Wirkung, welche sie bei allen, die sie lasen, hervorbrachten. Bin ich strafbar, so bin ich es darum, weil ich, wenn es möglich ist, die Anzahl von Ew. Majestät Bewunderern noch vermehrt habe; aber ich kann nicht glauben, daß mich ein Fehler dieser Art in Dero Augen zum Verbrecher mache. Wenigstens muß die That in der Absicht ihre Entschuldigung finden, etc."
In Rücksicht aller andern Briefe versichert d'Alembert, daß er Niemandem Abschriften davon gegeben habe, und wenn dergleichen erxistirten, so müßten sie von den Postbedienten herrühren, welche, wie der König ihm selbst gemeldet, mehrere seiner Briefe erbrochen Hütten.
Trotz dieser treuherzigen Entschuldigung scheint der König dadurch noch nicht wieder besänftigt worden zu sein, wie sein nächstfolgender Brief vom 20. Dezbr. beweist.