<3>

Januar 1760

A.

Januar 1760

Der König in Pretschendorf.

5. Januar 1760

Der König an d'Argens:

- etc. "Ein Mann voll Muth, deß Männergeist sich kühn
Und hohen Fluges von der Erde Staub
Zum Pallast der Urania erhebt,
Wirft von der Weisheit hohem Sitz auf Tod,
Auf Leben einen gleichen Blick herab.
Sein Geist, den nie ein Schlag des Schicksals trifft,
Sieht auf das Nichts der Welt, die Eitelkeit,
Den Stolz, den Irrthum, der sie füllt; er sieht,
Daß Alles anfängt, Alles enden muß.
Und so erhält der Weise, wenn der Sturm
Schon braust, den tiefen Frieden seiner Brust.
Die düstre Zukunft schreckt ihn niemals auf;
Er harrt auf sie, und greift ihr niemals vor.
Bewaffnet bietet er dem Unglück Hohn,
Was es dann auch voll Grausamkeit beschloß;
Er will sich nie dem allgemeinen Loos
Der Sterblichen entziehn; er ist ein Mensch,
So treff ihn denn der Menschheit Schicksal auch."

7. Januar 1760

An die Prinzessin Amalie (Epistel über das Ungefähr) :

"Nein, nein, Du glaubst nicht, daß des Menschen Noth
Der Gott erblickt, der uns das Leben gab :
Und das, mit vollem Recht; denn stören kann
Die ew'ge Ruhe seines Glückes nichts.
<4>Für unsern Wunsch ist diese Gottheit taub :
Sie kennet unsre Bitten nicht, und nicht
Den Weihrauch, der auf ihrem Altar glüht,
Sie strafet, sie belohnt uns nicht, und wirft
Nicht einen Blick auf uns, den niedern Staub;
Beherrscht im Ganzen nur den weiten Bau
Der Welt, das zahlenlose Sonnenheer,
Das in des Aethers Wogen schwebt, und macht
Dem Urgesetz das Weltall unterthan. etc.
Die Welt wird, Schwester, denn vom Ungefähr
Beherrscht; dies bauet auf, und dies zerstört;
Es läßt uns fühlen, daß es Launen hat,
Und maßt sich unsrer Klugheit Rechte an. etc.
Auf edler Bahn, wo Flug der Held beginnt,
Da kämpfet mit dem Ungefähr sein Geist
Um Uebermacht; doch er erschöpft sich selbst
Umsonst in Müh' und Streben; denn er hängt,
Ob ungern auch, vom schwächsten Triebrad ab.
Mich trifft der Frevlerbund, der sie 4-+ verknüpft.
Für ihre Thorheit, die beständig schwankt,
Werd' ich gestraft; ich bin verfolgt, besiegt;
Des Schicksals Spruch gebietet mir : so stirb
Als Fürst, wenn Du als Sklav' nicht leben willst!
Was hilft, sagst Du, "die Klugheit denn, wenn doch
Ihr Schutz umsonst, ihr Streben kraftlos ist?
So war' es einerlei, wir würfen schnell
Ihr Joch von, Nacken ab, und gingen dann
Verwegen in des Lebens Labyrinth?"
<5>Die Klugheit ist wohl keine Panacee,
Die jedes Uebel scheucht, das uns bedrückt;
Dem Menschen Glück ertheilen kann sie nicht;
Doch ihre Kunst macht milder unsre Noth,
Und mäßiger den Wunsch in unsrer Brust;
Erweicht das strenge Schicksal, wenn es zürnt,
Sie ist ein Faden, der uns führt, wenn gleich
Kein Schwert, das jeden Knoten schnell zerhaut.
An manche Klippen schlug' uns wohl der Sturm,
Allein vor Nebeln, die das Auge sieht,
Bewahret uns ihr Schutz. Ihr Blick, der stets
Behutsam wacht; wenn uns Gefahr umringt,
Durch überdachte Schritt' uns Rettung giebt —
Führt zwischen Furcht und zwischen Tollkühnheit
Auf schmalem, kaum bekanntem Pfad uns hin.
Sie müdet oft Fortunen durch Geduld;
Sie harret stets der Zeit, greift ihr nicht vor,
Und ordnet nie voll Stolz die Zukunft an.
Verberg' in seinem dunkeln Pallast denn
Das Schicksal seinen Spruch mit dichter Nacht.
Das Unglück beug' uns nicht — wir hüllen uns,
O Schwester, dann in unsre Tugend ein."

?? Januar 1760

An den Marquis d'Argens (der dem Könige kurz vorher gemeldet hatte, daß in Berlin ein Prophet aufgestanden, welcher verkündigt : daß der König in Kurzem über alle seine Feinde siegen und bis zu Ende des Krieges stets Glück haben werde) 1).

"Mein lieber Marquis. - etc. - Das Unglück macht zaghaft, und die Furcht abergläubisch. Es befremdet mich gar nicht, daß Leute, welche die Zukunft mit Unverschämtheit und Zuversicht verkündigen, leichtgläubige Menschen finden, die ihren Weissagungen Glauben beimessen. Ein Narr findet immer einen größern Narren, der ihn bewundert. Ich wünsch<6>te, wir könnten uns mehr über diese Possen sattlachen, aber mir ist die Lust zum Lachen vergangen. Mich haben zu viel Unglücksfälle betroffen, und ich bin von zu vieler Verlegenheit umringt, außerdem bleiben mir zu wenig Hoffnungen übrig, als daß ich mich aufheitern könnte. - etc. - Ich habe einen Fluß an der Backe gehabt, der mir große Schmerzen verursacht hat. Alle Geißeln des Himmels treffen mich, und dennoch lebe ich, und sehe das Licht, ob ich gleich hundert Mal wünsche, daß es für mich erloschen wäre. Doch - jeder Mensch muß sein Schicksal tragen.

Möchte das Ihrige glücklich sein, und Sie nie einen Freund vergessen, der in einem wahren Fegefeuer ist, der Sie aber liebt und ewig lieben wird. Leben Sie wohl."

12. Januar 1760

Der König in Freiberg.

15. Januar 1760

An d'Argens :

- etc. "Der Friede ist nichts weniger als gewiß etc. Ich kann nur standhaft gegen die Widerwärtigkeiten kämpfen, aber weder das Glück zurückbringen, noch die Menge meiner Feinde vermindern. Bei solchen Umständen bleibt meine Lage einerlei; trifft mich noch ein Unglück, so ist es der Gnadenstoß. In der That, das Leben wird ganz unerträglich, wenn man es in Kummer und tödtlichen Sorgen verleben muß; es Hort auf, eine Wohlthat des Himmels zu sein, wird ein Gegenstand des Abscheus, und gleicht der grausamen Rache, welche Tyrannen an Unglücklichen ausüben. Sie könnten mich eher tobten, mein lieber Marquis, als mich dahin bringen, anders zu denken. Sie sehen die Gegenstände aus einem Gesichtspunkt, der sie verkleinert und minder widrig macht; wären Sie aber nur eine Stunde hier, was würden Sie da finden! Leben Sie wohl. Quälen Sie Sich nicht mit unnützen Sorgen, und erhalten Sie, ohne die Zukunft vorher sehen zu wollen, Ihre Ruhe, so lange Sie können. Sie sind nicht König, haben keinen Staat zu vertheidigen, dürfen keine Unterhandlung führen, auf keine Hülfsmittel bedacht sein, und<7> sind für keine Vorfälle verantwortlich. Ich erliege unter dieser Bürde, und muß allein darunter leiden. Lassen Sie sie mir, lieber Marquis, ohne sie mit mir zu theilen. Ich umarme Sie mit der Versicherung, daß ich Sie hochachte. Vale."

?? Januar 1760

An Ebendenselben. Der König trägt ihm auf, seinem Bruder, dem Prinzen Ferdinand, und dem General von Seidlitz, der sich in Berlin von seinen Wunden heilen läßt, jedem ein Exemplar von den Betrachtungen über Karl XII. zu geben. Dann schreibt er weiter: "Meine Lage verändert sich um nichts, und wegen der Zukunft bin ich eben so unruhig als bisher. Melden Sie mir zum Zeitvertreib die Lügen Ihres Propheten, und die Possen, die Ihnen zu Ohren kommen. Der Himmel gebe, daß die Unterhandlungen, von denen man spricht, uns bald gegründetere Hoffnung geben mögen, als bisher, und daß wir unsere Leiden und Mühseligkeiten durch einen dauerhaften und vortheilhaften Frieden geendigt sehen. Leben Sie wohl, lieber Marquis; ich thue tausend Wünsche für Ihre Zufriedenheit."

In diesem Monat schrieb der König die Ode an den Erbprinzen von Braunschweig (hinterl. Werke Vl. 203), und ein Gedicht: "Als ich Voltaire's Salomo gelesen hatte" (hinterl. Werke VII. 106).

B.

Januar 1760

Die Lage des Königs war um diese Zeit allerdings von der Art, daß sie ihn in große Unruhe versetzen mußte. Es wurde zwar alles Mögliche angewandt, die Armee wieder zu ergänzen, doch konnte sie nur bis auf höchstens 90000 Mann gebracht werden. Es waren aber nicht mehr die alten Soldaten — sondern zum größten Theil nur, wie Friedrich selbst sagt, "Truppen zur Schau," und wenig zu brauchen, denn die Neugeworbenen bestanden "halb aus Sächsischen Bauern, halb aus feindlichen Ueberläufern etc." Zudem so fehlte es vorzüglich an Officicren; statt der 52, welche jedes<8> Regiment haben sollte, waren deren kaum noch 12 übrig. Eine, nach Zahl und Beschaffenheit so geringe Armee, konnte, einer feindlichen, 200000 Mann starken Macht gegenüber, anstatt Hoffnung, nur Besorgnisse erregen.

7. Januar 1760

Das Dillenburger Schloß geht an die Alliirten über, wobei die Franzosen großen Verlust erleiden.

Februar.

A.

Februar 1760

Der König in Freiberg.

24. Februar 1760

Der König an Voltaire:

- etc. "Ich weiß nicht, wer an mir zum Verräther geworden ist, und den Einfall gehabt hat, dem Publikum Rhapsodieen zu geben, die zu meinem Zeitvertreib gut genug, aber niemals dazu bestimmt waren, daß sie öffentlich bekannt werden sollten 8-+. Indeß, ich bin an Verräthereien, schlechte Streiche und Treulosigkeiten so gewöhnt, daß ich sehr glücklich sein würde, wenn alles Böse, das man mir zugefügt hat, und das Andere mir noch zuzufügen denken, sich auf die verstohlene Herausgabe dieser Verse einschränkte. Sie wissen besser, als ich es Ihnen sagen kann, daß die Leute, die für das Publikum schreiben, den Geschmack und selbst die Vorurtheile desselben respectiren müssen etc. Ich für mein Theil wollte incognito Dichter sein. Man hat mich gegen meinen Willen vor das Publikum geführt, und ich werde nun eine alberne Rolle spielen. Indeß, was ist daran gelegen? ich will es Ihnen schon vergelten.

Sie erzählen mir von einem gewissen Vorfalle besondere Umstände, die mir niemals zu Ohren gekommen sind. Ich weiß, daß man in Frankfurt Sie angehalten hat, meine Verse<9> und einiges Spielzeug 9-+ wieder herauszugeben; aber daß man sich an Sachen und an Ihrem Gelde vergriffen, habe ich nicht gewußt und es auch nicht gewollt. Ist es wirklich geschehen, so können Sie das Ihrige auf dem Wege Rechtens wieder fodern. Das werde ich sehr billigen, und Schmidt hat in diesem Stück nicht den geringsten Schutz von mir zu erwarten.

Wer der Bredow ist, von dem Sie reden, weiß ich nicht. Er hat Ihnen die Wahrheit gesagt. Das Schwert und der Tod haben eine schreckliche Verheerung unter uns angerichtet, am Schlimmsten ist aber der Umstand, daß wir mit unserm Trauerspiel noch nicht zu Ende sind. Sie können leicht denken, was für eine schreckliche Wirkung diese Erschütterungen auf mich gemacht haben. Ich hülle mich, so gut ich kann, in meinen Stoicismus. Fleisch und Blut empören sich freilich oft gegen diese tyrannische Herrschaft der Vernunft, aber man muß ihr doch nachgeben. Sollten Sie mich sehen, so würden Sie mich kaum wieder erkennen; ich bin alt, verfallen, bekomme graue Haare und Runzeln, und verliere die Zähne und meinen Frohsinn. Wenn das so fortgeht, so wird von mir selbst Nichts übrig bleiben, als die Manie, Verse zu machen, und eine unverletzliche Anhänglichkeit an meine Pflichten, die ich kenne. Meine Laufbahn ist rauh und voll Dornen und Nesteln. Ich habe alle Arten von Kummer erfahren, welche den Menschen nur treffen können, und mir oft die schönen Verse wiederholt: Wohl dem, der einsam in dem Heiligthum der Weisen etc."

B.

9. Februar 1760

Die Preußen besetzen Erfurt, verlassen es aber denselben Tag wieder.

11. Februar 1760

Herzog Ferdinand vertreibt die Franzosen aus Hessen.

<10>

20. Februar 1760

Gefecht bei Cosdorf, wobei der General von Czetteritz (Ernst Heinrich, Chef eines Dragoner-Regiments), da er mit dem Pferde stürzte, von den Oestreichern, unter dem General Beck, zum Gefangenen gemacht wird, die Schmettauschen Kürassiere schlugen aber die Oestreicher zurück, machten 200 Gefangene, und der Posten wurde behauptet. Mit der Equipage des Generals von Czetteritz fiel den Oestreichern auch die von dem Könige seinen Generalen mitgetheilten: Instructions pour les Généraux in die Hände, mit sehr guten Plänen. Sie wurden dem General Beck zugestellt, und erschienen bald nachher in Druck. (Cogniazo's Veteran III. 125).

22. Februar 1760

Der Russische Rittmeister Phillipowitz 10-+ vom Soltikofschen Heer, dessen leichte Truppen den ganzen Winter hindurch Streifzüge durch die Neumark und Pommern gemacht hatten, überfiel mit 400 Kosacken Stadt und Schloß Schwedt, nahm den Markgrafen Friedrich Wilhelm und den Herzog Eugen von Würtemberg gefangen, und führte sie mit sich fort. In Nahausen gab der Markgraf dem Rittmeister ein Schreiben an den Königsberger Magistrat, demselben 20000 Thaler Lösegeld zu zahlen, worauf der Markgraf und der Herzog sogleich ihre Freiheit wieder erhielten. Indessen war der Preußische Major von Hohendorf 10-++ mit zwei Escadrons Provinzial-Husaren auf die Russen gestoßen, nach kurzem Gefecht ward das Detachement zerstreut, der Rittmeister selbst mit 12 Mann zum Gefangenen gemacht, und ihm das Papier über das Lösegeld wieder abgenommen.

März.

A.

März 1760

Der König in Freiberg.

<11>

?? März 1760

Der König an den Marquis d'Argens :

"Man hat mir meine Albernheiten gedruckt zugeschickt, so wie sie in Frankreich ausgeboten worden sind. Ich fand viele Stellen darin, die sich nicht mit der Politik vertragen. So gut ich gekonnt, habe ich sie alle geändert, und schicke sie dem Buchhändler Neaulme, mit einem verbesserten Exemplare zu, damit er sie drucken soll 11-+. Dem kleinen Beausobre sein Sie so gütig zu sagen, er möchte für die Korrektheit der Ausgabe sorgen, weil man sonst immer wieder von Neuem anfangen müßte.

Sie können sicher glauben, daß man das Werk aus Bosheit hat drucken lassen, um vielleicht den König von England, oder Rußland, gegen mich aufzubringen; daher ist es sehr nothwendig, daß diese Ausgabe erscheint, und die andere unterdrückt.

Ich bin unglücklich und alt, darum verfolgt man mich, lieber Marquis, und Gott weiß, was ich in diesem Jahre zu erwarten habe. Ich fürchte, durch meine Prophezeiung der unglücklichen Kassandra ähnlich zu werden. Wie kann man aber in der verzweifelten Lage, in der wir uns befinden, und die täglich schlimmer wird, etwas Gutes hoffen? Heute bin ich so mißmüthig, daß ich Ihnen nichts mehr sagen kann. etc."

10. März 1760

An Algarotti :

- etc. "Der ewige Jude - wenn er jemals existirte - hat kein so wanderndes Leben geführt, als ich. Man kommt endlich dahin, es wie die herumziehenden Dorfschauspieler zu machen, die weder Feuer noch Heerd haben; so durchlaufen<12> wir die Welt, um unsere blutigen Trauerspiele da aufzuführen, wo es unfern Feinden gefällig ist, das Theater dazu herzugeben.

Ich bin Ihnen sehr für den Caviar verbunden, welchen Sie mir geschickt haben; die Reichstruppen haben ihn verzehrt, vielleicht auch die von Mainz, gegen welche Ariost so großen Abscheu hegte. etc.

Ohne des moralischen Uebels zu gedenken, welches dieser Krieg hervorruft, so ist das physische gewiß nicht geringer, und wir können Gott danken, wenn keine Pest folgt.

Armselige Thoren, die wir sind, die wir nur einen Augenblick zu leben haben! Und diesen Augenblick verbittern wir uns einander, so sehr wir können, wir gefallen uns darin, die Meisterstücke des Kunstfleißes und der Zeit zu zerstören, und ein gehässiges Andenken unserer Verwüstung und des Unglücks, welches sie angerichtet, zu hinterlassen. etc."

20. März 1760

An d'Argens :

"Ja, lieber Marquis, ich habe Fehler begangen, und was das Schlimmste ist, ich werde noch mehr begehen. Man wird nicht sogleich weise, wenn man es wünscht; wir bleiben unser ganzes Leben hindurch beinahe immer dieselben. Das Unangenehmste bei den gegenwärtigen Umständen besteht darin, daß alle Fehler sogleich die größten Folgen haben. Schon dieser eine Gedanke macht, daß ich zittere. etc.

Um von diesen trüben und finstern Bildern weg zu kommen, durch die endlich selbst Demokrit melancholisch und hypochondrisch werden müßte, studire ich oder mache leichte Verse. So lange diese Beschäftigung dauert, bin ich glücklich. Sie täuscht mich über meine gegenwärtige Lage, und verschafft mir Das, was die Aerzte lucida intervalla nennen; aber kaum ist der Zauber verschwunden, so sinke ich wieder in meine finstere Träumerei zurück, und das Leiden, das nur gehemmt war, wird nun stärker und mächtiger."

<13>

An Voltaire (der Brief ist mit vielen Versen untermischt):

- etc. "Die Friedensbedingungen, von denen Sie reden, finde ich so unsinnig, daß ich sie in das Tollhaus schicken will; denn dort kann man gerade recht darauf antworten. Was soll ich von Ihren Ministern sagen?

Die Riesen fiel der Wahnsinn an,
Wenn sie nicht etwa Götter sind.

Die Herren können sich darauf verlassen, daß ich mich wie ein Verzweifelter vertheidigen werde, und dann mag das Ungefähr entscheiden etc.

(Verse). Leben Sie wohl, leben Sie glücklich. Und indeß Sie alle Ihre Kräfte anwenden, um Preußen zu vernichten, erinnern Sie Sich, daß Niemand es um Sie und um Ihre Landsleute weniger verdient hat, als ich. etc."

?? März 1760

An den Marquis d'Argens :

"Ich habe Ihnen einen kleinen Auftrag zu geben. Sie wissen, daß Gottskowsky 2) noch schöne Gemälde hat, die für mich bestimmt sind. Ich ersuche Sie, ihren Werth zu prüfen, und sich bei ihm zu erkundigen, ob er den Correggio bekommen wird, den er mir einmal versprach. Mich wandelt gerade eine Neugierde darauf an. Noch weiß ich nicht, was aus mir werden, und eben so wenig, wie es diesen Feldzug gehen wird, der mir sehr mißlich scheint; und ich Unbesonnener bekümmere mich um Gemälde. Aber so sind die Menschen! sie haben Perioden von Klugheit, und wieder andere von Verirrung. Sie sind die Nachsicht selbst, und müssen also Mitleiden mit meinen Schwachheiten haben. Wenigstens wird das, was Sie mir schreiben, mich vergnügen, und meinen Geist auf einige Augenblicke mit Sanssouci und meiner Gallerie beschäftigen. etc.

Ich habe eine kleine Brochüre geschrieben, die in Berlin herauskommt, eine : "Reisenachricht eines Sinesischen Ge<14>sandten an seinen Kaiser 14-+." Das Werk hat den Endzweck, dem Pabst eins zu versetzen, weil er die Degen meiner Feinde segnet, und königsmörderischen Mönchen einen Zufluchtsort giebt. Der Aufsatz wird Sie, glaube ich, belustigen - etc. Leben Sie wohl, mein lieber Marquis. Ihre Briefe sind mir ein ähnlicher Trost, wie dem Elias die Erscheinung der Raben, die ihm in der Wüste Nahrung brachten; oder wie dem Hirsche, der vor Durst schreiet, eine Quelle; oder wie dem Aeneas der Anblick des Anchises in der Unterwelt. Entziehen Sie mir also nicht meine einzige Freude, während meines langen Mißvergnügens, und sein Sie von der Freundschaft versichert, die ich mein ganzes Leben hindurch für Sie behalten werde."

In diesem Monat schrieb der König auch die Epistel an den Feldmarschall Keith, über die nichtige Furcht vor dem Tod, nach dem dritten Buche des Lukrez (bei Lebzeiten gedr. Werke, Decker'sche Ausgabe IV. S. 215); und : Ode an die Deutschen (hinterl. Werke VI. 191).

B.

1. März 1760

Die Franzosen besetzen die Stadt Marburg, doch können sie das Schloß nicht in ihre Gewalt bekommen.

3. März 1760

Die Preußen fallen in das Mecklenburgische ein.

6. März 1760

Die Preußen dringen wieder in Erfurt ein und nehmen Geißeln mit fort.

15. März 1760

Gefecht bei Neustadt. Laudon greift den General von Golz ohne Erfolg an.

April.

A.

April 1760

Der König in Freiberg.

2. April 1760

An den Marquis d'Argens :

— etc. "Heute bekommen Sie keine Verse von mir; ich hebe eine ganze Menge bis zur nächsten Gelegenheit für Sie<15> auf. Der Dichterdämon ist ganz etwas Fürchterliches; er plagt mich in jeder Lage, in der ich bin, und fällt mich überall an. Wenn Sie unter Ihren Bekannten einen Exorcisten haben, so schicken Sie ihn mir, damit er mich von diesem bösen Geist befreie.

Leben Sie wohl, lieber Marquis, ich empfehle Sie und mich dem Schütze Sr. Heiligen Majestät des Ungefährs. Es lasse Sie glücklich, ruhig und gesund sein, und gebe, daß ich Sie so wieder finde, wenn es mein unstetes Geschick jemals erlaubt, mich wieder zu meinem Heerde in Sanssouci zurück zu führen."

3. April 760

An Voltaire :

"Was macht Sie noch immer gegen Maupertuis so wüthend? Sie beschuldigen ihn, er habe mich verrathen? So muß ich Ihnen sagen, daß er mir meine Verse nach seinem Tode wohl versiegelt hat zustellen lassen, und daß er nicht im Stande war, sich durch eine solche Indiskretion gegen mich zu vergehen etc. (Verse). - etc. Sie sprechen wieder vom Frieden. Aber was für Bedingungen. Gewiß haben die Leute, die sie vorschlagen, keine Lust dazu. Was für eine Logik! Ich soll Kleve abtreten, weil es von Dummköpfen bewohnt ist! Was würden Ihre Minister antworten, wenn Jemand Champagne von ihnen foderte, weil man zu sagen Pflegt: "Neun und neunzig Schöpse und ein Champagner machen hundert Stück Vieh?" Ach, weg mit allen den lächerlichen Projekten. etc."

Um diese Zeit schrieb der König auch das Gedicht : Der Frühling (h. W. VII.108), auch die Liebe einer Holländerin etc. (in der Deutsch. Ausg. d. h. W. VII. 111 steht es irrig unterm Mai).

22. April 1760

Der König an Fouque. Er meldet ihm, daß er die durch den Tod des Fürsten Moritz von Anhalt-Dessau erledigte Stelle des Domprobstes zu Brandenburg, mit allen Emolumenten etc., ihm übertragen habe etc.

<16>

24. April 1760

Der König von Freiberg zur Armee nach Wilsdruf.

25. April 1760

Nach Schlettau (bei Meissen).

B.

11. April 1760

Stirbt der Prinz Moritz von Anbalt-Dessau in Berlin.

Die Friedensunterhandlungen, welche in Paris durch den Herrn von Edelsheim, und in Petersburg durch einen Hollsteinischen Edelmann versucht wurden, hatten keinen Erfolg. Eben so zerschlugen sich die Unterhandlungen mit Dänemark, welches anfänglich einige Hülfsvölker zur Vertheidigung von Pommern angeboten hatte. (Hinterl. W. VI. 70).

Mai.

A.

Mai 1760

Der König in Schlettau bei Meissen, indeß datirt derselbe fast alle seine Briefe etc. aus Meissen, wo er jedoch während der langen Zeit, daß er sein Hauptquartier in Schlettau hatte, öfters auch gewesen sein mag.

1. Mai 1760

Der König "im Porzellan-Quartier Meissen" an Voltaire : Der Brief beginnt mit Versen, deren Schluß so lautet :

"Allein ich selbst — ich schränke mich
In meine wahren Grenzen ein,
Und schmeichle niemals mir, daß ich
Den Helden und den Dichter Rom's
Auf meinem Pfad erreichen will.
Ich strebe nur nach dem Verdienst,
So klein es ist, dass ich der Trost
Der Wittwen und der Waisen sei."

Dabei überschickte ihm der Konig noch andere Poesieen. Eine Ode au die Deutschen (hinterl. Werke VI. 191); Epistel an d'Alembert (hinterl. Werke VI. 276, wo sie jedoch das Jahr 1761 hat); eine andere: Ueber die Eröffnung des jetzigen Feldzugs, und eine Erzählung (hinterl. Werke VII. 111, IX. 231), und sagt: "Das Alles war gut, mir die Zeit zu ver<17>treiben; aber ich wiederhole unaufhörlich : doch auch nur dazu. etc.

Sie scherzen über den Frieden — etc. Wie auch Herr von Choiseul gesonnen sein mag, so wird er doch mit der Zeit Dem, was ich mir ausgedacht habe, sein Ohr hinhalten müssen, und zwar recht sehr 17-+. Ich erkläre mich nicht, aber man wird sehen, daß in weniger als zwei Monaten . . . . sich die ganze Scene in Europa ändert: Sie selber werden dann sagen: ich sei mit meinen Hülfsquellen noch nicht am Ende, und habe Ursache gehabt, Ihrem Herzoge meinen Klevischen Thiergarten zu verweigern etc.

Ihren Herzog, Herr Graf, loben Sie, denke ich, sehr schlecht, da Sie mich versichern, er mache Verse, wie ich. Ich habe Geschmack genug, um zu fühlen, daß die meinigen nicht viel taugen. etc. Wenn ich einige Augenblicke Ruhe habe, so befällt mich der Schreibkitzel, und ich versage mir dies flüchtige Vergnügen nicht. Es giebt mir Zeitvertreib und Zerstreuung, und überdies eine bessere Stimmung zu der Arbeit, mit der ich belastet bin. etc."

12. Mai 1760

An Ebendenselben :

"Ich weiß recht gut, daß ich Fehler habe, und noch dazu recht große Sie können mir glauben, daß ich mich nicht gelinde behandle, und mir Nichts verzeihe, wenn ich mit mir selber spreche. Aber ich gestehe, daß dies Geschäft weniger fruchtlos sein würde, wenn ich mich in einer Lage befände, wo meine Seele nicht so heftige Erschütterungen und so gewaltsame Stürme zu leiden hätte, als denen sie seit einiger Zeit ausgesetzt ist, und denen sie wahrscheinlich noch ferner zum Spiele dienen wird - etc.

Auf eine Untersuchung des Vergangenen lasse ich mich nicht ein. Sie haben ohne Zweifel höchst unrecht gegen mich gehandelt. Kein Philosoph hätte Ihr Betragen erduldet. Ich<18> verzeihe Ihnen und will sogar Alles vergessen. Aber hätten Sie nicht mit einem Verehrer zu thun gehabt, der von Ihrem herrlichen Genie ganz bethört — bei einem Andern wäre» Sie so gut nicht weggekommen. Das lassen Sie Sich denn gesagt sein und reden Sie mir nicht mehr von Ihrer Nichte, die mir so langweilig ist, und nicht soviel Verdienst hat, wie ihr Oheim, daß sie ihre Fehler damit bedecken könnte. Man spricht von Moliere's Magd, aber Niemand wird von Voltaire's Nichte sprechen. - etc. - Ihre Nation ist die inkonsequenteste in ganz Europa; sie hat viel Witz, aber ihre Ideen sind gar nicht zusammenhängend. So zeigt sie sich in ihrer ganzen Geschichte. Dieser Charakter muß ihr unauslöschlich eingedrückt sein. In der langen Reihe der Regierungen giebt es keine Ausnahmen, als einige Jahre unter der Regierung Ludwig's XIV. Heinrich's IV Regierung war nicht ruhig und nicht lang genug, daß sie mit in Anschlag kommen könnte. Während Richelieu's Administration bemerkt man Verbindung in den Planen und Kraft in der Ausführung, aber das sind in der That sehr kurze Perioden von Klugheit für eine so länge Reihe von Thorheiten.

Frankreich konnte wohl Leute wie Deskartes und Mallebranche hervorbringen, aber keinen Leibnitz, Locke und Newton. Dagegen übertrefft Ihr alle anderen Nationen an Geschmack, und ich halte mich gern zu Euren Fahnen, sobald es auf feine Unterscheidungskraft und auf scharfsinnige, kritische Wahl zwiscen wirklichen und zwischen nur scheinbarren Schönheiten ankommt. Das ist ein großer Vorsprung für die schönen Wissenschaften, aber es reicht noch nicht hin. etc."

14. Mai 1760

An den Marquis d'Argens :

- etc. "Sie sehen, daß alle Hoffnungen zum Frieden verschwunden sind, und daß meine Feinde die größten Zurüstungen machen. In drei Wochen werde ich 220000 Mann auf den Hals bekommen. Ich habe nur ungefähr die Hälfte;<19> es läßt sich also begreifen, daß ich nothwendig da unterliegen muß, wo ich am schwächsten sein werde, und wo ich der Uebermacht, die mich unterdrückt, nichts entgegensetzen kann. Also bleibt mir nur Ein Mittel, das nicht einmal zuverlässig ist, wenn auch dieses verschwindet, so muß ich dem entgegen sehen, was mir die Umstände ankündigen, und was die gewohnliche Art zu schließen mir wahrscheinlich macht. Der Kopf wird mir regelmäßig alle Tage drei bis vier Mal drehend, wenn ich mich quäle, Hülfsmittel zu finden, und nicht zu meinem Zweck kommen kann. etc. - Ich schicke Ihnen einen kleinen Brief im Namen der Pompadour, den ich im vorigen Jahre schrieb. etc.

Das Verzeichniß der Gemälde habe ich gesehen und mir einen Augenblick die Zeit damit vertrieben, Um die Sammlung vollkommen zu machen, gehörten noch ein schöner Correggio, ein schöner Julio Romano und ein Jordano hinein. Doch wohin verirren sich meine Gedanken! Ich weiß nicht, welches Unglück vielleicht in Kurzem auf mich wartet, und rede von Gemälden und Bildergalerien. In der That, die jetzigen Zeiten möchten einem die artigsten Kinderklappern verleiden, und es sieht Alles so sehr auf der Wage, daß man fast gar nicht mehr daran denken kann, wenn anders nicht ein glücklicher Vorfall einen sanften Lichtstrahl verbreitet, der die Finsterniß, in der wir wandeln, erhellt. etc."

In diesem Monat schrieb der König folgende Gedichte : Die Liebe durch Briefwechsel etc.

An d'Argens, als dieser ein Exemplar von den Gedichten des Philosophen von Sanssouci überschickte.

An den Prinzessin Amalie, als die Friedensunterhandlungen sich zerschlugen.

An d'Argens, bei Uebersendung der Briefe des etc. Phihihu.

An Ebendenselben: "Aus unserm Porzellan-Quartier" etc. Sie stehen sämtl. im 7. Theil der h. W. S. 24 — 35 u. 111.

<20>

B.

Mai 1760

Ende Mai rückt Laudon mit zwei Kolonnen über Patschkau und Silberberg durch die Grafschaft Glatz in Schlesien ein.

Zu gleicher Zeit kommt der Russische General-Major von Tottleben mit 8000 Mann aus Polen über Neustettin in Hinterpommern an.

29. Mai 1760

Tottleben nimmt Cöslin, nachdem er die beiden Vorstädte anzünden lassen und der Stadt ein gleiches Schicksal gedroht.

Die Preußische Besatzung erhielt freien Abzug.

Juni.

A.

Juni 1760

Der König in Schlettau (bei Meissen).

14. Juni 1760 bis 15. Juni 1760

Der König geht zwischen Zehren und Zabel über die Elbe und campirt unter freiem Himmel.

15. Juni 1760

In Proschwitz.

18. Juni 1760

In Radeburg.

19. Juni 1760

Ausmarsch zum Treffen gegen Laszy, der aber ausweicht und zurückgeht, worauf auch der König nach Radeburg zurückkehrt.

21. Juni 1760

Der König an Voltaire : etc. - "Wir wollten gestern eine Schlacht liefern. Der Feind, der hier stand, hat sich zurückgezogen, und so ist mein Plan fehlgeschlagen. etc. - Um Ihnen vielleicht die Zeit zu vertreiben, lege ich meinem Briefe ein kleines morceau bei, wie unser guter d'Argens sagt 20-+. Ich habe es für einen Schweizer gemacht, der seit einem Jahre unter meiner Artillerie dient. Dieser ehrliche Schweizer hatte in feiner Garnison zu Breda einer schönen Holländerin den Kopf drehend gemacht, und mich verschiedene Mal um Erlaubniß gebeten,<21> sie nach den, Frieden heirathen zu dürfen. Ich bewillige es endlich; aber die Schöne, die vor Liebe krank war, wollte nicht so lange warten, und der allerliebste Amor entflog pfeilschnell. O tempus! O mores!"

25. Juni 1760 bis 26. Juni 1760

Nachts ab von Radeburg über Rändern, Lauterbach und Ebersdach nach Groß-Döbritz.

26. Juni 1760

Der König an d'Argens :

"Ihren Brief vom 22sten, mein lieber Marquis, erhalte ich zu einer Zeit, wo ich, wie ich es vorhersah, aufs Neue Wirkungen von der boshaften Erbitterung meines Unsterns fühle. Ohne Zweifel wissen Sie jetzt die Unglücksfälle, die mir in Schlesien begegnet sind 21-+, und werden gestehen müssen, daß ich nur zu richtig prophezeihet habe. Der Himmel gebe, daß ich es nicht bis ans Ende thue. - etc. - Wäre ich selbst nur erst am Ende der Zeit, die ich in diesem Thale der Finsterniß und der Noch noch vegetiren soll. Der letzte Theil meiner Laufbahn ist rauh, traurig und unglücklich. Ich liebe die Philosophie, weil sie meine Leidenschaften mäßigt, und mir Gleichgültigkeit gegen meine Auflösung und gegen die Vernichtung meines denkenden Wesens einflößt. — etc. — Leben Sie wohl, lieber Marquis, haben Sie einige Nachsicht mit meiner Traurigkeit; sie ist gerecht. Seit zwei Jahren habe ich Nichts als Leiden, und noch sehe ich kein Ende. - etc."

B.

6. Juni 1760

General Fouqué verläßt den Posten bei Landshut, der sogleich durch Laudon besetzt wird.

7. Juni 1760

Laudon berennt die Festung Glatz.

17. Juni 1760

Fouqué nimmt auf ausdrücklichen Befehl des Königs den Posten bei Landshut wieder ein.

22. Juni 1760 bis 23. Juni 1760

Laudon mit 38000 Mann greift den General Fouqué,<22> der nur 10400 Mann hat, bei Landshut an, schlägt ihn und macht ihn — schwer verwundet —, noch 2 Generale, 17 Stabsoffiziere, 157 Officiere und 7800 Mann zu Gefangenen. Es gingen dabei verloren : 68 Geschütze, 34 Fahnen, 2 Standarten, 1 Paar Pauken. Die Oestreicher hatten an Todten und Verwundeten gegen 5000 Mann verloren. Laudon befleckte seinen Sieg dadurch, daß er die Stadt Landshut plündern ließ (Gesch. des siebenj. K. vom Generalstab IV. 36 und Archenholz II. 62—66).

30. Juni 1760

Die Franzosen bemächtigen sich des Schlosses Marburg.

Juli.

A.

2. Juli 1760

Der König in Quolsdorf (Ober-Lausitzisch).

4. Juli 1760

In Königsbrück und Pulsnitz. Hauptquartier.

5. Juli 1760

In Marienstern.

6. Juli 1760

In Nieder-Gurk.

7. Juli 1760

Der König greift selbst mit einigen Pikets der Armee und einiger Kavallerie die feindliche Arrieregarde bei Gödau an, ohne Erfolg. Er war dabei in Gefahr, durch zwei Kaiserliche Ulanen, welche sehr weit vorgekommen waren, vom Pferde gestochen zu werden. Sein gestürzter Page rief ihnen auf Polnisch zu, was sie hier wollten, worauf sie, den keine Preußische Militäruniform tragenden Pagen für einen Oestreichischen Officier haltend, sich mit dem Durchgehen ihrer Pferde entschuldigten und umkehrten. (von Retzow II. 215).

8. Juli 1760

In Schmölln bei Bautzen.

9. Juli 1760

In Hartha.

10. Juli 1760

In Weissig.

11. Juli 1760

In Hof Lösnitz.

12. Juli 1760

Rückt die Armee in das von den Oestreichern verlassene Lager bei Reichenberg. Der König nimmt sein Hauptquartier in dem sogenannten Spitzhause.

13. Juli 1760

Der König geht über die Elbe und rückt vor Dresden. Grüne<23> Wiese (Dresden). Der König läßt den Oestreichischen Commandanten von Dresden, Maquiere, auffodern, die Stadt zu übergeben. — Anfang der Belagerung.

14. Juli 1760

Ward die Pirnaische Vorstadt von Dresden erobert. Der König begiebt sich mit seinem Gefolge in das Holländische Haus, wo ihn der Feind mit mehr als 25 Stückschüssen begrüßte. Dresden wird beschossen.

15. Juli 1760

Der König an d'Argens :

"Sie schmeicheln sich vergebens, mein lieber Marquis; meine Umstände nehmen eine abscheuliche Wendung. Durch die Belagerung von Dresden glaubte ich ihnen wieder aufzuhelfen; aber — ich werde die Stadt erobern, und damit um keinen Schritt weiter kommen. Machen Sie immer im Voraus meine Grabschrift, und trauen Sie mir zu, daß ich meine Lage deutlich genug sehe, um sie, nicht ohne Grund, für verzweifelt zu halten. Die Englischen Flotten erhalten überall große Vortheile, so daß man ihnen keinen Vorwurf machen kann. Prinz Ferdinand hat, statt derl 100000 Mann, die Sie ihm geben, nicht mehr als 60000: dies macht in dem Gemälde eine kleine Abänderung. Sie urtheilen nach den Zeitungen, allein diese sind nicht wahr und so werden Sie getäuscht. Laudon hat in dem Gefecht bei Landshut 10000 Mann verloren, dessen ungeachtet bleiben den Oestreichern noch 95000 Mann gegen mich übrig. Die Russen haben 60000 Mann. So ist meine Lage; vieles noch nicht einmal mitgerechnet, von dem ich jetzt schweigen muß, das ich aber werde sagen können, sobald es geschehen ist.

Das Lustspiel : die Philosophen, ist ziemlich gut ausgearbeitet; allein es enthält Anspielungen, die keine Wirkung auf mich gethan haben, weil ich nicht wußte, wohin sie zielen; z. B. die Stelle: Jeune homme, prends et lis. Ach! mein lieber Marquis, zu einer andern Zeit würde mir das Alles viel Vergnügen gemacht haben; aber jetzt sehe ich nur den Schlund vor mir, in den ich bald stürzen werde.<24> Leben Sie wohl, mein Lieber. Ueberlassen Sie Sich keinen chimärischen Hoffnungen, beklagen Sie mich im Voraus. Wollte der, Himmel, meine Weissagungen träfen nicht ein! Doch, es komme wie es wolle, machen Sie immer meine Grabschrift. Ich umarme Sie."

19. Juli 1760

Der König in Gruna. Hauptquartier.

21. Juli 1760

Bei einem Ausfalle der Dresdner Besatzung, ward das die Laufgräben deckende Regiment Anhalt-Bernburg durch Uebermacht zurückgedrängt, und der Feind bemächtigte sich einer Preußischen Batterie, die jedoch durch ankommende Hülfe wieder genommen wurde. Der König glaubte, daß das Regiment sich nicht, wie es gesollt, vertheidigt hätte, und bestrafte es dadurch, daß die Officicre und Unterofficiere die Huttressen und die Gemeinen die Säbel ablegen mußten. Das Regiment hatte übrigens bei diesem Ueberfall 46 Todte, incl. 3 Officicre, 34 Blessirte, und an Gefangenen : 2 Ober-, 14 Unterofficiere und, 251 Gemeine : Der Oestreichische General Brentano überfiel das Preußische Dragoner-Regiment bei Gruna, und trieb es in Unordnung nach dem großen Garten, der stark von den Preußen besetzt war. Der König hatte sein Hauptquartier auf der grünen Wiese, und befand sich in keiner geringen Gefahr, da ihn Alles verließ, und nach dem großen Garten eilte. Ein Oestreichisches Commando Kavallerie war vor der Brücke stehen geblieben, hatte aber versäumt, das Wirthshaus der grünen Wiese visitiren zu lassen, wo sie sonst den König gefunden hätten. Da nun die Preußische Besatzung des großen Gartens die Oestreichischen Vorposten wieder zurücktrieb, so ging auch jenes Commando Kavallerie mit zurück, und der König säumte nicht, sich sogleich aufs Pferd zu werfen, nach Leubnitz zu jagen, und von nun an sein Hauptquartier dahin zu verlegen. (Vergl. Ba<25>ckenberg 236). Dieser Vorfall müßte also den 22sten Statt gehabt haben.

22. Juli 1760

Der König in Leubnitz.

28. Juli 1760 bis 29. Juli 1760

Der König hebt die Belagerung Dresdens auf.

31. Juli 1760

In Schieritz.

B.

10. Juli 1760

Treffen bei Corbach, der Erbprinz von Braunschweig gegen Broglio. Ersterer muß sich zurückziehen und war in diesem Gefecht verwundet worden. Die Alliirten verloren 8 — 900 Mann und 15 Geschütze.

13. Juli 1760

Dresden von Preußen belagert.

14. Juli 1760

Anfang der Beschießung Dresdens.

15. Juli 1760

Die Franzosen erobern das Dillenburger Schloß, welches ganz ruinirt wird.

16. Juli 1760

Die Franzosen besetzen Cassel.

16. Juli 1760

Der Erbprinz von Braunschweig schlägt ein Französisches Corps unter General Glaubitz bei Erxdorf, und ruinirt es gänzlich. Der General Glaubitz, der Prinz von Anhalt-Köthen, 179 Officiere, 2482 Mann wurden gefangen. Das ganze Lager, alles Gepäck, 5 Kanonen, 9 Fahnen fielen den Alliirten in die Hände.

19. Juli 1760

Anfang des eigentlichen Bombardements der Stadt Dresden (Maguire's Tagebuch).

20. Juli 1760 bis 21. Juli 1760

Laudon eröffnet die Laufgräben gegen die Festung Glatz.

25. Juli 1760

Herzog Ferdinand wird von Broglio aus seiner Stellung bei Sachsenhausen verdrängt.

26. Juli 1760

Laudon erobert die Festung Glatz.

28. Juli 1760

Die Besatzung von Dresden erfährt die Eroberung von Glatz und läßt Tags nachher Viktoria schießen (Marguire's Tagebuch).

29. Juli 1760

Die Preußen ziehen vor Dresden ab.

30. Juli 1750

Breslau durch den Oestr. General Draschkowitz berennt.

<26>

31. Juli 1760

Der Erbprinz von Braunschweig schlägt die Franzosen unter dem General May bei Warburg. Sie verloren : 12 Kanonen und an 5000 Mann an Todten, Verwundeten und Gefangenen.

31. Juli 1760

Laudon schließt Breslau ein und läßt den Commandanten, General von Tauenzien, auffodern, die Stadt zu übergeben.

August.

A.

1. August 1760

Der König in Dallwitz (im Amte Großen-Hayn).

1. August 1760

Der König an d'Argens (der Brief ist überschrieben großen-Hayn) :

"Die Belagerung von Dresden, lieber Marquis, ist uns zu Wasser geworden. Jetzt sind wir in vollem Marsche nach Schlesien. Ganz gewiß werden wir uns an der Grenze schlagen, und das könnte zwischen dem 7ten und 10ten d. M. geschehen. Glatz ist verloren, Neisse ist belagert. Nun ist kein Augenblick zu verlieren. Sind wir glücklich, so werde ich es Ihnen schreiben; sind wir unglücklich, so nehme ich im Voraus von Ihnen und von allen unsern Freunden Abschied.

Der arme Foresta hat das Leben verloren, und sein Opfer hilft mir nichts. Kurz, mein Lieber, der ganze Kram geht zum Teufel. Uebermorgen marschiren wir. Ich sehe die schreckliche Lage, die mich erwartet, ganz voraus, und habe meinen Entschluß mit Standhaftigkeit gefaßt. Leben Sie wohl. Ich umarme Sie. Denken Sie bisweilen an mich, und sein Sie von meiner Achtung überzeugt."

3. August 1760

Der König in Koitsch (nicht Loitsch, wie Tempelhof und Andere es nennen, auch nicht Roitsch, wie es auf manchen Karten genannt wird; es heißt urkundlich Koytsch, und liegt in der Ober-Lausitz unweit Königsbrück).

4. August 1760

In Ratibor bei Bautzen.

5. August 1760

In Arnsdorf.

6. August 1760

Ueber Lissa bei Görlitz in Riedel - Rothwasser.

<27>

7. August 1760

In der Vorstadt von Bunzlau (Schlesien).

9. August 1760

Von Bunzlau auf Adelsdorf, wo der König aber den Marsch ändert und bei Kroitsch das Lager nimmt, Hptq. Hohendorf.

10. August 1760

In Liegnitz (in der Goldberger Vorstadt).

11. August 1760

In Seichau.

13. August 1760

In Liegnitz.

14. August 1760 bis 15. August 1760

Nachts, Abmarsch. Der König bei dem Wachtfeuer hinter Pfaffendorf erhält von dem Major von Hund die Nachricht von der Annäherung des Laudonschen Corps, läßt sogleich die Truppen das Gewehr aufnehmen und trifft Anordnung zur Schlacht.

15. August 1760

Schlacht bei Liegnitz. Der König greift Laudon an und schlägt ihn. Von der Königlichen, 30000 Mann starken Armee waren nur 14000 Mann zum Gefecht gekommen, von Laudons 35000 Mann 31 bis 32000. Den Preussen kostete der Sieg (nach Gaudi) :

 an Todten12 Officiere und763 Mann,
  Verwundeten74 2415
  Gefangenen10 242
  96 Officiere und3420 Mann,
 

auch gingen 10 Fahnen verloren. Der König selbst hatte einen Prellschuß erhalten, und ein Pferd ward unter ihm todtgeschossen.

 Die Oestreicher verloren : an Todten2000 Mann,
 an Verwundeten 4000
 an Gefangenen : 86 Offfciere und 4000
  86 Officiere und 10000 Mann,
 

82 Kanonen, 23 Fahnen und Standarten.

Nach der Schlacht redet der Flügelmann des Regiments Anhalt-Bernburg 27-+, welches sich bei Dresden die Ungnade<28> des Königs zugezogen, in dieser Schlacht aber mit aufgezeichneter Tapferkeit, wie sonst immer, gefochten und viel zum Siege beigetragen hatte, den König an und bittet um die verlorne Gnade, welche der König auch dem Regiment mit den Worten zusichert: Ja, Kinder, ihr sollt sie wieder haben, und Alles soll vergessen sein. Noch an demselben Tage erhielt das Regiment die Degen wieder.

Der König erließ nach der Schlacht eine Danksagung an die Armee 28-+ und theilte Orden und Geld aus. Jede eroberte Fahne oder Standarte ließ er mit 56 Thlr. und jede eroberte Kanone mit 137½ Thlr. bezahlen.

15. August 1760

Nach der Schlacht nahm der König sein Hauptq. in Parchwitz.

16. August 1760

In Parchwitz und in Neumark.

17. August 1760

Der König an d'Argens : "Gott ist in den Schwachen mächtig, wiederholte der alte Bülow jedes Mal, wenn er uns die Schwangerschaft seiner Kurfürstin anzeigte. Diesen schönen Spruch kann ich nun auf unsere Armee anwenden. Die Oestreicher, 80000 Mann stark 28-++, wollten 35000 Preußen umzingeln. Wir haben Laudon geschlagen, und die Uebrigen haben es bleiben las<29>sen, uns anzugreifen. Das ist ein großer Vortheil, auf den wir nicht rechnen konnten. Doch ist es damit nicht gethan, wir müssen noch klettern und eine steile Höhe gewinnen, um das Werk zu krönen. Mein Rock und meine Pferde sind verwundet, ich selbst aber bin bis jetzt unverwundlich. Nie haben wir größere Gefahren bestanden, nie hat es uns solche schreckliche Mühe gekostet. Was wird aber das Ende unserer Arbeiten sein? Immer komme ich auf den schönen Vers des Lukrez zurück : Glücklich, wer einsam im Tempel der Weisen etc.

Haben Sie Mitleid, mein lieber Marquis, mit einem armen Philosophen, der auf die sonderbarste Weise aus seiner Sphäre gerissen worden, und lieben Sie mich jederzeit. Leben Sie wohl."

19. August 1760

Der König in Hermannsdorf bei Breslau.

27. August 1760

Der König an d'Argens :

"Ehemals, lieber Marquis, hätte das Treffen am 15ten den Feldzug entschieden; jetzt ist es nur eine Streifwunde. Um unser Schicksal zu entscheiden, ist eine Hauptschlacht nöthig. Allem Anscheine nach liefern wir sie bald, und dann werden wir, wenn sie zu unserm Vortheil ausfällt, uns freuen können. Indeß danke ich Ihnen für Ihre aufrichtige Theilnahme an diesem Vortheil. Es war viele List und Geschicklichkeit nöthig, um so weit zu kommen.

Sagen Sie mir nichts von Gefahren; das letzte Gefecht kostet mir nur ein Kleid und ein Pferd, und dafür ist ein Sieg wohlfeil erkauft.

Den andern Brief, den Sie erwähnen, habe ich nicht erhalten, in Ansehung der Correspondenz sind wir einigermaßen blockirt, auf der einen Seite der Oder von den Russen und auf der andern von den Oestreichern. Um Cocceji 29-+ durch,<30> zubringen, war erst ein kleines Gefecht nöthig. Hoffentlich wird er Ihnen meinen Brief zugestellt haben.

So lange ich lebe, bin ich in keiner so mißlichen Lage gewesen, als in diesem Feldzuge. Glauben Sie mir, noch immer gehören Wunder dazu, wenn ich alle die Schwierigkeiten überwinden soll, die ich vorhersehe. Ich werde, wenn sich Gelegenheit ereignet, ganz gewiß meine Pflicht thun, aber, lieber Marquis, vergessen Sie nicht, daß ich nicht über das Glück gebiete, und daß ich genöthigt bin, in meinen Planen dem Zufall zu viel zu überlassen, da es mir an Mitteln fehlt, gründlichere zu entwerfen. Ich soll herkulische Arbeiten in einem Alter endigen, worin mich die Kräfte verlassen, meine Schwachheiten zunehmen, und, aufrichtig zu reden, selbst Hoffnung, der einzige Trost der Unglücklichen, mir zu mangeln anfängt. Sie kennen die Umstände nicht genug, um sich einen deutlichen Begriff von den Gefahren zu machen, die dem Staate drohen, ich kenne und verschweige sie. Alle Besorgnisse behatte ich für mich, und theile dem Publikum bloß die Hoffnungen und die wenigen guten Nachrichten mit, die ich ihm geben kann. Gelingt der Streich, auf den ich denke, dann, lieber Marquis, wird es Zeit sein, der Freude freien Lauf zu lassen. Allem bis dahin wollen wir uns mit Nichts schmeicheln, aus Furcht, daß eine unerwartete üble Nachsicht uns zu sehr niederschlagen möchte.

Ich lebe hier wie ein kriegerischer Karthäuser. Ich muß viel an meine Geschäfte denken; die übrige Zeit widme ich den Wissenschaften, die mich trösten wie jenen Consul, den Redner, den Vater des Vaterlandes und der Beredsamkeit. Ob ich diesen Krieg überleben werde, weiß ich nicht; aber wenn es geschehen sollte, so bin ich fest entschlossen, den Ueberrest meiner Tage in der Einsamkeit, im Schooße der Philosophie und der Freundschaft zuzubringen. Sobald der Briefwechsel ungehinderter ist, werden Sie mir ein Vergnügen machen? wenn Sie mir öfter schreiben. Wo wir diesmal<31> unsere Winterquartiere haben werden, weiß ich noch nicht. Mein Haus in Breslau ist bei dem Bombardement zerstört worden. Unsere Feinde mißgönnen uns Alles, selbst das Tageslicht und die Luft, die wir athmen. Indeß werden sie uns doch einen Platz lassen müssen, und wenn der sicher ist, so wird es mir eine wahre Freude sein Sie bei mir zu sehen. etc."31-+

30. August 1760

Der König in Prschiedrowitz.

31. August 1760

In Költschen.

B.

1. August 1760

Die Franzosen besetzen Hannöverisch-Minden.

1. August 1760

Breslau wird von Laudon bombardirt, vom General von Tauenzien 3) vertheidigt.

4. August 1760

Prinz Heinrich trifft mit seiner Armee bei Breslau ein.

4. August 1760

Laudon hebt die Belagerung von Breslau auf, und zieht sich nach Canth.

6. August 1760

Die Russische Hauptarmee unter Soltikof trifft über Kobylin und Militsch bei Breslau ein, und bezieht ein Lager bei Hundsfeld.

8. August 1760

Die Franzosen erobern Schloß Bentheim.

15. August 1760

Schlacht bei Liegnitz. Sieg des Königs über Laudon.

16. August 1760

Die Schweden fangen ihre Operationen wieder an und dringen bis Prenzlow vor.

20. August 1760

Gefecht bei Strehla. Generall von Hülfen gegen den Prin<32>zen von Stolberg, wobei die Preußen ein ganzes feindliches Corps unter General Kleefeld zerstreuen, eine Kanone und 5 Fahnen erbeuten, und 40 Officiere, darunter den Prinzen von Usingen, Obersten des Zweibrückschen Regiments, und 1178 Gemeine gefangen nehmen.

22. August 1760

Die Alliirten nehmen das Schloß Bentheim wieder.

26. August 1760

Vor Colberg erscheint eine Russische Kriegsflotte von 24 Linienschiffen und Fregatten, 9 kleinern Kriegsfahrzeugen und 40 Transportschiffen.

28. August 1760

Anfang des Bombardements von Colberg.

29. August 1760

Es treffen noch 6 Schwedische Linienschiffe und Fregatten zur Verstärkung der Russischen Flotte vor Colberg ein.

September.

A.

1. September 1760

Der König in Pilzen.

3. September 1760

Von Pilzen in Jauernick.

4. September 1760

In Bunzelwitz.

11. September 1760

In Ober-Baumgarten.

12. September 1760

Der König greift ein feindliches Corps an, jagt es durch Hohenfriedberg und macht 680 Mann zu Gefangenen.

17. September 1760

In Hohengiersdorf.

18. September 1760

In Reisendorf und Dittmannsdorf. Aus ersterm Ort schreibt der König an d'Argens :

"Ihre beiden Briefe habe ich erhalten, mein lieber Marquis. In der That bin ich einer sehr großen Gefahr entgangen, und bei Liegnitz hatte ich alles Glück, das ich in meiner Lage haben konnte. In einem gewöhnlichen Kriege würde es viel zu bedeuten haben, aber in diesem ist die Schlacht nur ein Scharmützel, und im Ganzen genommen hat sich meine Lage dadurch eben nicht viel verbessert. Ich will Ihnen keine Jeremiaden vorsingen, oder Sie durch alle Gegenstände meiner Furcht und meiner Besorgnisse beunruhigen; aber ich versichere Sie, daß diese groß sind. Die Kri<33>sis, in der ich bin, hat eine andere Gestalt gewonnen; aber bis jetzt entscheidet sie Nichts, und die Entwickelung läßt sich noch nicht absehen. Ich brenne an einem langsamen Feuer; ich bin wie ein Körper, den man verstümmelt, und der täglich einige von seinen Gliedern verliert. Der Himmel stehe uns bei, wir haben es sehr nöthig.

Immer reden Sie von meiner Person. Es ist, wie Sie wissen sollten, nicht nöthig, daß ich lebe, wohl aber, daß ich meine Schuldigkeit thue, und für mein Vaterland kämpfe, um es, wo möglich, noch zu retten. In vielen kleinen Vorfällen habe ich Glück gehabt, und ich hätte große Lust, mir den Wahlspruch zu wählen : Maximus in minimis et minimuss in maximis.

Sie können sich unsere entsetzlichen Beschwerden gar nicht denken. Dieser Feldzug ist ärger, wie alle vorhergehenden, bisweilen weiß ich nicht, wohin ich mich wenden soll. — Doch ich mache Ihnen mit der Erzählung von meiner Unruhe und meinem Kummer nur Langeweile. Mein Frohsinn und meine Munterkeit sind mit den geliebten und hochachtungswürdigen Personen begraben, an die mein Herz gefesselt war. Das Ende meines Lebens ist schmerzhaft und traurig. etc."

B.

2. September 1760

Die Russische Flotte vor Colberg setzt das Bombardement fort, und es werden Truppen gelandet.

7. September 1760

Die Schweden nehmen ein Lager bei Prenzlow.

18. September 1760

General von Werner erscheint mit 5 Bataillons und 8 Eskadrons zum Entsatz bei Colberg, greift die verschiedenen Posten der Russen an und schlägt sie in die Flucht.

19. September 1760

Das Russische Belagerungs-Corps geht zurück, doch wird die Stadt noch bis zum 21sten von der Russischen Flotte beschossen, an welchem Tage sie sich auch zurückzieht und den 23sten unter Segel geht, daß nun also Colberg wieder frei ist. Die Schwedische Flotte hatte schon vorher die Anker gelichtet und die hohe See gewonnen.

<34>

Die Russen hinterließen bei ihrer Flucht 22 Stück Geschütze, 100 Ctr. Pulver, 4000 Stück Kugeln und eine Menge Munitions- und andere Wagen und viel andere Bagage, Lagergeräth und Lebensmittel.

Eine Gesellschaft Patrioten hatte zu Ehren des tapfern Commandanten von Colberg, Oberst von der Heyde, und des Generals von Werner eine Medaille prägen lassen. Der König übersandte davon jedem der beiden Helden ein Exemplar in Gold, 7—8 Loth schwer, und 20 in Silber. Abbildung und Beschreibung derselben findet man in: Fromery Recueil de Medailles pour servir à I'histoire de Frédéric le Grand, und in : Spieß Brandenburgische Münzbelustigungen IV. 257.

26. September 1760

Göttingen wird von den Franzosen besetzt.

27. September 1760

Der Preuß. Major von Normann, Commandant von Torgau, übergiebt diesen Platz an die Reichsarmee.

29. September 1760 bis 30. September 1760

Der Erbprinz von Braunschweig gebt bei Ruhrort über den Rhein.

Oktober.

A.

Oktober 1760

Der König in Dittersdorf.

7. Oktober 1760

Von Dittersdorf in das alte Lager bei Bunzelwitz.

7. Oktober 1760

Der König an d'Argens :

"Gotskowsky hat mir so eben, mein lieber Marquis, Ihren Brief überbracht. Befürchten Sie Nichts für meine gute Stadt Berlin; man hat für Alles gesorgt, und die Bürgerschaft soll in Nichts belästigt werden. Ich wünschte, daß man wichtigere Dinge, die mich beunruhigen, eben so gut beendigen könnte. Gleichwohl haben wir so eben einen Obersten, 100 Mann und 4 Kanonen den Kreistruppen abgenommen. Jetzt sind sie gänzlich aus Sachsen vertricben. Unsere Husaren haben Wunder gethan."

8. Oktober 1760

In der Vorstadt von Jauer.

<35>

9. Oktober 1760

In Haynau, dann in Conradsdorf. Hauptquartier.

10. Oktober 1760

In Primkenau.

11. Oktober 1760

In Sagan.

13. Oktober 1760

In Golßen (Nieder-Lausitz).

14. Oktober 1760

In Guben (log. in der alten Münze).

15. Oktober 1760

In Groß-Muckro. Hier erfährt der König die Einnahme Berlins durch die Russen und zugleich auch ihren Rückzug.

16. Oktober 1760

In Sickadel.

17. Oktober 1760

In Lübben bis den 20.

20. Oktober 1760

In Wildau

21. Oktober 1760

In Dahme.

22. Oktober 1760

Jessen — Schweinitz Hauptq. Aus ersterm Ort schreibt der König an d'Argens :

"Da waren denn einige von den Streichen, die ich seit dem vorigen Winter besorgte. Aus dem Grunde schrieb ich Ihnen so oft Briefe über meine unglückliche Lage. Ich hatte meine ganze Philosophie nöthig, um die Widerwärtigkeiten, Erniedrigungen, Beschimpfungen und die ganze Reihe von schrecklichen Dingen zu ertragen, die vorgegangen sind. Ich bin in voller Thätigkeit, und prophezeihe Ihnen, wie unser Feldzug sich ungefähr endigen wird. Wir werden Leipzig, Wittenberg, Torgau und Meissen wieder einnehmen; der Feind aber wird in Sachsen Dresden und in Schlesien die Gebirge behalten, und diese Vortheile werden es ihm leicht machen, mir im folgenden Jahre den Gnadenstoß zu geben. Ich sage Ihnen nicht, was ich denke, noch weniger was ich im Sinne habe; aber ohne Zweifel werden Sie Sich vorstellen können, was im Innern meines Herzens vorgeht, wie zerrüttet mein Geist und alle meine Gedanken sind.

Ihr Brief hat mir Vergnügen gemacht, wenn man anders in, Sturme, in diesen unruhigen, alles zerrüttenden Zeiten, mitten unter der Verheerung, der Verwüstung und dem Tode, zu einer ähnlichen Empfindung fähig ist. Sie haben, wie ich sehe, unter den Ursomanen und Oestreichern eine ruhige<36> Seele behalten, und Ihre Gesundheit hat dadurch nicht gelitten.

Die Abschrift des Briefes, die Sie mir schicken 36-+, ist wirklich von mir; einige Fehler im Styl ausgenommen, die sich vermuthlich bei dem Kopiren eingeschlichen haben. So wird das Ende meiner Tage vergällt, lieber Marquis, so spottet das Glück der schwachen Sterblichen! Aber ich bin seiner Gunstbezeigungen und seines Eigensinnes müde, und denke darauf, mir eine Lage zu verschaffen, in der ich weder von den Menschen, noch von den Göttern etwas befürchten darf. Leben Sie wohl, lieber Marquis; beruhigen Sie Sich und lesen Sie noch einmal Virgil's zweiten Gesang, worin Sie ungefähr ein Bild von Dem sehen werden, was mein Vaterland erlitten hat.

Schreiben Sie mir, Sie haben Muße dazu, und vergessen Sie mich nicht."

23. Oktober 1760

In Tragun.

25. Oktober 1760

In Coswig.

26. Oktober 1760

In Jonitz (auch vielleicht in Dessau?).

27. Oktober 1760

In Kemberg.

28. Oktober 1760

Der König an d'Argens :

"Nennen Sie meine Gesinnungen, wie Sie wollen, lieber Marquis. Ich sehe, daß wir in unsern Begriffen nie übereinstimmen werden, und daß wir von sehr verschiedenen Grundsätzen ausgehen. Sie schätzen das Leben wie ein Sybarit, und ich? — ich betrachte den Tod wie ein Stoiker. Nie werde ich den Augenblick sehen, der mich nöthigt, einen nachtheiligen Frieden zu schließen; keine Bewegungsgründe, keine Beredsamkeit können mich dahin bringen, daß ich meine Schande unterschreibe. Entweder lasse ich mich unter den Ruinen meines Vaterlandes begraben, oder sollte dieser Trost dem Geschicke, das mich verfolgt, noch zu süß scheinen; so werde<37> ich mein Unglück zu endigen wissen, wenn es sich unmöglich länger ertragen läßt. Ich handelte stets der innern Ueberzeuguug und jenem Gefühle von Ehre gemäß, die alle meine Schritte leitet, und thue es auch noch jetzt; mein Betragen wird allezeit mit diesen Grundsätzen übereinstimmen. Die Jugend opferte ich meinem Vater, und die männlichen Jahre meinem Vaterlande auf; nun glaube ich berechtigt zu sein, über mein Alter zu gebieten. Ich habe es Ihnen gesagt, und wiederhole es noch einmal; nie wird meine Hand einen schimpflichen Frieden unterzeichnen. Ich bin fest entschlossen, in diesem Feldzuge Alles zu wagen, und die verzweifeltsten Dinge zu versuchen, um zu siegen oder ein ehrenvolles Ende zu finden.

Ich habe einige Betrachtungen über die kriegerischen Talente Karls XII angestellt; aber nicht untersucht, ob er sich hätte tödten sollen, oder nicht. Nach der Eroberung von Stralsund hätte er, dünkt mich, klug gehandelt, wenn er aufgebrochen wäre. Mag er aber gethan oder gelassen haben, was er will; sein Beispiel ist keine Regel für mich. Es giebt Leute, die dem Geschicke folgsam sind; ich bin nicht dazu geboren. Habe ich für Andere gelebt, so will ich für mich sterben. Was man davon sagen wird, ist mir sehr gleichgültig, und ich stehe Ihnen sogar dafür, daß ich es nie erfahren werde. Heinrich IV war ein jüngerer Sohn von gutem Hause, der sein Glück machte; da hatte er nun eben nicht Ursache, sich zu erhenken. Ludwig XIV war ein großer König, er hatte große Hülfsquellen und zog sich aus der Verlegenheit. Doch ich — ich bin ihn, an Macht nicht gleich; aber die Ehre ist mir theurer, als ihm, und, wie ich Ihnen schon gesagt habe, ich richte mich nach Niemand.

Seit Erschaffung der Welt zählen wir, glaub ich, fünftausend Jahre; diese Angabe scheint mir viel geringer, als die Dauer des Weltalls. Das Brandenburgische Land hat diese ganze Zeit hindurch existirt, ehe ich auf der Welt war. Eben<38> so wird es noch da sein, wenn ich schon todt bin. Die Staaten erhalten sich durch die Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts, und so lange man noch an Vermehrung desselben mit Vergnügen arbeitet, werden sich auch Minister oder Regenten finden, die das Volk beherrschen. Etwas mehr Thorheit, etwas mehr Weisheit — das läuft ziemlich auf Eins hinaus. Die Nuancen sind so klein, daß das Volk, im Ganzen genommen, sie kaum bemerkt.

Wiederholen Sie mir also, lieber Marquis, das alte Hofgeschwätz nicht länger, und bilden Sie Sich nicht ein, daß mich die Vorurtheile der Eigenliebe und der Eitelkeit blenden, oder mich auch nur zur kleinsten Veränderung meiner Gesinnungen bewegen könnten. Man endigt ein unglückliches Leben nicht aus Schwachheit, sondern aus überdachter Klugheit, die uns überzeugt, daß der Zustand, in welchem uns Niemand schaden, und Nichts unsere Ruhe stören kann, der glücklichste für uns ist. Wie viel Gründe hat man nicht in einem Alter von fünfzig Jahren, das Leben zu verachten.' Mir bleibt keine Aussicht übrig, als daß ich ein kraftloses, schmerzhaftes Alter, Kummer, Betrübniß über ehemaliges Glück, Schande und Beschimpfungen haben werde.

In der That, wenn Sie Sich in meine Lage hineindenken, so werden Sie meinen Vorsatz weniger tadeln, als jetzt. Ich habe alle meine Freunde, meine geliebtesten Verwandten verloren; mich trifft jede nur mögliche Art von Unglück; mir bleibt gar keine Hoffnung übrig; ich sehe mich von meinen Feinden verspottet, und ihr Stolz trifft Anstalten, mich unter die Füße zu treten. Ach! Marquis : Wenn Alles uns verläßt, die Hoffnung selbst uns flieht, Dann wird das Leben Schmach und eine Pflicht der Tod. Mehr weiß ich nicht hinzuzusetzen. Ihrer Neugierde erzähle ich, daß wir vorgestern über die Elbe gingen, und morgen nach Leipzig marschieren, wo ich den 31sten zu sein gedenke. Da schlagen wir uns hoffentlich, und von daher sollen Sie<39> Nachrichten von uns bekommen, so wie die Vorfälle sie geben werden. Leben Sie wohl, lieber Marquis. Vergessen Sie mich nicht, und sein Sie von meiner Hochachtung überzeugt."

29. Oktober 1760

Der König in Düben.

30. Oktober 1670

In Eilenburg.

31. Oktober 1750

Der König an Voltaire:

"Ich bin Ihnen verbunden, daß Sie Antheil an einigen flüchtigen Gunstbezeigungen nehmen, die ich der Glücksgöttin entwandt habe. Seit der Zeit sind die Russen in Brandenburg eingebrochen. Ich eilte hinzu; sie entflohen aber sogleich, und ich wandte mich nun nach Sachsen, wo die Umstände meine Gegenwart erfoderten. Wir haben noch zwei lange Monate zu diesem Feldzuge vor uns. Der jetzige ist der härteste und ermüdendste von allen gewesen. Mein Körper empfindet es, meine Gesundheit nimmt ab, und mein Geist vermindert sich in dem Verhältnis wie seine Behausung den Einsturz drohet.

Ich weiß nicht, was für einen Brief von mir an den Marquis d'Argens man aufgefangen haben mag; vielleicht ist er von mir, vielleicht auch in Wien fabricirt. etc. – etc. - etc. Ihr Eifer entbrennt gegen die Jesuiten und gegen die mancherlei Arten von Aberglauben auf der Erde. Sie thun sehr wohl daran, daß Sie gegen den Irrthum kämpfen; aber glauben Sie, daß die Welt sich ändern wird? Der menschliche Geist ist schwach; mehr als drei Viertel von uns sind zur Sklaverei des ungereimtesten Fanatismus geschaffen. Die Furcht vor dem Teufel und der Hölle wirft den Leuten eine Decke vor die Augen, und sie verabscheuen den Weisen, der ihnen Licht geben will. Der große Haufen unsers Geschlechtes ist albern und boshaft. Ich suche an ihm vergeblich das Bild Gottes, wozu er, wie die Theologen versichern, geschaffen sein soll. Jeder Mensch hat ein wildes Thier in sich; nur wenige wissen es zu fesseln, die meisten lassen ihm<40> den Zügel schießen, wenn sie nicht durch die Furcht vor den Gesetzen davon abgehalten werden.

Sie finden mich vielleicht zu misanthropisch. Ich bin krank, ich leide Schmerzen und habe mit einem halben Dutzend boshafter Geschöpfe beiderlei Geschlechts zu thun, die selber einen Sokrates und Antonin aus der Fassung bringen würden. Sie sind glücklich, daß Sie Kandidens Rath befolgen und Sich darauf einschränken, Ihren Garten zu bauen. Nicht Jedem ist es vergönnt, eben das zu thun. Der Stier muß Furchen ziehen, die Nachtigall singen, der Delphin schwimmen und ich — Krieg führen.

Je länger ich dies Handwerk treibe, desto mehr überzeuge ich mich, daß das Glück den größten Antheil daran hat. Lange werde ich es, glaube ich, wohl nicht mehr thun; meine Gesundheit verfällt zusehends, und ich könnte wohl bald abreisen, um Virgil'n von der Henriade zu unterhalten, und in jenes Land hinabzugehen, wo unser Kummer, unsere Freuden und unsere Hoffnungen uns nicht nachfolgen, wo Sie mit Ihrem herrlichen Genie und der Troßtknecht einerlei Werth haben, kurz, wo man sich wieder in dem Zustande befindet, der vor der Geburt vorher ging.

Vielleicht wird Ihnen in Kurzem das Vergnügen zu Theil, mein Epitaphium zu verfertigen. Sie werden von mir sagen, daß ich die guten Verse liebte und schlechte machte; ferner, daß ich nicht stumpfsinnig war, um Ihre Talente nicht hochzuschätzen. Kurz, Sie werden von mir eben so Rechenschaft geben, wie Babuck dem Engel Ituriel in Paris 40-+.

Das ist für die Lage, in der ich bin, ein langer Brief! Ich finde ihn ein wenig schwarz; indeß soll er doch abgehen, wie er ist. Er wird unterweges nicht aufgefangen werden und in der tiefen Vergessenheit bleiben, zu der ich ihn verdamme. etc."

<41>

1. Oktober 1760

Es gehen noch zwei Corps der Alliirten bei Emmerich und bei Roes über den Rhein.

2. Oktober 1760

Gefecht bei Wittenberg. General Hülsen gegen die Reichstruppen. Ersterer muß sich zurück ziehen. Er geht über Coswig ins Lager bei Mühlstadt.

?? Oktober 1760

Die Preußen verlassen Leipzig, daß nun also ganz Sachsen bis auf Wittenberg in den Händen der Feinde war.

3. Oktober 1760

Wittenberg von den Reichstruppen berennt.

3. Oktober 1760

Die Russen unter dem General von Tottleben 41-+ 4) vor Berlin. Die Stadt wird aufgefodert, und da der Commandant, General von Rochow, eine abschlägige Antwort giebt, aus drei vor dem Halleschen und Cotbusser Thore errichteten Haubitz-Batterien beschossen, doch ohne Schaden zu thun. Darauf versuchten die Russen mit 300 Grenadieren das Hallesche Thor zu erstürmen, sie wurden aber mit Verlust zurückgeschlagen.

3. Oktober 1760 bis 4. Oktober 1760

In der Nacht langten zwei Kavallerieregimenter vom Corps des Herzogs von Würtemberg in Berlin an, und rückten den 4ten früh vor dem Halleschen Thore dem Feinde entgegen.<42> Abends kam auch die Infanterie des Herzogs von Würtemberg an. Tottleben hatte sich schon mit einem Theil seiner Truppen nach Cöpnik, welcher Stadt er sich bemächtigt hatte, zurückgezogen, um sich dem anrückenden General Czernitschef zu nähern.

5. Oktober 1760

Der Herzog von Würtemberg rückt mit seinem Corps vor das Hallesche Thor, nöthigt die noch daselbst stehenden Russischen Truppen, sich ebenfalls nach Cöpnik zurückzuziehen und nimmt sein Lager auf den Höhen vor dem Halleschen Thore.

5. Oktober 1760

Der General Czernitschef kommt mit einem Corps bei Copnik an, weshalb der Herzog von Würtemberg sein Lager auf die Höhen vor dem Landsberger Thore verlegt.

7. Oktober 1760

Bricht Tottleben von Cöpnik auf und besetzt die Höhen zwischen Mariendorf und Steglitz, und mit einem andern Theil geht er wieder vor das Hallesche Thor und läßt die Stadt aufs Neue beschießen. Indeß langte auch ein Theil des Corps vom General Hülsen unter dem Oberst Kleist an, wobei es in der Gegend von Schönberg zu einem Gefecht kam, und dieses Dorf in Brand geriet. Kleist mußte sich nach Teltow zurückziehen, wo eben der General Hülsen mit den übrigen Truppen angelangt war. Während dieser Vorfälle hatte der General Czirnitschef sein Lager bei Lichtenberg, dem Herzog von Würtemberg gegenüber, genommen.

Das Hülsensche Corps, welches sich Tottleben entgegenstellte, hatte diesen General wieder zum Zurückzug veranlaßt, um sich an die anrückenden Oestreicher unter Laszy anzuschließen.

8. Oktober 1760

Erhalten dle Russen Unter Czernitschef eine Verstärkung von 9 Bat., 5 Eskadr. und einer zahlreichen Artillerie, welche sich bei Weissensee lagern. Der Herzog von Würtemderg suchte dies zwar zu verhindern, was eine lebhafte Kanonade verursachte, die aber nichts entschied.

8. Oktober 1760

Gegen Abend langte nun auch das Oestreichische Corps unter<43> Laszy in Mariendorf, 1 Meile von Berlin, an, welcher sogleich durch den Fürsten von Lichtenstein die Stadt auffodern ließ, aber abschlägige Antwort erhielt. Da nun die Feinde, Russen und Oestreicher zusammen, an 30000 Mann stark waren, die Preußen unter dem Herzog von Würtemberg und Hülsen aber überhaupt kaum 14000 Mann hatten, so hielten es diese Generale für rathsamer, dem Könige dies Corps zu erhalten, als es auf ein so gewagtes Spiel zn setzen, wo im Fall, daß es geschlagen würde, das Schicksal der Hauptstadt unendlich verschlimmert werden müßte. Beide zogen sich also in der Nacht auf den 9ten nach Spandau zurück. Bei Anbruch des Tages wurde die Arriere-Garde, welche das Freibataillon Wunsch, die Fußjäger und etwa 100 Husaren und Dragoner machten, von den Kosacken verfolgt und theils niedergemacht, theils gefangen genommen. Vorher schon war Tottleben vor das Cotbusser Thor gerückt und hatte die Stadt wiederholt aufgefodert, nach erhaltener abschlägiger Antwort aber von Neuem bombardiren lassen.

9. Oktober 1760

Früh um 3 Uhr schickte nun der Commandant von Rochow zwei Officiere, Major Wegener und Rittmeister Wangenheim, an den General Tottleben, und bot ihm eine Capitulation an, die dann auch abgeschlossen wurde. Sie lautete wie folgt :

1) Die Garnison und Alles, was zum Militär gehört, erhält freien Abzug samt ihren Effecten, wozu ihnen Vorspann gegeben wird.

2) Was vom Militär krank ist, genießet bis zur Genesung alle Sicherheit und hiernächst auch freien Abzug und Vorspann zur Fortbringung ihrer Sachen.

Antwort auf 1 und 2. Der Herr Commandant, alle Herren Generals, Stabs- und andere Officiere, wie auch alle Soldaten, sie gehören zur Garnison oder nicht, sie mögen dienen oder sonst in Berlin sich aufhalten,<44> Kranke und Invaliden, so noch Dienste thun können, in Summa alle die, so in Berlin und auf dieser Seite sind, müssen sich zu Kriegsgefangenen ergeben und zum Thore ausmarschiren, das Gewehr strecken und die Thore der Stadt von mir besetzen lassen. Die lahm oder Krüppel sind, bleiben hier, aber wegen ihrer soll eine Specification gegeben werden. Die Herren Officiers behalten ihre Equipage. Es muß auch eine Specification von allen gefangenen Officiers, Unterofficiers und Gemeinen, so hier sind, beigebracht werden, und sollen morgen früh um 7 Uhr bei dem Cotbusser Thore sein.

3) Die Garnison nimmt alle vorhandene Ammunition, Geschütze und Montirungsstücke mit. Antwort Die Artillerie und Kriegsammunition muß, ohne das allermindeste zu verheelen, sondern laut Specification an mich übergeben werden.

4) Das Königliche Schloß, die Prinzlichen Palais und andere öffentliche Gebäude erhalten Sauvegarde und werben wie geheiligte Schutzörter angesehen und gehalten. Antwort: Da alle übrigen Häuser unbeschädigt und von aller Plünderung frei sein sollen, um so vielmehr soll dies den Königlichen Häusern widerfahren.

5) Alle Kriegsgefangene, so von der Kaiserlich Russischen Armee allhier sein und sich hier befinden, werden von der Garnison mitgenommen.

6) Die außer der Garnison hier befindlichen Militärbediente, wie auch von denen Alliirten, werden getreulich angegeben, keine Königl. Kassen und Kriegsammunitionen, Proviantmagazine und Fourage werden verheelt.

7) Sobald die Russische Garnison einrückt, soll die Stadt vor allen Anfällen der Truppen, sowohl Kaiserl. Russischer Seite, als von deren Alliirten sichern Schutz haben. Berlin, den 9. Oktbr. 1760. von Rochow.<45> Antwort auf 5, 6 und 7. Alle Gefangene, Sachsen und Schweden, Oestreichische und Französische Truppen, wie auch die von der Reichsarmee, und in Summa alle Gefangene von denen Alliirten Armeen, so hier sind, müssen sofort an mich übergeben werden, und es muß nichts verheelet werden, worin es wolle, nemlich von der Garnison, und aller Kriegsammunition und Gefangenen.

Was die Stadt Berlin für Contribution und baare Brandschatzung zu erlegen, wird der Herr Brigadier von Bachmann, als welchen ich zur Errichtung der Capitulation hiermit bevollmächtige, a parte aufgeben.

Im Lager bei Berlin, den 9. Oktbr. 1760.
Graf Tottleben. von Rochow.

Capitulationspunkte, welche accordirt zu erhalten die Stadt Berlin von der Gnade Ihro Russisch Kaiserl. Majestät und des commandirenden Herrn Generals Hochgräflichcn Excellenz bekannten Generosität hoffet :

1) Daß den hiesigen Residenzien und sämtlichen Einwohnern alle ihre Privilegia, Freiheiten und Gerechtigkeiten verbleiben, auch Nahrung und Gewerbe, Fabriken und Künste in ihrem bisherigen Gange gelassen werden.

2) Das freie Religionserercitium und der öffentliche Gottesdienst bei der bisherigen Verfassung, ohne die mindeste Veränderung, bleibe.

3) Sämtliche Städte und Vorstädte von Einquartierung verschonet, auch den leichten Truppen nicht verstattet werde, in die Städte und Vorstädte einzudringen.

4) Sollte die Notwendigkeit erfodern, einige reguläre Truppen in die Städte und Vorstädte zu verlegen, so geschiehet solches nach denen bisherigen Städtischen Verfassungen, und bleiben diejenigen, so sonsten erimiret gewesen, ferner bei ihrer Freiheit.<46> 5) Alle Einwohner überhaupt, und wessen Standes und Würde sie sein, bleiben in dem ruhigen Besitz des Ihrigen, und wird allen Unordnungen und Plünderungen in sämtlichen Städten und Vorstädten, auch des Magistrats Dörfern und Vorwerken gesteuert.

6) Kirchen, Schulen, Hospitäler und allen piis corporibus, nicht minder deren Bedienten sowohl, als andern Civilbedienten bleiben ihre bisherigen Einkünfte und deshalb gemachte Einrichtungen.

7) Es werden denen hiesigen Königlichen Collegiis, also auch dem Landschaftlichen und Magistratscollegio, auch Stadtgerichte, ihre Archive und Registraturen, nicht minder alle bisherigen Einkünfte, da solche mit den König!. Kassen keine Connerion oder Verbindung haben, ferner gelassen.

8) Der Handel zu Wasser und zu Lande, in und außerhalb Landes, wird fernerhin sicher und ungestört getrieben.

9) Der Lauf der Posten wird nicht gehemmt, und freie Passage und Zufuhr wird überall gestattet.

10) Die Polizeiverfassung bleibet auf dem alten Fuß, und werden alle Zünfte und Gilden bei ihren Privilegiis gelassen, und ihnen weder in Ansehung ihrer Personen als Metiers, Gesellen und Lehrburschen, das geringste in Weg gelegt.

11) Wird der Stadt Berlin die Garantie geleistet, daß die Capitulation auch, in Ansehung sämtlicher mit Ihrer Russisch Kaiserlichen Majestät verbundenen Mächte und deren Truppen, ihre Vollgültigkeit habe, und derselben auf keine Weise weiter etwas zu gemuthet werden solle.

12) Da auch noch ein und andere Puncte, so zum wesentlichen Besten der Stadt gereichen, und eine Folge der gnädigst promittirten Protection Ihrer Russisch Kaiserlichen Majestät anzusehen, hier nicht völlig enthalten sein; so wollen des commandirenden Generals Hoch<47>gräfl. Exzellenz auf geziemendes Ansuchen des Magistrats sowohl, als die etwan nöthig seienden Sauvegardes, hiernächst noch separatim verwilligen.

13) Dahingegen werden von der Stadt Berlin statt des gefoderten Mehls, Rationen und Portionen, da solche keinen Ackerbau oder andere Gelegenheit dergleichen anzuschaffen hat, dem unter dem Commando Sr. Hochgrafl. Excellenz stehenden Corps ein Douceur von 100000 Reichsthaler, für das Corps des Herrn Generals Czernitschef Excellenz und für das Corps des Herrn Generals von Lascy Excellenz 100000 Rthlr. morgen früh bezahlet, und cessiren alsdann alle weitere Anfoderungen, sie haben Namen wie sie wollen.

Die Kaiserliche Contribution betreffend unterwirft sich die Stadt, wegen der pro Ultimo gefoderten 1½ Million Thaler, lediglich Ihrer Russisch Kaiserlichen Majestät weltgepriesener Gnade, im mildesten Betracht der bekannten und notorischen Armut der mehresten Einwohner, und hoffet durch die vielgültige Vorsprache der hohen Russischen Generalität, wegen dieser großen Summe, noch eine ansehnliche Milderung zu erhalten.

Inzwischen verbindet sich die hiesige Kaufmannschaft über die ganze Summe einen Wechsel, in 6 Tagen zahlbar, Sr. Hochgräfl. Excellenz auszuhändigen, mit dem Vorbehalt, daß, was in diesen 6 Tagen, auf Abschlag dieser Summe, in Silbermünze zusammengebracht werden könne, darauf angenommen werde, und wird die Kaufmannschaft wegen des Ueberrestes Wechsel in Ducaten zu 4 Thlr. jedes Stück gerechnet, und in 2 Monat zahlbar extradiren.

Uebrigens erhält die Stadt die Versicherung, daß, außer denen in dieser Capitulation stipulirten Geldsummen, von den übrigen, vor oder in der Stadt stehenden, oder noch anrückenden Oestreichischen Truppen, keine wei<48>tere Contribution oder Douceurgelder zu bezahlen, noch Naturalverpflegung zu übernehmen weiter zugemuthet werden solle. Berlin, den 9. Oktbr. 1760.
Graf Tottleben.

Hierauf kam der General-Major Graf Tottleben, die Generale Fürst Dolgorucki und von Panin und der Brigadier von Bachmann etc. in die Stadt, und es rückten zugleich einige reguläre Kavallerie und Infanterie mit ihren Feldstücken zum Cotbusser Thore ein 48-+. Die Thorwachen und auch die Schloßwache wurden von den Russen besetzt, die Garnison mußte das Gewehr strecken und ward abgeführt. Der Brigadier von Bachmann war zum Commandanten ernannt worden. Der General Graf Tottleben nahm sein Quartier in der Brüderstraße in dem Montgobertschen, ehemals St. Vincentschen Hause (jetzt Nr. 39), der General Czernitschef hatte sein Hauptquartier in Friedrichsfelde auf dem damals Markgräflichen Schlosse genommen. Der Oestreichische General von Laszy, als er von Tottleben benachrichtigt ward, daß die Stadt mit ihm capitulirt habe, war damit höchst unzufrieden und verlangte gleichen Theil daran zu haben, er ließ das Hallesche Thor mit Gewalt besetzen und wollte gegen die Capitulation protestiren. Nach vielen Streitigkeiten wurden den Oestreichern 50000 Thlr. von den Douceurgeldern zugesichert und ihnen 3 Thore zu besetzen nachgegeben. Sie drangen aber bald mit einigen Tausend Mann in die Stadt ein und nahmen die ganze Friedrichstadt zu ihren Quartieren, wo sie große Exesse verübten 48-++, wogegen die Russen die strengste und rühmlichste Mannszucht hielten.

<49>

Der Graf Tottleben hatte von dem General en Chef Reichsgrafen von Fermor die gemessensten Befehle, mit Berlin ohne Schonung zu verfahren, 4 Millionen in altem Gelde zu erheben, alle Königl. Fabriken, Münzen, das Gießhaus und alle dergl. Anstalten zu ruiniren 49-+ etc. Dennoch wurde die Stadt weit weniger hart behandelt, als man allen Umständen nach fürchten mußte. Sie verdankte dies sowohl Tottleben selbst, der auch später beschuldigt ward, zu viel Nachsicht gehabt und nicht, wie er gesollt und ihm von Fermor befohlen worden, gehandelt zu haben, und in Untersuchung kam, als auch dem Commandanten Wachmann. Diesem wollte die Stadt ein Geschenk von 10000 Thlr. machen, allein er schlug es mit den Worten aus: "Glaubt die Stadt, daß ihr Schicksal durch unsere Mannszucht erträglicher ist, als es hätte sein können, so hat sie es dem ausdrücklichen Befehl unserer Kaiserin zu danken; ich für mein Theil bin durch die Ehre, drei Tage Commandant in Berlin gewesen zu sein, hinlänglich belohnt."

Bei aller Schonung, welche der Stadt zu Theil ward, war das Unglück sowohl für sie, als auch für den König, immer noch sehr groß. Das Zeughaus, darin außer 86 Stück Geschützen, nach Andren 143, eine Menge Gewehre, Säbel, Pistolen und andere Armatursiücke, die eroberten Fahnen etc. (Schwedische und Sächsische, die Oestreichischen waren schon vorher nach Magdedurg geschafft worden), desgl. Kugeln, große Vorräthe von Schwefel und Salpeter etc. befindlich<50> waren, und die Montirungskammern wurden gänzlich ausgeräumt, so auch die Proviant, und Fourage-Magazine, und alles, was wegen Kürze der Zeit nicht fortgeschafft werden konnte, wurde vernichtet, ins Wasser geworfen oder verbrannt; Anderes um ein Spottgeld verkauft, z. B. Salz, die Tonne für 1 Thlr., wofür überhaupt 1500 Thlr. gelöst wurden. Aus Königl. Kassen wurden 62000 Thlr. 50-+, und aus dem Königl. Marstalle alle Pferde, Kutschen und Geschirre weggenommen. Das Gießhaus sollte in die Luft gesprengt werden, doch begnügte man sich endlich damit, die Maschinen und Oefen zu ruiniren. Gleiches geschah in der vor dem Thore befindlichen Pulverfabrik; ein Pulvermagazin flog dabei in die Luft. Auch in der Münze wurden die Maschinen unbrauchbar gemacht. Nicht ohne viele Mühe erlangte man, daß das Lagerhaus und die Gold- und Silbermanufactur, als eigentlich nicht Königliche Manufakturen, obschon Fermor sie auf die Liste der zu zerstörenden Gegenstände gesetzt hatte, verschont wurden. (S. Gotskowsky) 50-++.

Die Bürgerschaft hatte ebenfalls ihre Gewehre abliefern müssen, die theils zerschlagen, theils mitgenommen wurden. Einen sehr schmerzlichen Eindruck machte es, als man auch die Kadetten, fast alle noch Kinder, da man die erwachsenern zur Armee geschickt hatte, als Gefangene abführen sah. Die Zahl aller Gefangenen, inclus. der Kadetten, betrug 4499 Mann.

Eine andere traurige Scene war die beschlossene Execution<51> der beiden Berliner Zeitungsschreiber Krause und Kretschmer. Man gab ihnen Schuld, in die Zeitungen allerlei Dinge aufgenommen zu haben, wodurch die mit Preußen in Krieg befindlichen Mächte beleidigt worden 51-+; auch hielt man sie für die Verfasser der sogenannten Bauerngespräche (s. 2. Abtheil. S. 335), und anderer gegen sie gerichteten Flugschriften, deswegen sollten sie nun mit Gassenlaufen bestraft werden. Zu diesem Behuf hatte sich auf dem Neuen Markt ein Russisches Commando von ungefähr 100 Mann aufgestellt, denen von einem Profos die Ruthen ausgetheilt wurden, darauf holte man (den 12ten früh um 8 Uhr) die beiden Unglücklichen aus der Neuen Marktwache, wo sie gefangen saßen, und führte sie vor die Gasse, wo sie entkleidet wurden und der zu Pferde commandirende Officier ihnen die zuerkannte Strafe bekannt machte. Der Redacteur der Spenerschen Zeitung, Joh. Victor Krause, ein 68jähriger Greis, umfaßte den Fuß des Officiers, nahm seine Perücke vom Haupt und zeigte sein eisgraues Haar, indem er weinend um Gnade bat, die ihm der Officier auch sogleich gewährte, und ihn freiließ. Der Vossische Redacteur, Kretschmer, erhielt salva fama einige Hiebe, und ward dann ebenfalls entlassen.

Alsdann wurden alle jene anstößigen Schriften, die man in den Buchhandlungen, und wo man sie sonst hatte auffinden können, weggenommen hatte, auf dem Neuen Markt an dem daselbst zum Galgen oder Pranger dienenden Pfahl auf einen Haufen geschüttet und verbrannt.

Außer den Bauerngesprächen waren auch folgende dabei : Beweis, daß der Kaiser zur Absetzung reif ist; Anfrage, ob und warum gewisse Völker in Europa wirklich Anlage haben, und Lust bezeigen, Menschenfresser zu werden; die Lebensbeschreibung des Grafen Brühl etc. Der Verfasser dieser Schriften war der ehemals auch in Oestreichischen Diensten gestan<52>dene Bergrath von Justi. Er ward in Berlin, wo er sich damals wirtlich aufhielt, von den Russen sehr eifrig aufgesucht, aber sein Versteck nicht gefunden.

Bei der vor den Thoren lagernden Armee konnten die Mannszucht und Ordnung, besonders in Betreff der irregulären Truppen, nicht so streng gehandhabt und nicht alle Excesse verhindert werden. Das Lustschloß der Königin, Schönhausen, wurde fast gänzlich ruinirt, und auch in Charlottenburg verübten die Sächsischen Dragoner vom Brühlschen Regiment große Ausschweifungen, das Schloß wurde geplündert, die kostbaren Möbel, Spiegel und viel Porzellan zerschlagen, viele Antiken aus der Polignacschen Sammlung verstümmelt, und mehrere Gemälde geraubt. Dagegen der in Potsdam stehende Oestreichische General Graf Esterhasy die größte Achtung für den Aufenthalt des Königs, sowohl in der Stadt, als in Sanssouci, äußerte und in seinen Schutz nahm, so daß nichts geraubt und nichts beschädigt wurde. Der Graf bat sich bloß zum Andenken ein Gemälde aus, das ihm auch sehr willig verabfolgt wurde.

Der Marquis d'Argens schrieb darüber an den König :

- etc. "Unstreitig wissen Sie schon, Sire, daß man weder zu Potsdam noch zu Sanssouci die geringste Verwüstung angerichtet hat. In Charlottendurg aber hat man die Tapeten und die Gemälde geplündert; allein durch einen sonderbaren Zufall hat man die drei schönsten zurückgelassen : die zwei Schildereiläden von Watteau, und das Bildniß der Frau, die Pesne zu Venedig malte.

Die Antiken hat man bloß umgeworfen, wodurch von einigen die Köpfe und Arme zerbrochen worden etc. — Der Kastellan war genöthigt, sich in bloßem Hemde und halb todt nach Berlin zu flüchten. etc."

Ueber das edle und rühmenswerthe Verhalten des Grafen Esterhasy in Potsdam hat der Königl. Intendant folgendes Zeugniß ausgestellt :

<53>

Que son Excellence Mrs. le Comte d'Esterhasy, Général des Armées de sa Maj. Imp. et Roy pendant le sejour qu'il a fait avec le corps de Trouppes sous ses Ordres dans le Chateau Royal de Sa Maj. Prussienne, et à son départ, a fait observer le meilleur ordre et une disciplin exacte; qu'il en a usé avec tous les Egards convenables envers la maison d'un Souverain, et qu'on a laissé tout sans le moindre dommage ou dégat. C'est ce que le soussigné de même que toutes les personnes de la Cour de sa Majesté Prussienne qui se trouvent ici, ne sauroient se disponser d'avouer et de reconnoitre, à l'honneur particulier de son Excellence par le present temoignage.

A Potsdam, ce 11. Octbr. 1760.
F. Neuffer,
Intendant des Batimens et des Jardins du Roi.

Laszy und Czernitschef, die darüber aufgebracht waren, daß Tottleben ihnen mit Abschließung einer Capitulation zuvor, und sie mit ihrer Aufforderung zu spät gekommen waren, waren nicht übel Willens, ihren Unmut durch Berennung eines Theiles der Stadt auszulassen, das nur durch die sehr eindringlichen Vorstellungen des in Berlin sich aufhaltenden Holländischen Gesandten von Verelst 5) verhindert ward, daher ihre Wuth und Wildheit nun auf die Köngl. Schlösser zu Charlottenburg und Schönhausen fiel (Hinterl. Werke IV. 135). An den Hern von Verelst erließ der König folgendes Danksagungsschreiben :

"Herr von Verelst! Ob ich gleich bis jetzo nur aus den unbestimmten öffentlichen Gerüchten die Sorgfalt und Dienstfertigkeiten vernommen habe, die Sie während des jüngst meiner guten Stadt Berlin überkommenen Unsterns angewendet haben, um den<54> Leuten in der Stadt wider die Härte und Grausamkeiten, welche der Feind an ihnen zu verüben gedachte, beizustehen und selbige zu mildern, so habe ich doch nicht umhin gekonnt, Ihnen so fort deswegen zu danken, und Ihnen zu bezeigen, wie gerührt ich über die Regungen der Menschenliebe bin, die Sie bei dieser Gelegenheit so großmüthig bewiesen haben. Seyn Sie versichert, daß ich das Andenken daran niemals aus dem Gedächtniß verlieren, und bei allen sich ergebenden Vorfällen mir eine Schuldigkeit daraus machen werde, Ihnen eine vollkommene und ausnehmende Hochachtung und Erkenntlichkeit zu bezeigen; der ich übrigens Gott bitte, daß er Sie Herr von Verelst, in seine heilige Obhut nehme.

Aus meinem Hauptquartier zu Jessen,
den 22. Oktbr. 1760.
Friedrich."

Auch an den Grafen Esterhasy hatte der König ein sehr verbindliches Dankschreiben erlassen.

12. Oktober 1760

Der General Fermor, welcher in Frankfurt a. O. stand, hatte indessen nicht sobald erfahren, daß der König aus Schlesien im Anmarsch sei, als er dem Grafen Tottleben den Befehl zuschickte, sogleich bei Ansicht desselben aufzubrechen und sich zurückzuziehen. Tottleben setzte sich auch ungesäumt in Marsch und ging den 12ten Abend von Berlin über Cöpnik und Fürstenwalde nach Frankfurt a. O. Nach seinem Bericht scheint es, daß er "die schöne, alte Sächsische Artillerie, welche im Gießhause ohne Laffetten lag, und zu deren Fortbringung allein einige hundert Pferde erfoderlich waren," in deren Ermangelung nicht hat mitnehmen können.

Czernitschef war schon am 12ten früh vor Tage ebenfalls nach Frankfurt, und das Laszysche Corps am Morgen desselben Tages über Trebbin nach der Elbe zu abgezogen.

Anmerk. Wir haben es der deutlichern Uebersicht wegen für nöthig erachtet, die Berlin betroffenen Schicksale ohne Unterbrechung anzuführen, und kehren nun zu den übrigen gleichzeitigen Ereignissen zurück.

<55>

3. Oktober 1760

Der Oberst Ditfurth unter dem Erbprinzen von Braunschweig besetzt Kleve, das Schloß capitulirt, und der Commandant von Baral mit 17 Officieren und 463 Mann ergeben sich zu Kriegsgefangenen.

4. Oktober 760

Der Erbprinz von Braunschweig läßt Wesel einschließen.

10. Oktober 1760 bis 11. Oktober 1760

Die Alliirten eröffnen die Laufgräben vor Wesel.

14. Oktober 1760

General von Salemnon übergiebt Wittenberg an die Reichsarmee.

16. Oktober 1760

Gefecht bei Kloster Kampen. Der Erbprinz schlägt die Franzosen unter de Castries. Ihr Verlust war 2545 Mann. Die Alliirten verloren 1612 Mann. Hier fand die Heldenmüthige That des Ritters d'Assas, Capitain im Regiment Auvergne, Statt. Englische Grenadiere umringten ihn in der Nacht und drohten ihm den Tod, wenn er einen Laut von sich geben würde. Er rief dennoch seinen Leuten zu: "A moi, Auvergne, voici l'ennemi!" und ward augenblicklich niedergestoßen.

17. Oktober 1760 bis 18. Oktober 1760

Der Erbprinz von Braunschweig hebt die Belagerung von Wesel auf.

19. Oktober 1760

Die Schweden ziehen sich vor den anrückenden Preußen nach Stralsund zurück.

20. Oktober 1760 bis 22. Oktober 1760

Laudon läßt Cosel einschließen.

23. Oktober 1760

Die Reichstruppen räumen Wittenberg, das von Preußen besetzt wird.

25. Oktober 1760

George II, König von England, stirbt.

26. Oktober 1760

Cosel wird bombardirt.

27. Oktober 1760

Die Schweden gehen über die Peene zurück.

28. Oktober 1760

Laudon zieht vor Cosel ab.

31. Oktober 1760

Leipzig wird von den Preußen unter General Linden wieder genommen.

In diesem Monat übergiebt der Generalfeldmarschal Soltikof das Obercommando der Russischen Armee an den Generalfeldmarschall Butturlin.

<56>

November.

A.

1. November 1760

Der König in Thalwitz.

2. November 1760

In Langen-Reichenbach.

3. November 1760

Schlacht bei Torgau. Die Armee des Königs siegt über die Oestreicher unter Daun. Nach Gaudi betrug die Stärke der Preußischen Armee 44000 Mann, die der Oestreichischen 64 bis 65000 Mann, mit Ausnahme der leichten Truppen unter den Generalen Ried und Brentano. Der Verlust war auf beiden Seiten sehr groß. Die Preußen verloren nach Gaudi, incl. 3000 Gefangene, 12 bis 13000 Mann, unter den Gefangenen waren 2 Generale, 9 Stabs- und 83 Subalternofficiere, unter den Todten 10 Stabsofficiere. Tempelhof giebt den Verlust, incl. 4000 Gefangene, auf 13 bis 14000 Mann an, auch gingen 27 Fahnen verloren. Der Verlust der Oestreicher betrug nach Gaudi 16000 Mann, incl. 7000 Gefangene, unter diesen 4 Generale, 13 Stabsund 202 Subalternofficiere, unter den Todten befanden sich 2 Generale und 9 Stabsofficiere. Der Feldmarschall Daun ward verwundet. Sie verloren 49 Geschütze, 29 Fahnen und 1 Standarte. Nach Tempelhof hatten sie 20000 M., incl. 8000 Gefangene, 45 Kanonen und 7pfündige Haubitzen verloren. Die Oestreicher selbst gaben ihren Verlust auf 11000 Mann an.

Die Schlacht war eine der mörderischsten, und der Sieg der Preußen anfänglich sehr zweifelhaft. Der König ward von einer Kartätschkugel auf der Brust getroffen, die eine starke Kontusion verursachte, und zwei Pferde waren unter ihm erschossen worden. In dieser Krisis wurde ihm der Tod des Obersten Anhalt, den er sehr liebte 6), gemeldet, er wandte sich zu dem Grafen Anhalt, seinem Flügeladjutanten, und sagte: "Heute geht Alles schlimm. Alle meine Freunde verlassen mich, so eben meldet man mir den Tod Ihres Bruders." Endlich führte noch spät, als die Schlacht<57> schon über 6 Stunden ohne Entscheidung gewüthet hatte, der Scharfblick und die muthige Entschlossenheit Saldern's, Ziethen's und Möllendorf's durch Eroberung der Süptitzer Höhen den Sieg herbei.

Der König ging nach der Schlacht unter starker Bedeckung, die unterwegs noch ganze Comagnien und Detachements vom Feinde, die sich verirrt hatten, gefangen nahm, nach dem Dorfe Elsnig, und da hier schon alle Häuser so voll von Verwundeten waren, daß der König kein Unterkommen finden konnte, so ließ er sich die Kirche aufschließen, wo er dann, weil es noch ungewiß war, ob nicht der Kampf am andern Tage noch nothwendig sein dürfte, auf den Stufen des Altars die weitern Dispositionen und Anordnungen niederschrieb und an die Generale abschickte. Nachdem er nur wenige Stunden Ruhe genossen, war er am 4ten schon früh um 4 Uhr wieder bei der Armee, die ihr Lager auf dem Schlachtfelde genommen hatte. Hier gab er sogleich den Befehl, daß alle Feldscheerer der Armee sich auf das Schlachtfeld vertheilen, und ohne Unterschied Preußen und Oestreicher, die noch nicht verbunden wären, verbinden und in die nächsten Dörfer bringen sollten.

4. November 1760

Der König in Süptitz, dann in Torgau, das die Oestreicher geräumt hatten.

5. November 1760

Der König an d'Argens :

"Heute, den 5. November, lieber Marquis, erhalte ich einen Brief, den Sie mir am 25. Septbr. geschrieben haben. Sie sehen, daß unsere Correspondenz sehr regelmäßig ist. Gott! was ist seitdem vorgefallen! Wir haben die Oestreicher geschlagen; von ihnen und von uns sind außerordentlich viel Leute geblieben. Dieser Sieg verschafft uns vielleicht den Winter hindurch einige Ruhe; aber das ist auch Alles. Mit dem künftigen Jahre wird es von Neuem angehen. Ich bin von einem Schuß oben an der Brust gestreift worden; es ist aber nur eine Contusion, ein wenig Schmerz<58> ohne Gefahr. Das wird mich nicht abhalten, wie gewöhnlich thätig zu sein.

Ich bin mit einer Menge Verfügungen beschäftigt. Kurz, ich werde diesen Feldzug so gut als möglich endigen; und das ist Alles, was man von mir fodern kann. Uebrigens bleibt meine Art zu denken so, wie ich sie Ihnen vor acht Tagen zu erkennen gab. Leben Sie wohl, lieber Marquis, vergessen Sie mich nicht und sein Sie von meiner Freundschaft überzeugt."

6. November 1760

Der König in Cavertitz.

7. November 1760

In Muschwitz.

8. November 1760

In Meissen. (Der Verf. des Tagebuches eines Pr. Officiers von der Königl. Armee im Jahr 1760, Cölln a. R. 1781, p. 88 sagt: "Den 15ten nahm der König sein Hauptq. in Neustadt, den 27sten brach der König von Neustadt auf und ging nach Meissen "). (?)

10. November 1760

Der König an d'Argens (aus Meissen). "Aus dem Briefe, den ich Ihnen aus Torgau schrieb, müssen Sie jetzt Alles wissen, was mich betrifft. Sie werden daraus gesehen haben, daß meine Contusion nicht gefährlich war. Die Kugel hatte einen Theil ihrer Kraft verloren, weil sie einen dichten Pelz und ein sammtnes Kleid, das ich trug, durchdringen mußte, und so konnte das Brustbein ihrer Gewalt widerstehen. Indeß versichere ich Sie, daß ich daran am wenigsten dachte, da Sieg oder Tod mein einziger Gedanke war.

Ich habe die Oestreicher bis an die Thore von Dresden getrieben. Da stehen sie nun in ihrem Lager von, vorigen Jahre, und sie aus dem zu verdrängen, dazu reicht alle meine Geschicklichkeit nicht hin. etc.

In der That, das ist eine traurige Aussicht und ein geringer Gewinn für die unermeßlichen Beschwerden und Gefahren dieses Feldzugs. Mitten unter so vielen Widerwärtigkeiten habe ich keinen Beistand, als meine Philosophie; sie<59> ist ein Stab, auf den ich mich stütze, und mein einziger Trost in diesen unruhigen Zeiten, wo Alles zerrüttet wird.

Sie sehen, lieber Marquis, daß mich mein Glück nicht aufbläht. Ich stelle Ihnen die Umstände genau so vor, wie sie sind. Vielleicht denkt die Welt anders und läßt sich von dem Glanze blenden, den ein Sieg immer von sich strahlt.

Beneidet sind wir fern; doch hier — hier seufzen wir.

Dies geschieht öfters, als man es sich vorstellt, das können Sie gewiß glauben. Um die Umstände gehörig zu beurtheilen, muß man sie in der Nähe sehen. Wie ich es auch anfangen mag, ich erliege unter der Menge meiner Feinde. Darin besteht mein Unglück, und das ist die eigentliche Ursach von so vielen Unglücksfällen und Widerwärtigkeiten, die ich nicht habe vermeiden können. etc.

Mit dem Prinzen Ferdinand geht es schlecht, ich fürchte, die Franzosen werden die Vortheile, die sie in diesem Feldzuge über ihn erhalten haben, den Winter hindurch behaupten. Kurz, es ist um mich her so schwarz, als wenn ich tief im Grabe läge. Haben Sie einiges Mitleid mit meiner Lage. Ich verhehle Ihnen nichts, entdecke Ihnen aber meine Verlegenheiten, meine Besorgnisse, meinen Kummer noch nicht in ihrem ganzen Umfange.

Leben Sie wohl, lieber Marquis, schreiben Sie mir bisweilen und vergessen Sie einen armen Teufel nicht, der täglich zehnmal sein unglückliches Dasein verflucht und schon in den Gegenden zu sein wünscht, aus denen Niemand mit Nachrichten zurückkommt."

11. November 1760

Der König in Neustadt (bei Meissen) an Frau von Camas 7):

"Ich bin pünktlich, Ihnen zu antworten, und eile, Sie zufrieden zu stellen. Es ist doch sonderbar, wie das Alter sich einfindet! Seit vier Jahren habe ich darauf verzichtet, zu Nacht zu speisen, weil dies mit dem Handwerk, welches ich zu treiben genöthigt bin, unverträglich ist, und an den Tagen, wo ich auf dem Marsche bin, besteht mein Mittags<60>mahl in einer Tasse Chocolade. Ganz von unsern Siegen aufgeblasen sind wir wie toll und besessen hingelaufen, um die Oestreicher aus Dresden zu verjagen. Aber von ihren Bergen herab haben sie uns zum Narren gehabt. Da habe ich denn wie ein echter Fibelschütze flink wieder linksum gemacht, und vor Bosheit mich in eins der vermaledeiten Dörfer Sachsens verkrochen. Jetzt kommt es darauf an, aus Freiberg und Chemnitz die saubern Herren Kreiseler zu vertreiben, damit wir Brod und Obdach bekommen.

Es ist, Sie können es mir wahrlich glauben, ein rechtes Hundeleben, wie, außer Don Ouixote und mir, noch keine Seele dergleichen geführt hat. Alle die Plackereien, die kein Ende nehmen, haben mich dermaßen alt gemacht, daß Sie Mühe haben werden, mich wieder zu erkennen. An der rechten Seite meines Schädels sind mir alle Haare grau geworden; meine Zähne zerbröckeln und fallen mir aus; mein Gesicht ist gerunzelt, wie das Falbala eines Weiberrocks, mein Rücken gewölbt, wie der eines Mönchs von La Trappe. Das Alles kündige ich Ihnen deshalb an, damit, wenn wir uns ja einmal in Fleisch und Bein wieder sehen sollten, meine Figur Sie nicht zu widrig überrascht. Nichts als mein Herz bleibt mir übrig, welches keineswegs verändert ist, und welches, so lange ich athmen werde, die Gefühle der zärtlichsten Achtung und Freundschaft für mein Herzensmütterchen bewahren wird. Leben Sie wohl."

16. November 1760

Der König in Unkersdorf. An d'Argens :

- etc. - "Wir sind genöthigt, uns Grenzen zu machen, das heißt : wir verheeren Striche Landes, um den Feind zu verhindern, daß er uns in den Winterquartieren nicht beunruhigen kann. etc. — Urtheilen Sie nun von den Beschwerden und Unannehmlichkeiten, die ich erdulde, denken Sie Sich meine Verlegenheit, wenn ich Ihnen sage, daß ich den Unterhalt und den Sold meiner Armee durch allerlei Kunstgriffe anzuschaffen gezwungen bin. Außerdem habe ich nicht die<61> mindeste Gesellschaft, bin aller Personen, die ich liebte, beraubt, muß mir selbst Alles sein, und die sämtlichen Augenblicke meines Lebens zwischen fruchtloser Arbeit und tausend Besorgnissen theilen.

Sehen Sie da ein Gemälde, das nicht schmeichelt, wohl aber die Umstände und meine unangenehme Lage treu schildert. Wie sehr ist es verschieden, ob man diese Gegenstände aus einem weiten Abstande und durch ein täuschendes, verschönerndes Glas ansieht, oder ob man sie ganz in ihrer nahen Gestalt und ohne den falschen Glanz untersucht, der sie schmückt! Eitelkeit der Eitelkeiten! auch die Schlachten sind eitel. Ich schließe mit dieser Sentenz des Weisen, die Alles umfaßt und Betrachtungen enthält, die alle Menschen machen sollten und nur zu wenige machen. etc."

18. November 1760

Der König in Neustadt (bei Meissen).

24. November 1760

Der König an von Catt (aus Neustadt) :

"Sie sind zu einer Zeit nach Berlin gekommen, wo Sie nur traurige Spuren von Dem finden werden, was die Stadt ehemals war. — etc. — Sein Sie doch so gut, dem kleinen Beausobre zu sagen, daß er mir einen vollständigen Cicero, einen Xenophon, eine gute Logik aus dem Port-Royal, Voltaires Pücelle und seinen Pauvre diable schicken soll. Ich erwarte Sie in Meissen, mein Lieber. Die Arbeiten, die man dort macht, gleichen an Zerbrechlichkeit dem Glücke der Menschen! Ich beschäftige mich hier mit Anstalten zu meinen Winterquartieren. etc."

24. November 1760

Der König an d'Argens 61-+ :

"Sie halten meinen Geist bei weitem für sorgenfreier, lie<62>der Marquis, als er ist. Ich bin hier von Geschäften überhäuft, und es ist nicht so leicht, meinen Feldzug zu endigen, als Sie Sich einbilden. Die Kriegssteuern der Berliner werden von meinem Glück oder meinem Verlust abhängen. Bin ich glücklich, fo bezahlt Berlin keinen Pfennig; ist mir Fortuna zuwider, wie bisher, so werde ich auf ein Mittel sinnen, dem Volke Erleichterung zu verschaffen. Das ist Alles, was ich Ihnen sagen kann.

Welchen Anstrich Sie den schwarzen Unternehmungen unserer Feinde und den Trübsalen meines Vaterlandes auch geden wollen, so müssen Sie doch nicht denken, ich sähe nicht deutlich durch die Wolken, mit denen Sie das wesentliche und lastende Unglück zu verhüllen glauben. Das Ende meiner Tage wird mir verbittert, und mein Abend ist eben so unglücklich, als meine Morgenröthe. — etc. — Ich mag thun was ich will, fo sehe ich bei der Menge meiner Feinde voraus, daß ich auf der einen Seite unterliegen werde, wenn ich ja auf der andern Widerstand leiste. Ich habe weder Hülfe, noch Diversion, noch Frieden, kurz, Nichts in der Welt zu hoffen. Sie werden mir also zugeben, daß ein kluger Mann, der eine gewisse Zeit wider das Unglück gekämpft hat, seinem Gestirn nicht hartnäckig entgegen streben muß, und daß der muthige, entschlossene Mann kürzere und ehrenvollere Mittel hat, sich aus der Noth zu helfen.

Den armen Gotskowsky schicke ich beinah so wieder weg, wie er gekommen ist, ich kann nicht eher etwas bestimmen, als binnen hier und 14 Tagen. Erst muß ich den Feldzug auf irgend eine Art endigen. Diese Frist habe ich mir festgesetzt, und, wie Sie sehen, wird ein Theil des Schicksals, das uns die Zukunft verbirgt, davon abhängen. etc."

27. November 1760

Der König an Frau von Camas :

"Sie sehen, mein liebes Mütterchen, mit welcher Tätigkeit Sie bedient werden. Hier erhalten Sie Ihren Tabak. Wir richten uns hier, zu unsern Winterquartieren ein. Noch<63> habe ich eine kleine Geschäftsreise zu machen, und dann eile ich, die Ruhe, wenn sie dort zu finden ist, in Leipzig aufzusuchen. Für mich bleibt es jedoch bloß ein metaphysisches Wort, ohne alle Wirklichkeit. Unter uns gesagt, mein liebes Mütterchen, das Leben, welches wir hier führen, ist ein Hundeleben; allein man muß zum bösen Spiele gute Miene machen. Leben Sie wohl, meine Herzensgute, und vergessen Sie mich nicht. Sie würden daran sehr unrecht thun, denn Niemand liebt und schätzt Sie inniger, als Ihr Friedrich."

Dezember.

A.

1. Dezember 1760

Der König in Meisten. An d'Argens :

"Catt ist angekommen, mein lieber Marquis, und hat mir Ihren Brief gebracht. Sie können versichert sein, daß die Hoffnung, die Sie mir darin machen, Sie wieder zu sehen, mich sehr erfreut hat. So gewiß, als es die Ungewißheit der Ereignisse, von denen ich abhänge, erlaubt, will ich Ihnen melden, daß ich ungefähr den 10ten in Leipzig zu sein rechne, daß ich dort ein Haus besprochen habe und ein daran stehendes durchbrechen lasse, damit Sie ohne die geringste Beschwerde zu mir kommen können. Auf wie Vieles Sie Sich auch sonst verstehen mögen, so weiß ich doch, welche Mühe es Ihnen macht, Ihre Reise Sich selbst zu besorgen. Um Ihnen nun diese großmüthige Anstrengung, die Sie mir zu Liebe unternehmen wollen, zu erleichtern, werde ich Ihnen einen Jäger schicken, der Sie führen soll. Die Marquise muß diese Reise mit machen. Wenn Sie wollen, können Sie ohne Gefahr bis zum Mai in Leipzig bleiben, und Sie kennen mich zu gut, um zu glauben, daß ich Sie da aufhalten würde, wenn Sie Ihrer Gesundheit wegen wieder nach Berlin zurück wollten. Allein wie lange ich mich da werde aufhalten können, dafür kann ich Ihnen mit Gewißheit nicht<64> stehen, weil ich mich sklavisch nach den Umständen richten muß, und mehr von meinen Feinden, als von mir selbst abhänge.

Ich mag in meinen Briefen nicht Alles erschöpfen, was ich mir vornehme, Ihnen mündlich zu sagen, und will mir von der Unterhaltung, die ich mir mit Ihnen verspreche, nicht das Beste voraus nehmen. Darum behalte ich Alles, was ich auf dem Herzen habe, bis wir in Leipzig sind. Leben, Sie wohl, lieber Marquis, ich werde Ihnen schreiben und einen Jäger schicken. Dieser Merkur wird Sorge tragen, daß Ihnen Nichts Schlimmes begegnet, und ich werde wie Horaz ausrufen: Liebes Schiff, das den d'Argens an die Ufer der Pleisse bringt etc. Das Uebrige wissen Sie."

3. Dezember 1760

Der König an Frau von Camas :

"In Wahrheit, mein liebes Mütterchen, Sie sind eine erfahrne Frau, und ich wünsche Ihnen Glück, daß Sie eine Wassersucht so haarscharf unterscheiden können. Das Abenteuer ist ein ganz gewöhnliches; da ist kein Hof, kein Nonnenkloster sogar, wo so was sich nicht ereignete. Ich, der ich mit den Schwachheiten meiner Gattung viel Nachsicht habe, ich steinige keineswegs die Ehren-Fräuleins, die Mutter werden. Sie pflanzen das Geschlecht fort, statt daß jene rohen und blutdürstigen Politiker durch ihre heillosen Kriege dasselbe zerstören. Und dann gestehe ich Ihnen, daß mir jene zu zärtlichen Gemüther unendlich lieber sind, als jene Keuschheitsdrachen, die beständig ihre Schwestern zerfleischen, oder jene hadersüchtigen Weiber, die von Grund aus schlecht und boshaft sind. Man erziehe sorgfältig das Kind, man entehre nicht eine Familie, und entferne ohne Aufsehen, und Aergerniß das arme Mädchen vom Hofe, und schone ihres Rufes so viel als möglich.

Wir werden Frieden bekommen, mein liebes Mütterchen, und ich freue mich recht darauf, mit Ihnen unter vier Augen zu lachen, wenn ich das Vergnügen haben werde, Sie<65> wieder zu sehen. Leben Sie wohl, mein liebes Mütterchen. Ich umarme Sie 65-+."

8. Dezember 1760

Der König von Meisten nach Leipzig. (Der Verf. des oben erwähnten Tagebuches sagt S. 89: Den 11. Decbr. verließ der König Meissen und nahm sein Hauptq. in Leipzig).

Hier in Leipzig, wo der König im Apelschen Hause, auf dem Neuen Neumarkt (Nr. 16) wohnte, blieb er den ganzen Winter hindurch. Bei ihm befanden sich: der Marquis d'Argens, Quintus Icilius, der Englische Gesandte Mitchel, von Catt und die Neffen des Königs, die Prinzen Friedrich Wilhelm und Heinrich, Söhne des verstorbenen Prinzen von Preußen August Wilhelm.

18. Dezember 1760

Der König läßt durch den Obersten Quintus Icilius 8) den Professor Gellert zu sich rufen, und es hatte an diesem Tage, Nachmittags von 4 bis 6 Uhr, die bekannte Unterredung des Königs (hauptsächlich über schöne Wissenschaften, Poesie, Beredsamkeit etc.) mit diesem Gelehrten Statt. Man findet sie in der kleinen Schrift: Zwei Briefe von Gellert und Rabener, Leipzig 1761, S.82; auch in der 9. Samml. der Anekdoten und Karakterzüge aus dem Leben Friedrichs des Zweiten, Berlin 1787.

Anmerkungen zum Jahre 1760.

Es ist gewöhnlich, daß in Zeiten anhaltenden allgemeinen Unglücks Propheten aufstehen, die baldige Besserung und nahe Glücksfälle verkündigen 65-++, denn, wie der König selbst in seinem Briefe an d'Argens sagt: "Das Unglück macht zaghaft, und die Furcht aber<66>gläubig." So war es denn auch wahrend des siebenjährigen Krieges. Der hier von d'Argens erwähnte Berliner Prophet hieß Pfannenschmidt und war ein Leinweber. Er hatte bereits als Geselle sehr fleißig die Apokalypse, Pordädgens, Elsners und andere dergleichen Schriften gelesen, und sich daraus ein System gebildet, nach welchem er das künftige Schicksal der Welt und der Menschen vorher sagen zu können sich fähig glaubte. Es fehlte ihm nicht an Besuchern, die theils aus bloßer Neugier, theils aber auch in gutem Glauben ihn sowohl über ihre eigenen künftigen Schicksale, als über die, welche der Krieg über Stadt und Land herbeiführen würde, befragten. Er foderte Nichts für seine Prophezeiungen und trieb sein Handwerk sehr fleißig, gewöhnlich ertheilte er seine Orakelsprüche am offenen Fenster, während er dabei immer fort webte. Die meisten Fragenden ließen ihm ein kleines Geschenk an Gelde zurück, das man ihm aber bloß hinlegen mußte, ohne im mindesten den Zweck, warum es geschah, anzudeuten. So geringschätzig der König sich gegen d'Argens über dergleichen Prophezeihungen ausspricht, haben doch Einige behaupten wollen, daß er einem andern Propheten in Schlesien, Namens Lukas, sein Ohr geliehen, und von dem General Tauenzien Alles sehr sorgfaltig habe protocolliren lassen, was dieser Seher in die Zukunft von dem Erfolge kriegerischer Unternehmungen vorhergesagt. Es erschienen damals auch mehrere Prophezeihungen im Druck, als: Sonderbare Prophezeihungen auf das Jahr 1757. Untrügliche Prophezeihungen wichtiger Begebenheiten auf jeden Monat des Jahres 1760. Auch die Prophezeiungen des Bruders von Lehnin wurden wieder hervorgesucht und fleißig gelesen und gedeutet.

Johann Ernst Gotskowsky, zu Conitz im jetzigen Westpreußen am 21 November 1710 geboren, war der Sohn eines Polnischen Edelmanns, der in dem damaligen großen Nordischen Kriege sein ganzes Vermögen und durch eine damals grassirende Pest nebst seiner Gattin auch das Leben verlor. Einige seiner Verwandten in Dresden nahmen ihn zu sich und erzogen ihn bis in sein 14tes Jahr, wo er nach Berlin kam und hier bei einem der bedeutendsten Kaufleute<67> (Sprögel) die Materialhandlung erlernte. Nach deren Beendigung (1730) nahm ihn sein Bruder, der hier schon seit einiger Zeit eine Galanteriewaaren-Handlung hatte, in sein Geschäft. Hier ward er dem damaligen Kronprinzen Friedrich bekannt, dem seine Redlichkeit, seine Kenntnisse und seine Gewandtheit in Geschäften nicht entgangewaren. Als dieser 1740 zur Regierung kam, munterte er ihn auf, Fabriken anzulegen und fremde Arbeiter ins Land zu ziehen, wobei er ihm seine Unterstützung versprach. G. heirathete in der Folge die Tochter des Kaufmanns und Hoflieferanten Blume, nach dessen Tode er ein ansehnliches Vermögen ererbte, welches er dazu anwandte, nach dem Wunsche des Königs das Fabrikwesen immer mehr empor zu bringen. Er setzte nicht allein die von seinem Schwiegervater errichtete Sammtmanufaktur fort, sondern erweiterte sie auch bedeutend, er unternahm nachher noch eine Seidenstoffmanufaktur und beschäftigte auf diese Art 1500 Arbeiter. Auch die jetzt noch bestehende Königl. Porzellanmanufaktur verdankt ihm ihren Ursprung. Dabei betrieb er noch sehr ausgebreitete Wechselgeschäfte und hatte sich durch seine Geschicklichkeit und Thätigkeit, verbunden mit der strengsten Rechtschaffenheit, auf allen Handelsplätzen ein unbedingtes Zutrauen und großen Credit erworben, vermöge dessen er, besonders in der Zeit des siebenjährigen Krieges, nicht allein der Stadt Berlin, sondern auch Leipzig die wichtigsten Dienste leistete. Wegen letzterer Stadt ertheilte ihm der damalige König von Polen, Churfürst von Sachsen, das Patent als geheimer Commerzienrath, wovon er aber nie Gebrauch gemacht hat. Friedrich d. G. bediente sich seiner auch beim Ankauf kostbarrer Gemälde etc. und in andern Negocien.
     

Wie er aus reinem, sich selbst aufopferndem Patriotismus die beschwerlichsten Reisen und gefährlichsten Unterhandlungen übernommen, ist ausführlich und documentirt dargestellt in der "Geschichte eines patriotischen Kaufmanns." Für die von der Stadt Leipzig zu bezahlende Contribution von 2 Millionen Thaler hatte er Wechsel ausgestellt; da aber unglücklicher Weise die erwarteten Deckungen nicht regelmäßig und einige gar nicht eingingen, er auch bei Fallissementen anderer Handlungshäuser ansehnliche Verluste erlitt, so führten diese<68> seinen eigenen Fall herbei. Es entstand ein Concurs, bei welchem seine Gläubiger nur 50 pCt. erhalten konnten. Er arbeitete jedoch mit unablässigem Eifer weiter fort und brachte es dahin, daß er den bedürftigsten seiner Gläubiger in den Jahren von 1764 bis 1766 noch 400000 Thaler nachzahlte, ungeachtet er dies nach dem geschlossenen Accord nicht schuldig war. Da aber bald nachher die auswärtigen, besonders die Französischen Sammt- und Seidenmanufakturen sich wieder erholt, mit neuer Thätigkeit arbeiteten, der Handel freier geworden war, und andere ungünstige Conjuncturen hinzukamen, sank der Absatz seiner eigenen Manufakta dermaßen, daß sein Geschäft gänzlich zum Stillstand kam, und er den Entschluß faßte, sein ganzes Vermögen seinen Gläubigern abzutreten. Indeß hatte bereits ein hartherziger Gläubiger einen Arrestbefehl gegen ihn ausgewirkt, der ihm am 12. März 1767 insinuirt wurde, und hätte nicht ein edler Menschenfreund für ihn Bürgschaft geleistet, so würde er noch die Kränkung haben erdulden müssen, in das Gefängniß abgeführt zu werden. Von da an war es ihm nicht mehr möglich, seine zerrütteten Vermögensumstände wieder herzustellen. Er verlebte nun seine übrigen Tage ganz in der Stille und starb am 9. August 1775.

Bogislav Friedrich von Tauenzien war geboren den 8. April 1710 zu Tauenzien in der Herrschaft Lauenburg. Er diente zuerst unter König Friedrich Wilhelm I (1728) in dem großen Potsdamer Leib-Regiment und war einer der Ersten, welcher von Friedrich d. G. den Orden pour les mérites erhielt. In der Schlacht bei Kollin kommandirte er als Oberst das erste Bataillon Leibgarden und vertheidigte sich gegen 4 ihn umringende feindliche Bat. und 2 Kavallerie-Regimenter auf das Aeußerste, wobei er höchst gefährlich verwundet wurde. Bei der oben erwähnten Vertheidigung Breslaus gegen Laudons 50000 Mann starkes Belagerungscorps hatte die Stadt nicht mehr als 3000Mann Besatzung, wovon zwei Drittel aus unsichern Leuten bestanden, dabei hatte er noch an 9000 Kriegsgefangene zu bewachen; dennoch dachte er an keine Uebergabe. Weil indessen seine Lage höchst gefährlich war, so versammelte er seine<69> Officiere und stellte ihnen vor, daß, wenn die Stadt von den Oestreichern erstürmt würde, er mit der Garde einen besondern Theil der Wälle besetzen und bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen wolle, "damit die Welt nicht das seltsame Schauspiel erlebe, Friedrichs Leibwache gefangen zu sehen."
     

Als er sich während dieser Belagerung und des Beschießens der Stadt auf dem Glacis befand, schlug eine Geschützkugel hart neben ihm nieder, daß nur ein äußerst kleiner Zwischenraum ihn vom sichern Tode rettete. Er bedeckte sogleich diesen Fleck mit seinem Hut, um ihn nachher genauer zu bezeichnen, und bestimmte diese Stelle, wo ihm der Tod so nahe gewesen, zu seinem Grabe. 1762 commandirte er die Belagerung der Festung Schweidnitz, welche sich den 9. Oktbr. desselben Jahres mit 9000 Mann, welche Kriegsgefangene wurden, ergab. Nach dem Kriege erhielt er ein Infanterie-Regiment, wurde Gouverneur von Breslau und General-Inspecteur der sämtlichen Schlesischen Infanterie. Er starb am 20. März 1791 und ward an der von ihm bestimmten Stelle auf dem Glacis, unweit des Schweidnitzer Thores, begraben, wo seine Familie ihm, auch ein Denkmal errichtete.

Gottlob Kurt Heinrich Graf von Tottleben stammte aus einem alten adeligen Geschlecht in Thüringen her, und war in Tottleben, dem Stammgute desselben, am 15. Dezbr. 1715 geboren. Er studirte auf der Universität zu Leipzig und trat als Hofjunker und Amtshauptmann zu Freiberg in die Dienste seines damaligen Landesherrn, des Herzogs von Weissenfels. Da nach dem Tode desselben seine Länder an das Churhaus Sachsen fielen, so ward er 1742 Hof- und Justizrath bei der Regierung zu Dresden. Hier wurde er während des Reichsvicariats nach Karl's VII Tode vom Churfürsten in den Reichsgrafenstand erhoben. Er verließ hierauf die Sächsischen Dienste und ging nach Holland, wo er zum Behuf des zwischen der Republik und Frankreich zu erwartenden Krieges als Oberst ein Regiment zu Fuß für die Republik errichtete. Nach dem Frieden wurde sein Regiment abgedankt; er selbst blieb aber unter dem Versprechen, ein anderes erle<70>digtes Regiment zu erhalten, in Holländischen Diensten. In Amsterdam machte er unterdessen die Bekanntschaft eines sehr reichen jungen Frauenzimmers aus Batavia 70-+, welches er, da ihr Vormund sie für seinen eigenen Sohn bestimmt hatte, heimlich entführte. Er ließ sich in Cleve mit ihr trauen und ging nun nach Weimar, um dort Schutz gegen die ihn verfolgenden Holländer zu suchen. Er wandte sich hernach in eben dieser Absicht an den König von Polen, August III. Da er aber mit dem Grafen von Brühl in Mißverständnis lebte, so konnte er die gesuchte Vermittelung nicht erhalten, und ging daher auf Antrag des Preußischen Ministers von Bülow nach Berlin, um den Schutz des Königs von Preußen nachzusuchen.
     

Hier lebte er mit seiner Frau und zwei Kindern eine geraume Zeit. Er kaufte sich unterdessen Güter in Schlesien (im Saganschen Hansdorf etc.) und ging hernach unter Vermittelung des Königs wieder nach Amsterdam, wo er nun auf dem Rathhause nochmals feierlich mit seiner Frau verbunden wurde. Jetzt reiste er nach Schlesien zurück, wo er bis zum Ausbruch des siebenjährigen Krieges blieb. Die Neigung zum Kriegsdienst veranlaßte ihn, dem Könige seine Dienste anzubieten. Da dieser ihn zwar als Oberst in die Armee aufnehmen, ihm aber kein Commando anvertrauen wollte, wandte er sich, nachdem er in Holland seinen Abschied als General-Major genommen hatte, nach Rußland. Hier erhielt er die Erlaubniß, als Volontair bei der Russischen Armee dienen zu können 70-++. In der Schlacht bei Zorndorf ward ihm ins Gesicht geschossen. Nach seiner Genesung trat er wieder als General-Major in Dienst. Die gelinde Behandlung der Einwohner Berlins, nach der Einnahme der Stadt (1760), seine öfters bezeigte Achtung gegen die Person des Königs und seine Besitzungen in Schlesien erregten den Verdacht der Treulosigkeit gegen ihn, so daß er am 31. August 1761 von 50 Kosacken gefangen nach Peters<71>burg geführt wurde. Hier blieb er, so lange die Kaiserin Elisabeth lebte, auf der Festung ohne Verhör und Untersuchung. Nach ihrem Tode (1762) erhielt er die Erlaubniß, seine Rechtfertigung einreichen und dazu ein eigenes Quartier in der Stadt miethen zu dürfen 71-+. Bei der Thronbesteigung der Kaiserin Katharina (1763) ward er völlig in Freiheit gesetzt. Er ging nun nach seinen Gütern in Sachsen zurück und bekam auch seine Besitzungen in Schlesien vom Könige wieder.

Hierauf machte er eine Reise nach Holland, um seine von Errichtung des Regiments noch habenden Foderungen nachzusuchen. Er nahm seinen Rückweg über Paris. Hier hatte er verschiedene Unterredungen mit dem damaligen Französischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, dem Herzoge von Choiseul.

Da der dortige Russische Gesandte dies seinen, Hofe anzeigte, so ward er auf Ansuchen desselben bei seiner Rückkunft in Schlesien nochmals verhaftet und nach Glogau gebracht. Man eröffnete ihm endlich, daß, da seine Unterredungen mit Choiseul bei dem eben entstehenden Kriege mit den Türken und der Conföderation der Polen, wobei Frankreich die Hände im Spiele hatte, fürchten ließen, daß er sich zu einen, oder dem andern Geschäfte gebrauchen lassen dürfte, so müsse man sich seiner, so lange der Krieg dauere, versichern. Er rechtfertigte sich indessen vollkommen und trat sogar wieder in Russische Kriegsdienste, wurde General-Lieutenant und erwarb sich den Alexander- und St. Annen-Orden. Er wurde nun mit einem eigenen Corps nach Georgien geschickt, um dem Prinzen Heraklius beizustehen. Er hielt sich sehr tapfer und that den Türken vielen Abbruch. Er fiel in ihre Länder ein und drang bis Trebisand vor. Hierauf ward er zurückgerufen und nach Polen geschickt, um den General Bibikof<72> in Warschau abzulösen, starb aber daselbst drei Tage nach seiner Ankunft an einer Entzündung des Bluts am 19. März 1773.

Hierdurch werden die über ihn verbreiteten Nachrichten von seinem schlechten und grausamen Charakter, und die Schmähungen und Lügen, welche die 1762 bei P. Marteau zu Cölln erschienene Schrift :

"Leben des Grafen von Tottleben" enthält, hinreichend widerlegt.

5) Dietrich Hubert Graf von Verelst, außerordentlicher Gesandter der Generalstaaten der vereinigten Niederlande am Preußischen Hofe, war 1720 zu Ter-Veere in Zeeland geboren, wo sein Vater Johann Ludwig Verelst Mitglied des Staatsraths war.
     

Durch seine Gesandtschaften am Sardinischen,, Neapolitanischen und Preußischen Hofe machte Ersterer sich rühmlich bekannt. In Berlin beförderte er die in Vorschlag gebrachte Vermählung (1767) des Erbstatthalters George Wilhelm V mit der Prinzessin Wilhelmine von Preußen (Schwester des damaligen Prinzen von Preußen, nachherigen Königs Friedrich Wilhelm II) und wurde um diese Zeit in den Preußischen Grafenstand erhoben. Er starb in Berlin am 26. Januar 1771. In der Dorotheenstädtischen Kirche zu Berlin ist ihm ein Denkmal errichtet.

Friedrich Reichsgraf von Anhalt, geboren zu Klöckwitz denn 15. März 1727, war der Sohn des Erbprinzen Wilhelm Gustav von Anhalt-Dessau und der von dem Kaiser zur Reichsgräfin erhobenen Johanna Sophie von Herr. Den 6. März 1744 trat er als Hauptmann in Preußische Dienste. Er machte als solcher den zweiten Schlesischen Krieg mit und erhielt den Orden pour les mérites. Im siebenjährigen Krieg wohnte er den Schlachten bei Lowositz, Prag und Roßbach bei. 1759 ernannte ihn der König zum Oberst-Lieutenant und Flügeladjutanten und übergab ihm 1760 ein Grenadierbataillon; mit diesem befand er sich in der Schlacht bei Torgau, wo er erschossen ward. Als sein Bruder den Orden des Verstorbenen, dem Herkommen gemäß, an den König zurücksandte, erhielt er folgendes Antwortschreiben :
     <73>

"Mein lieber Major Graf von Anhalt. Ich habe mit Eurem heutigen Schreiben den Orden pour les mérites, so Euer verstorbener Bruder getragen, erhalten, und condolire Euch um so mehr wegen des Verlustes dieses Eures Bruders, als ich an demselben einen sehr braven und qualificirten Officier verloren, dessen Verlust ich sehr zu regrettiren alle Ursach habe. Ich bin inzwischen Euer wohl affectionirter König.

Torgau, den 5. Novbr. 1760.
Friedrich."

7) Sophie Gräfin von Camas, geborne von Brand, war die Gemalin des am 14. April 1741 zu Breslau verstorbenen Oberst und Chefs eines Regiments zu Fuß Paul Henri de Tilio de Camas. Im Jahr 1742 ernannte sie der König zur Oberhofmeisterin bei der Königin seiner Gemalin, und erhob sie unter dem II. August desselben Jahres zur Gräfin. Sie wurde vom Könige, wie von dem gesamten Konigl. Hause wegen der vortrefflichen Eigenschaft ten ihres Geistes und Herzens allgemein geliebt und hochgeschätzt. Sie starb am 2. Juli 1766 im 80sten Jahre ihres Lebens.

Charles Theophile Guichard oder Guischardt (genannt Quintus Icilius) war 1724 zu Magdeburg geboren, und der zweite Sohn des Königl. Hofraths und Syndicus der Pfälzer Kolonie Philipp Guichard 73-+. Nach beendigten Schuljahren studirte er nach einander auf den Universitäten Halle, Marburg, Herborn und Leiden Theologie, Griechische und Lateinische Literatur und die morgenländischen Sprachen. Obgleich er schon zu Marburg und<74> Herborn öffentlich gepredigt hatte 74-+, scheint er doch nicht den Vorsatz gehabt zu haben, sich dem Predigerstande widmen zu wollen, vielmehr bestrebte er sich eifrigst, ein Lehramt an der Universität Utrecht zu erhalten, wozu ihm auch von dem Erbstatthalter große Hoffnung gemacht worden war. Als diese dennoch nicht in Erfüllung ging, entschloß er sich plötzlich zum Soldatenstand, wozu seine Studien der Römischen und Griechischen Geschichte in ihm die erste Lust erweckt haben mochten. Er trat daher 1747 in das Regiment Sachsen-Hildburghausen, welches damals zum Dienst der vereinigten Niederlande geworben wurde, als Fähnrich ein und wohnte nun dem letzten Feldzug vor dem Aachener Frieden bei. Hernach ward er Lieutenant im Regiment Baden-Durlach und schon 1751 Hauptmann und bekam eine Compagnie. Er setzte seine Studien, deren Gegenstand nun vorzüglich die Kriegsgeschichte der Alten wurde, eifrigst fort, und fing seine Memoires militaires sur Ies Grecs et les Romains an auszuarbeiten. Er beendigte sie in London, wohin er 1754 oder 1756 mit Urlaub gegangen war. Dieses Werk, welches seinem Verfasser hohen Ruhm verschaffte und in kurzer Zeit fünf Mal aufgelegt wurde, ward auch Friedrich d. Gr. bekannt 74-++ und bewog ihn, daß er G. zu sich berief und als Hauptmann in sein Gefolge aufnahm. Dies geschah, als der König im Anfang des Jahres 1758 sich in Breslau aufhielt. Die Unterhaltung, die G. nun sehr oft mit dem König hatte, bezog sich gewöhnlich und hauptsächlich auf die Kriegskunst der Griechen und Römer. Bei einer solchen Gelegenheit kam die Rede auf den Centurio der zehnten Legion, welchen der König Quintus Cäcilius nannte; G. aber behauptete, er habe nicht so, sondern Quintus Icilius geheißen, und als man darüber nachforschte, fand sich, daß<75> G. Recht hatte, worauf der König zu ihm sagte: "Nun, so soll Er auch zeitlebens Ouintus Icilius heißen." Der König nannte ihn von da an beständig bei diesem Namen, und als 1759 der Oberst. L. Du Verger in Ungnade fiel und nach Schweidnitz in Arrest gebracht wurde, ward bei der Parade bekannt gemacht : "das vacante Freibataillon Du Verger hat der Major Ouintus Icilius erhalten." Nun nahm, der Major diesen Namen für immer an und schrieb sich überall Ouintus Icilius.
     

Das Freibataillon vermehrte er bis zu einem Regiment von drei Bataillonen. Im Januar des Jahres 1761 hat er den Auftrag gehabt und vollzogen, das Churfürstl. Sächsische Lustschloß Hubertsburg "seiner Zierathen zu berauben," zur Vergeltung der Verwüstungen, welche die Feinde in den Königl. Lustschlössern zu Schönhausen, Friedrichsfelde, und besonders die Sächsischen Truppen in Charlottenburg ausgeübt hatten 75-+. Nähere Nachrichten darüber findet man in : Mosers Europäisches Völkerrecht in Kriegszeiten II. 324. Nach dem Frieden ward das Freiregiment aufgelöst, Ouintus Icilius aber blieb im Gefolge des Königs, dessen fast täglicher Gesellschafter er wurde. 1765 wurde er Oberste Lieutenant und 1772 Oberst. 1773 gab er ein neues Werk unter dem Titel : Memoires critiques et historiques sur plusieurs points d'antiquités militaires heraus, welches ebenfalls allgemeinen Beifall fand. Bei seinen Studien gab er sich auch mit mancherlei Projekten und Speculationen ab. Er war bei der damaligen Tabaksferme, bei der Bank etc. betheiligt und bei deren Einrichtung wirksam gewesen. 1770 hatte er sich mit der Tochter des General-Majors Gustav Albrecht von Schlabberndorf vermählt, nachdem der König nach langem vergeblichem Anhalten endlich seinen Consens dazu ertheilt hatte. Daß es wegen der anfängli<76>chen Verweigerung des Consenses zwischen dem König und dem Oberst zu einem förmlichen Zwist gekommen, ist wohl glaublich. Die Umstände aber und besonders die dabei statt gefundene Unterhaltung, wie sie in den oben erwähnten Anekdoten erzählt wird, sind sehr zu bezweifeln. (Vergl. Nicolai's Anekdoten VI. 140. 141. 144; doch irrt Nicolai, wenn er S. 145 sagt: "Nicht des Quintus Vater, sondern dessen Bruder oder Vetter sei Besitzer einer Fayance, Fabrik gewesen)."

Ouintus starb in Potsdam den 13. Mai 1773 76-+ und hinterließ eine Tochter und einen Sohn (geb. im Febr. 1773), welcher 1783 auf das Gymnasium zum grauen Kloster kam, und ein Jahr später laut Kabinetsordre des Königs vom 17. März 1784 in das Kadetten-Haus aufgenommen werden sollte. Den 1. Juli ging er zur damaligen Academie militaire über, welche er am 1. Mai 1788 mit der Ritterakademie in Liegnitz vertauschte. Bald darauf ward er Officier in einem Husaren-Regiment. Hier gerieth er eines Scherzes wegen über die Husaren-Mütze mit einem andern Officier in Wortwechsel, foderte ihn und ward erschossen.


10-+ Nach Andern soll es ein Hauptmann Namens Dekowatsch gewesen sein.

10-++ Andere nennen ihn von Stülpnagel.

11-+ Diese Ausgabe erschien jedoch nicht bei Neaulme, sondern bei C. F. Voß 1760 in klein 8., worin diejenigen Stellen, "welche sich nicht mit der Politik vertragen," weggelassen oder geändert sind. Indessen erschienen auch von dieser Ausgabe bald drei verschiedene Nachdrücke, in denen alles, was in jener weggelassen oder geändert worden, nach dem ersten Druck in 4. wieder enthalten ist. Der eine Nachdruck ist ohne Verlagsort, der zweite nennt London, der dritte Frankfurt.

14-+ Pihihu.

17-+ Der König meint die bereits eingeleitete Verbindung mit den Türken.

20-+ Die Erzählung : Eines Schweizers und einer Holländerin Liebe etc. (h. W. VII. 111).

21-+ Bei Landshut. Siehe unten.

27-+ Sein Name war Fauser. Der König ernannte ihn zum Sergeanten. Nach dem Frieden erhielt er als Bote eine Versorgung bei der Kammerdeputation in Halle.

28-+ Sie lautete wie folgt : "Se. Maj. der König lassen allen Officiers von der ganzen Armee danken vor die heute bezeigte Bravoure, und vor den Eifer, mit welchen sie für das Haus Preußen gefochten haben. Der Flecken des Bernburgschen Regiments soll von heute an auf immer vergessen sein. Se. Maj. wollen ihnen in Breslau die Treffen selbst wieder kaufen und ihnen ihre Pallasche wiedergeben lassen und damit die Herren Officiers von der ganzen Armee wissen und sich imprimiren können, daß wenn sich Jemand distinguirt er auch in allen Stücken distinguirt wird so lassen Ihre Maj. hierdurch folgendes Avancement und Begnadigung bekannt machen." Hier folgen die verschiedenen Be» förerlungen. Die Begnadigungen bestanden in Orden und Geschenken an Gelde. Die General Lieutenants Graf von Neuwied und von Bülow erhielten den schwarzen Adlerorden andere Officiere den Orden pour les mérites und Geschenke von 500 und 1000 Thlr.

28-++ Laudon mit Daun.

29-+ Flügeladjutant, den der König als Kourier nach Berlin schickte.

31-+ Dieser Brief ward von den Feinden aufgefangen. d'Argens meldet dies aus Berlin dem König unter dem 19. Oktbr. mit den Worten :
     "Die Oestreicher haben einen Brief aufgefangen, den Ew. Maj. mir aus Herrmannsdorf am 27. Aug. zu schreiben die Ehre erzeigten. Sie haben das Original nach Wien geschickt und hier mehrere Abschriften davon gemacht; ich fand Mittel, eine der letzteren zu erhalten, die ich Ew. M. überschicke. Es steht Nichts als Großes, Edles und Tugendhaftes in diesem Brief. Er hat bei mehreren Oestreichischen Generalen die Lust erweckt, mich kennen zu lernen, allein ich fand dazu keinen Beruf bei mir. etc."

36-+ S. Siehe 31 die Note.

4-+ Die Feinde des Königs.

40-+ In der Erzähl. : Babuck oder wie es in der Welt geht, von Voltaire.

41-+ Das Tottlebensche Corps, aus 3 Regimentern Cosacken, 3 Regt. Husaren bestehend, war bereits Ende September aus der Gegend von Glogau aufgebrochen, unterweges waren, noch 2 Regimenter Dragoner, 2000 Grenadiere und ein Train von 20 Kanonen zu ihm gestoßen. Ihr Marsch ging über Sagan, Sorau, Pfürten, Guben, Beeskow und Königswusterhausen, von wo sie den 3. Oktober (ein Freitag), Vormittags 11 Uhr, vor Berlin erschienen. Hier befanden sich als Besatzung nur 2 Bataillone vom Garnisonregiment Itzenplitz und 1 Bataillon vom Garnisonregiment Lüderitz. Es befanden sich damals in Berlin: der General-Feldmarschall von Lehwald, der General-Lieutenant von Seidlitz und General von Knobloch, welche von ihren Wunden noch nicht wiederhergestellt waren. Diese hatten schon auf die erste Nachricht von der Annäherung des Feindes alle möglichen Volkehrungen zu einer tapfern Vertheidigung der Stadt getroffen; vor den Thoren wurden Fleschen angelegt, und an den Mauern Gerüste errichtet etc.

48-+ Alle Truppen mußten jedoch in der Stadt auf dem Schloßplatz und wo sonst Raum war bivouakiren, und wurden nicht bei den Bürgern einquartiert.

48-++ Um diesen Einhalt zu thun und die Stadt, der Capitulation gemäß, vor aller Plünderung und Ausschweifung der Truppen zu schützen, war Tottleben genöthigt, noch mehr reguläres Militär in die Stadt zu ziehen, und die Sauvegarden bis auf 800 zu vermehren, ja sogar, als die Oestreicher die Russischen Wachen forciren wollten, auf sie feuern zu lassen. (Bericht des Grafen Tottleben).

49-+ Sogar die Messingwerke und der Canal bei Neustadt-Eberswalde sollten nach Fermor's Befehl bis auf den Grund ruinirt werden. (Gotskowsky S. 53. 57 etc.).

50-+ Mit Inbegriff der 500000 Thlr., die Berlin auf Abschlag der Contribution baar bezahlt hatte, und der 200000 Thlr. Douceurgelder, nahmen die Feinde 763500 Thlr. baares Geld aus Berlin mit.

50-++ Nach des Grafen Tottleben's Bericht wurde auch der Königl. Schatz visitirt, und die darin befndlichen Kasten und Körbe, mit Gold, Silber, Edelsteinen und Antiquitäten, mußte der Brigadier Benkendorf versiegeln und mit zur Armee nach Frankfurt nehmen.

51-+ z. B. in der Spenerschen Zeitung 1759 Nr. 118.

61-+ Diesr Brief ist datirt: "Wittenberg, den 24sten" (November) 1760. Der Name des Orts ist wohl unstreitig falsch, vielleicht auch das Datum, wenigstens ergiebt sich aus Gotskowsky's Lebensgeschichte, daß er am 25. November noch in Berlin und noch nicht zum König gereiset war. G. sollte nämlich wegen Herbeischaffung der von Berlin noch zu bezahlenden Contribution Verhaltungsbefehle etc. einholen.

65-+ Ein Hoffräulein hatte einen Fehltritt begangen, den Frau von Camas für eine Wassersucht hielt. Als sie ihren Irrthum gewahr ward, klagte sie sich selbst beim König der Unachtsamkeit an, und bat um Verhaltungsbefehle.

65-++ Wie auch noch in neuester Zeit während des Befreiungskrieges der Prophet Joh. Ad. Müller. S. dessen Geschichte, Erscheinungen und Prophezeiungen. Frankfurt a. M. 1816.

70-+ Ihr Name war Maria Petronella Victor. Der Königl. Poln. und Churfürstl. Sächsische Resident zu Amsterdam, Peter Bock, war der Bruder ihrer Mutter.

70-++ Vorher soll er, wie mit seiner ersten, auch mit dieser zweiten Frau geschieden worden sein. (?)

71-+ Nach Einigen soll ihm am 11. April 1763 Ehre und Leben abgesprochen worden sein, wegen seiner langen Gefangenschaft aber aus Gnaden bloß des Landes verwiesen (?), endlich aber auf seine Bittschrift im Juni 1769 gänzlich begnadigt sein. (Fortgesetzte Geneal. Nachr. Band III. 103. IX, 473).

73-+ Nach zweien verfälschten, wenn nicht ganz unwahren Anekdoten in der Zeitung für die elegante Welt 1810 Nr. 231 und Anekdoten-Samml. VIII. 90 soll Quintus der Sohn eines Töpfers gewesen sein. Es ist dies aber ungegründet, und der Irrthum daher entstanden, daß sein Vater der Syndicus eine Fayance-Fabrik in Magdeburg anlegte, wofür er vom König im Jahr 1763 ein Privilegium privatum auf 15 Jahr erhielt. (Spenersche Zeitung 1763 Nr. 87.

74-+ S. Fortgesetzte Geneal. Nachrichten Thl. 164, S. 536.

74-++ Nach Einigen soll es der Verfasser ihm zugeschickt und dabei das Verlangen in des Königs Dienste zu treten geäußert haben. Andere sagen, er sei als Freiwilliger zur Armee der Alliirten gegangen, habe sich da die Gunst des Herzogs von Braunschweig erworben, und dieser habe ihn dem König empfohlen.

75-+ Circular-Rescript, So Ihro K. M. in Preußen an Dero Ministros an auswärtigen Höfen ergehen lassen, betreffend die von den Oestreichischen Kriegsvölkern und deren Alliirten in verschiedenen Königl. Provinzen wider alle Kriegs-Raison ausgeübte Gewaltlhaten und Grausamkeiten. Berlin bei dem Hofbuchdrucker Hennig 1760.

76-+ Die vortreffliche Bibliothek und Münzsammlung, welche er hinterließ, kaufte der König der Wittwe für 12000 Thlr. ab, schenkte ihr außerdem noch 3000 Thlr., und wies ihr eine Pension von 1200 Thlr. zur Erziehung ihrer Kinder an.

8-+ Es waren kurz vorher die Poesieen des Königs in Druck erschienen, von welchen bis dahin nur die wenigen Exemplare existirten, die der König für einige Freunde hatte drucken lassen.

9-+ Den Kammerherrnschlüssel und den Orden pour les mérites.