<329> "Sie sind zu bescheiden, wenn Sie wirklich geglaubt haben, ein zweijähriges Stillschweigen, wie das Ihrige, lasse sich geduldig ertragen. Ohne Zweifel muß Jeder, der die Wissenschaften liebt, sich für Ihre Erhaltung interessiren, und es sehr gern sehen, wenn Sie selbst ihm Nachrichten davon geben, etc. Ich schicke Ihnen einen Prolog zu einem Lustspiel, den ich in aller Eil aufgesetzt habe, um der Kurfürstin von Sachsen, die mich besucht hat, meine Achtung zu bezeigen. Sie ist eine Prinzessin von großen Verdiensten und wäre wohl eines besseren Dichters werth gewesen. Wie Sie sehen, behalte ich meine alten Schwachheiten. Ich liebe die schönen Wissenschaften bis zur Thorheit; sie allein machen unsere Muße reizend und geben uns wahres Vergnügen. Die Philosophie würde ich völlig eben so sehr lieben, wenn unsere schwache Vernunft in ihr die Wahrheiten entdecken könnte, die vor unser Augen verborgen sind, und die unsere eitle Neugierde doch so begierig sucht, aber sobald man Kenntnisse bekommt, lernt man zweifeln. Ich verlasse also dieses Meer, das so sehr von Klippen der Ungereimtheit wimmelt, und bin überzeugt, da alle die abstrakten Gegenstände der Spekulation außer unserm Fassungskreise liegen, so würde uns die Bekanntschaft mit ihnen ganz unnütz sein, wenn wir auch bis zu ihnen hindringen könnten. Mit dieser Denkart lebe ich mein Alter ruhig hin, und suche mir alle Brochüren von dem Neffen des Abbé Bazin + zu verschaffen. etc."

Dezember.

A.

Dezember 1769

Der König in Potsdam.

8. Dezember 1769

Der König schickt den Prolog (s. oben S.327) an d'Alembert, und nachdem er über verschiedene Gegenstände gespro-


+ Unter diesem Namen hat Voltaire eine Vertheidigung seines Versuchs einer Schilderung der Sitten etc. geschrieben.