<VIII> Diktion, die den scharfen Denker verrät. Das hohe Pathos sieht dem königlichen Autor in gleicher Weise zu Gebote wie der leichte, scherzende Ton, der sich bis zu heiterer Ausgelassenheit steigern kann.

Vor allem aber gewinnen die Poesien noch dadurch an innerem Wert, daß viele von ihnen, gleich den musikalischen Kompositionen, die Seelensiimmungen wieder, spiegeln, die Friedrich bewegten und zur Aussprache drängten. So werden auch die Dichtungen durch die zahlreichen persönlichen Bekenntnisse, die sie enthalten, zu Dokumenten für seine Lebensgeschichte.

In drei Abschnitte zerfällt der vorliegende Band. Der erste umfaßt „Oden und Episteln“. Sie sind sämtlich den „Œuvres du philosophe de Sanssouci“ entnommen.1 Abgesehen davon, daß es nicht mehr möglich ist, die Zeit der Entstehung und Umarbeitung aller dieser Stücke zu bestimmen, wäre es ein verfehltes Unternehmen, sie aus dem gemeinsamen Rahmen zu lösen, in den sie Friedrich selbst gestellt hat; denn nicht etwa Laune und Willkür hat sie bunt zusammengewürfelt. Diese Gedichte bilden vielmehr eine innere Einheit: sie enthalten seinen moralischen und philosophischen Katechismus.

Auch das komische Heldenepos „Das Palladion“, das auf die „Oden und Episteln“ folgt, war, wie erwähnt, ursprünglich für die „Œuvres du philosophe de Sanssouci“ ausersehen, doch unterblieb dann die Aufnahme in die Ausgabe von 1752, um das Geheimnis zu wahren; denn nicht nur der französische Gesandte Marquis Valory, der Held des Epos, sondern auch König Ludwig XV. begehrten es kennen zu lernen. Verfaßt wurde das Gedicht im Januar 1749, nach Friedrichs eigenem Bekenntnis „eine Ausgeburt der Karnevalslaune“. Wahrheit und Dichtung sind darin untermischt. Er selbst schrieb darüber an Voltaire, die Gefangennahme Dargets, des Sekretärs von Valory, durch die Panduren sei wahr — sie findet auch in der „Geschichte meiner Zeit“2 kurze Erwähnung —, alles übrige dagegen beruhe auf freier Erfindung. So ist auch der Schauplatz zutreffend; denn die Episode spielte sich nach dem Siege bei Hohenfriedberg auf böhmischer Erde ab. Aber die Schlacht, deren Darstellung fast den ganzen sechsten Gesang füllt, ist eine poetische Fiktion, wenngleich die Schilderung des Kampfes mancherlei Anklänge an den Tag von Hohenftiedberg enthält. Doch nicht bloß die Satire oder, um Friedrichs Ausdruck zu gebrauchen, Callots Pinsel herrschen; auch weihevolle Klänge stimmt seine Muse in dieser Dichtung an, wenn sie dem Andenken Papst Benedikts XIV. oder, ebenso wie in der Epistel an Stille, den Manen der preußischen Helden, die während der Schlesischen Kriege für das Vaterland gestorben waren, ihre Huldigung darbringt.

In diesem Zusammenhange sei kurz erwähnt, daß König Friedrich rund ein Vierteljahrhundert später noch ein zweites komisches Epos, den „Konföderiertenkrieg“,


1 Mit Ausnahme der erst 1760 den „Poésies diverses“ eingefügten Ode „An die Verleumdung“ .

2 Vgl. Bd. II. S. 231.