<305> Argan. Sie sind also entschlossen, ihn auf Reisen zu schicken?

Bardus. Gewiß. Er soll mir sämtliche Professoren Deutschlands und Hollands kennen lernen, danach in Frankreich mit der feinen Welt verkehren und schließlich nach England gehen, um gründlich zu werden.

Argan. Wenn ich Ihnen raten darf, lassen Sie Ihren Sohn erst hier im Land ein fertiger Mensch werden und hinterher auf Reisen gehen. Senden die Väter ihre Kinder zu früh ins Ausland, bevor ihr Charakter gefestigt ist, so wählen sie verkehrt und nehmen nur die Lasier und lächerlichen Bräuche der anderen Nationen an. Sie verschleudern ihr Geld, und das ganze Reisen bringt weiter nichts ein als irgend eine ftivole neue Mode und dazu vielleicht eine Frisur wie ein Königspapagei oder ein Rabenschnabel. Das lohnt wahrhaftig nicht die Unkosten.

Bardus. Oho! Mein Sohn ist keiner von der Sorte. Übrigens möchte ich Ihnen nur noch sagen, daß mein Vetter einen Sohn, der erzdumm war, nach Frankreich sandte, um sich dort Geist anzueignen.

Argan. Nun und? Hat er sich ihn angeeignet?

Bardus. Das nicht. Er ist noch nicht zurück. Von meinem Sohn aber verlange ich, daß er dort nur mit Herzögen und Pairs verkehrt und mit Philosophen.

Argan. Seine Abkunft wird ihn den Pairs und Herzögen fernhalten. Bardus. Aber er ist doch so gelehrt!

Argan. Ich wiederhole Ihnen, mein Bester, man ist in Frankreich zwar sehr Höft lich und hat für den Fremden tausend Artigkeiten; aber bilden Sie sich ja nicht ein, man wolle sich dort in den guten Häusern mit dem Zurechtstutzen unserer jungen Leute plagen, die frisch von der Schulbank kommen. Man muß liebenswürdig sein; das ist der Freipaß für die gute Gesellschaft. Ein junger Mensch, der nicht fertig er, zogen in Frankreich ankommt, kann sich drauf gefaßt machen, daß er nirgends auft genommen wird. Dann bleibt ihm der Umgang mit Theatermädchen und Stutzern, und schließlich kehrt er schlechter erzogen heim, als er fortreiste.

Bardus. Und trotz alledem gehört sich's, daß ein junger Mann sich in der Welt umsieht.

Argan. Was soll er denn eigentlich werden?

Bardus. Zum Militär lasse ich ihn keinesfalls. Es wäre jammerschade, wenn er im Krieg umkäme. Er ist doch mein einziger Sohn, die Stütze meines Hauses.

Argan. Sie wünschen aber doch, daß er irgend etwas anfängt?

Bardus. Zur Finanz kann ich ihn auch nicht geben. Es hieße die Würde der Philosophie prostituieren, wenn er sich zu einer so gemeinen Beschäftigung hergäbe.

Argan. Was wollen Sie ihn aber werden lassen?