<135>Was Deinem Leben Gestalt gibt, das
Ist ein gedeihlich Mittelmaß:
Deine Tage sehn einer dem andern gleich,
Dein Schicksal, an Wechselfällen nicht reich,
Gab Dir den angenehmsten der Plätze:
Inmitten der beiden Gegensätze
Bedürftigkeit und Überfluß,
Zwo Klippen beide,
Daran mit Leide
So manches Dasein scheitern muß,
Dir wog es bescheidenen Segen zu,
Bist kein Zwerg und kein Riese — lieb Herz, gib Ruh!
's ist just das Rechte, so bleibst Du frei
Von all den Nöten, der Plackerei,
Darfst fein geruhige Tage leben,
Froh jeder Gegenwart hingegeben,
Ohne Dich ernstlich zu grämen ums Morgen,
Nur Dir selber gehört all Dein Sorgen.
Du weißt nicht, wie gut Du's hast, Darget,
In Deiner Dunkelheit, wohlgeborgen
Vor Ehrenkränkung, Schimpf und Weh,
Wie knirschender Neid dergleichen von je
Über wohlbekannte Namen ergossen,
Namen der Helden, Namen der Großen.
Möchte wissen, was Dir zu wünschen bliebe —
Wenn Dir nicht grade daheim Deine liebe,
Ehrsame Hausfrau mit großem Hallo
Den Kopf zurechtsetzt; wie bist Du schon froh,
Wenn sie am Abend Dich herzlich begrüßt
Bei Deiner Heimkehr und zärtlich Dich küßt,
Und Deine Liebe in ihren Armen
Neu darf erwarmen.
Und versichert dann Dallichamp1 noch dabei,
Daß alles in schönster Ordnung sei,
Von oben bis unten dem Herrn nichts fehle,
Sag/, was verlangt dann noch Deine Seele?

Du brummst so frostig, ablehnend und steif?
Aha, Du traust mir nicht recht! Ich begreif':


1 Anmerkung des Königs: „Chirurg bei der preußischen Armee.“