<26> Richter die Berufung ans Volk. Die Annahme von Ämtern ohne Zustimmung des Volkes war bei Todesstrafe verboten. Publicola verminderte die Auflagen und erlaubte die Ermordung der Bürger, die nach der Alleinherrschaft strebten.

Erst nach ihm kamen die Wucherzinsen auf, die von den Großen Roms bis auf acht Prozent getrieben wurden. (Livius, Buch II; Tacitus, „Annalen“.) Konnte der Schuldner nicht bezahlen, so ward er ins Gefängnis geworfen und kam mit seiner ganzen Familie in die Sklaverei. Dies harte Gesetz erschien den Plebejern, die oft seine Opfer wurden, unerträglich. Sie murrten gegen die Konsuln, aber der Senat blieb unerbittlich, und das aufgebrachte Volk wanderte auf den Heiligen Berg aus. Hier unterhandelte es mit dem Senat wie mit seinesgleichen und kehrte nur unter der Bedingung nach Rom zurück, daß seine Schulden getilgt und Tribunen eingesetzt würden, die seine Rechte vertraten. Die Tribunen setzten die Zinsen auf vier Prozent herab, und schließlich wurden sie für einige Zeit ganz abgeschafft.

Jeder der beiden Stände, die die römische Republik bildeten, schmiedete immerfort ehrgeizige Pläne, um sich auf Kosten des andren zu erheben. Daraus entstand Mißtrauen und Eifersucht. Einige Aufrührer schmeichelten dem Volke, indem sie seine Forderungen noch steigerten, und durch einige junge Senatoren von hitziger Gemütsart und großem Stolze fielen die Beschlüsse des Senats oft zu streng aus. Die Lex agraria über die Verteilung der eroberten Gebiete erregte in der Republik mehr als einmal Zwistigkeiten, so im Jahre 267 nach der Gründung Roms. Der Senat schuf zwar eine Ablenkung durch einige Kriege, aber der Zwist erwachte immer aufs neue und währte bis zum Jahre 300.

Endlich sah Rom die Notwendigkeit ein, seine Zuflucht zu Gesetzen zu nehmen, die beide Teile befriedigten. Nun wurden Spurius Posthumius Albus, Aulus Man, lius und Publius Sulpicius Camerinus nach Athen geschickt, um Solons Gesetze zu sammeln. Nach ihrer Rückkehr wurden sie unter die Dezemvirn aufgenommen. Sie verfaßten die Gesetze, die dann durch Senatsbeschluß und durch Volksabstimmung bestätigt wurden. Man ließ sie auf zehn eherne Tafeln eingraben, zu denen im folgenden Jahre noch zwei Tafeln traten. So entstand die unter dem Namen der Zwölf Tafeln bekannte Gesetzsammlung. (Livius, III., 31.)

Diese Gesetze beschränkten die väterliche Gewalt, straften die Vormünder, die ihre Mündel betrogen, und erlaubten jedem die beliebige Vererbung seines Vermögens. Später bestimmten die Triumvirn, daß die Erblasser den vierten Teil ihres Vermögens ihren natürlichen Erben hinterlassen sollten: das ist der Ursprung des sogenannten Pflichtteils1. Kinder, die innerhalb von zehn Monaten nach dem Tode ihres Vaters zur Welt kamen, sollten noch für eheliche Kinder gelten, ein Privileg, das Kaiser Hadrian später bis auf den elften Monat ausdehnte.


1 Fußnote des Königs: „Es gab nur zwei Arten von Intestaterben: Kinder und männliche Verwandte.“