<230> ebensosehr zu seinem eignen Ruhme bei, wie zu dem des großen Engländers, den er in seiner Bescheidenheit stets als seinen Lehrer ansah. Wem brauchte ich erst zu sagen, daß er, vom König von Frankreich mit Ehren überhäuft, durch unsren König nach Berlin berufen ward, und daß unsre Akademie unter seiner Leitung nach langem Siechtum neues Leben gewann?

Soll ich das Publikum darüber belehren — es weiß ja längst Bescheid! — daß Maupertuis durch seine Mitarbeit auf allen Gebieten mehr als ein andrer von uns zu den Abhandlungen beiträgt, die wir alljährlich veröffentlichen? Wer weiß nicht oder tut, als wüßte er nicht, daß Maupertuis von allen Gelehrten, die seine Werke lasen, bewundert, von uns geliebt und geschätzt, von allen, die mit ihm leben, hochgeehrt, bei Hofe ausgezeichnet und vom König mehr begünstigt wird als irgend ein Gelehrter ?

Ich beklage unsren Präsidenten nicht. Er teilt das Los aller großen Männer: beneidet zu werden und seinen Feinden keine andre Waffe zu lassen, als die Erfindung abgeschmackter Lügen. Zu beklagen sind nur die armseligen Skribenten, die sich kopflos ihren Leidenschaften überlassen und von ihrer Böswilligkeit so verblendet sind, daß sie ihre Gewissenlosigkeit, Schlechtigkeit und Unwissenheit zugleich offenbaren.

Aber welchen Zeitpunkt, glauben Sie wohl, haben diese Leute zum Angriff gegen unsren Präsidenten benutzt? Sicherlich meinen Sie, als ehrliche Kämpfer hätten sie ihn zum Kampfe mit gleichen Waffen herausgefordert. Nein, mein Herr! Ermessen Sie die ganze Feigheit und Nichtswürdigkeit ihres Charakters! Sie wissen, daß Maupertuis zu unsrem Schmerze seit einem halben Jahre brustleidend ist, Blut hustet und häufige Ersiickungsanfälle hat, daß sein Siechtum ihn am Arbeiten hindert, daß er dem Tode näher ist als dem Leben, daß die Tränen einer liebenden Gattin und die Teil, nahme aller redlich Denkenden ihn rühren1. Diesen Augenblick wählten sie, um ihm, wie sie glauben, den Dolch in das Herz zu stoßen! Hat man je etwas Boshafteres, Feigeres, Ruchloseres gesehen? Hat man je von einer schändlicheren Räubertat gehört? Wie? Ein berühmter Gelehrter, der in seinen Worten nie einen Menschen gekränkt, der selbst mit der Feder seine Feinde respektiert hat, erfährt in dem Augen, blick, wo er sein Leben aushauchen will, wo ihm wie allen Ehrenmännern nichts bleibt als der Trost, einen wohlbegründeten Ruf zu hinterlassen, — daß man ihn angreift, verfolgt und verleumdet! Man möchte ihn ins Grab bringen mit dem Schmerz und der Verzweiflung darüber, in seinen letzten Stunden der Zuschauer seiner eignen Entehrung und Schande gewesen zu sein! Man möchte von ihm das Bekenntnis hören: Wozu hat mir das reine, makellose Leben genützt, das ich führte, wozu all die emsige Arbeit, die ich der Öffentlichkeit leistete, meine literarischen Schriften, die Diensie, die ich der Akademie widmete, und die Werke, die mich unsterblich machen sollten, wenn meine Asche zum Gegenstand der Verachtung wird, indem man meinen Ruf zu bestecken sucht, wenn ich meiner Familie nichts als


1 Maupertuis starb erst am 27. Juli 1759 in Basel.