<85> Falle einer verlorenen Schlacht diese selbe Streitmacht unter den Schutz der Kanonen seiner Festungen zu retten; während der Feind sich an die Belagerung einer Festung macht, gewinnt er Zeit, wieder zu sich zu kommen und neue Kräfte an sich zu ziehen, die womöglich, wenn er sie nur rechtzeitig zusammenbrachte, den Gegner zur AufHebung der Belagerung zwingen können.

Die letzten Kriege in Brabant, zwischen dem Kaiser und den Franzosen, rückten. fast garnicht vom Flecke; das machte die große Fülle der festen Plätze. Schlachten, in denen hunderttausend andere hunderttausend Mann schlugen, hatten gerade die Einnahme von ein oder zwei Städten zur Folge; im nächsten Feldzuge erschien dann der Gegner, der inzwischen Zeit gehabt, seine Verluste zu ersetzen, mit neuen Streitkräften auf dem Plan, und wieder Hub das Ringen an, ein Ringen um das, was im Vorjahre schon entschieden worden! In Landern mit vielen festen Plätzen werden Heere, die zwei Quadratmeilen bedecken, dreißig Jahre lang Krieg führen können, ohne, im glücklichen Falle, um den Preis von zwanzig Schlachten mehr denn zehn Meilen Landes zu gewinnen.

In offenen Ländern entscheidet dagegen der Ausgang eines Kampfes oder zweier Feldzüge das Glück des Siegers und unterwirft ihm ganze Königreiche. Alexander, Cäsar, Karl XII. dankten ihren Ruhm dem Umstande, daß sie in den Ländern, die sie eroberten, nur wenig befestigte Plätze vorfanden; der Besieger Indiens hatte in all seinen ruhmvollen Feldzügen nur zwei Belagerungen zu unternehmen, der Herr über das Schicksal Polens auch niemals mehr. Prinz Eugen, Villars, Marlborough, der Marschall von Luxemburg waren Feldherren von ganz anderem Schlage als Karl und Alexander; nur litt der Glanz ihrer Erfolge, die, genau genommen, die Leistung gen Alexanders und Karls überstrahlten, etwas darunter, daß sie Festungen zu bezwingen hatten.

Die Franzosen wissen den Wert von Festungen wohl zu würdigen: von Brabant bis zum Dauphine zieht es sich wie eine Doppelkette von befestigten Plätzen. Die französische Grenze gegen Deutschland gleicht dem offenen Rachen eines Löwen, der zwei Reihen drohender und gewaltiger Zähne weist und Miene macht, als wolle er alles verschlingen.

Damit wäre wohl der hohe Wert befestigter Städte zur Genüge dargetan.