<206> nichts lernt. Führen Sie ihm das Beispiel des Markgrafen von Schwebt und des Markgrafen Heinrich1 vor Augen. Man soll ihm nichts in den Kopf setzen, sondern ihn ganz schlicht aufziehen. Gegen alle Welt soll er höflich sein; begeht er eine Grobheit gegen jemand, so soll der sie auf der Stelle erwidern. Er muß lernen, daß alle Menschen gleich sind und hohe Geburt nur Chimäre ist, wenn nicht das Verdienst hinzukommt. Lassen Sie ihn allein mit den Leuten sprechen, damit er völlig unbefangen werde. Was liegt daran, wenn er blindlings drauflosschwatzt? Man weiß ja, es ist ein Kind. Bei seiner ganzen Erziehung wirken Sie mit aller Kraft dahin, daß er selbständig handle und sich keinesfalls an fremde Führung gewöhne. Seine Dummheiten sollen ihm ebenso gehören wie seine guten Handlungen.

Von der größten Bedeutung ist es, daß ihm Neigung zum Militär beigebracht werde. Deshalb müssen Sie selbst und andere ihm bei jeder Gelegenheit sagen, daß ein Mann von hoher Abkunft, der nicht Soldat ist, nur ein elender Kerl ist. So oft er nur will, soll er Truppen zu sehen bekommen. Man kann ihm auch die Kadetten zeigen und mit der Zeit fünf oder sechs von ihnen kommen lassen, damit sie mit ihm exerzieren. Doch soll das eine Unterhaltung sein, nicht eine Pflicht; denn die große Kunst besteht darin, ihm Geschmack an diesem Handwerk beizubringen, und es hieße alles verderben, wenn man ihn langweilte oder abschreckte. Mit jedem soll er sprechen, mit Kadetten, Soldaten, Bürgern, Offizieren; so wird er ein sicheres Auftreten erlangen.

Vor allem soll er zur Anhänglichkeit an dies sein Land begeistert werden. Niemand darf mit ihm andere als gut patriotische Reden führen. Bei Gegenständen und Unterredungen jeder Art kann man ein paar moralische Bemerkungen einfiechten, die darauf ausgehen, ihm Menschlichkeit, Güte und alle Anschauungen zu predigen, die einem Manne von Ehre und vornehmlich einem Fürsten wohl anstehen.

Ich will, daß er, wenn er älter wird, mit dem Dienst als Leutnant beginnt, um dann alle Grade zu durchlaufen. Es soll also in ihm kein Dünkel großgezogen werden. Die Offiziere, die mit ihm speisen, sollen ihn angreifen und necken, damit er keck und fröhlich werde. Möglichst oft soll er Gesellschaft um sich haben. Wenn er Lust hat, in seinen Erholungsstunden mit Kindern seines Alters zusammenzusein, so kann das nichts schaden. Et ist ein wenig schweigsam; Anregung tut ihm recht not. Wollen Sie sich deshalb angelegen sein lassen, daß er so heiter wie möglich werde. Bei jedem Anlaß wollen Sie ihm die schuldige Verehrung und Liebe für Vater und Mutter, Achtung gegen die Verwandten einprägen. Sobald Sie ihn näher kennen, müssen wir zu erfahren suchen, welches seine Hauptneigung ist. Gott behüte uns davor, sie ausrotten zu wollen! Aber bemühen wir uns, sie einzudämmen. Wenn er sich selbst überlassen ist, soll er doch nichts tun, ohne einen Grund dafür anzugeben.


1 Von der Schwedter Nebenlinie des Hauses Brandenburg genoß allein Markgraf Karl die Achtung des Königs.