<158> welche die Truhen des Königs plündern, viel Unordnung und viel Räuberei stürzen diesen Staat in einen Abgrund von Schulden....Trotz aller dieser Mißbräuche ist Frankreich das mächtigste Königreich in Europa.... Seine Vergrößerungspläne sind auf die Ausdehnung seiner Grenzen bis zum Rhein gerichtet... (Französisches Vertragsprinzip ist, den Bundesgenossen alle Last des Krieges aufzubürden) und sich freie Hand zu bewahren.... Man muß bei dieser Macht auf seiner Hut sein....

Zur Schande meiner Nation bin ich genötigt, einzugestehen, daß niemals das öffentliche Interesse dem Privatinteresse in höherem Grade aufgeopfert worden ist als jetzt. (Die deutschen Fürsten sind Kaufleute geworden.) Sie verhandeln das Blut ihrer Untertanen, sie verhandeln ihre Stimmen im Fürstenrat und im Kurfürstenrat; ich glaube, sie würden ihre eigene Person verhandeln, fände sich jemand, der sie bezahlen wollte....

Wir haben niemals von irgend jemand Subsidien erhalten. (Strengen Tadel verdient der erste König, der im Spanischen Erbfolgekrieg anders verfahren ist.) Laßt Euch gesagt sein, daß jede Macht, die im Solde einer andern sieht, sich die Hände bindet und nur eine Nebenrolle spielt. Sie befindet sich stets in Abhängigkeit von der zahlenden Macht und muß sich beim Friedensschluß alles gefallen lassen, was der allzu mächtige Alliierte verlangt....

Der König von Sardinien ist ein Krebs, der an der Lombardei nagt. Um König der Lombardei zu werden, wird er bald die Partei Frankreichs, bald die Öfterreichs ergreifen, vorausgesetzt, daß er dabei etwas gewinnt1....

Das christliche Europa ist wie eine Republik von Souveränen, die sich in zwei mächtige Parteien teilt. England und Frankreich haben seit einem Jahrhundert zu allen Bewegungen den Anstoß gegeben. Wollte ein kriegerischer Fürst etwas unternehmen, wenn jene beiden einverstanden sind, den Frieden zu erhalten, so würden sie ihm ihre Vermittlung anbieten und ihn nötigen, sie anzunehmen. Einmal bestehend, hindert das politische System alle großen Eroberungen und macht die Kriege unfruchtbar, wenn sie nicht mit überlegener Macht und unausgesetztem Glück geführt werden.

Preußen wird es nie an Alliierten fehlen; sie richtig zu wählen, muß man sich alles persönlichen Hasses, aller Vorurteile, der günstigen wie der ungünstigen, entkleiden. Das Interesse des Staates allein darf im Rate des Regenten entscheiden...

(Lothringen und Schlesien sind wie zwei Schwestern, von denen die eine den König von Preußen, die andere den König von Frankreich geheiratet hat2....)

(Frankreich kann eine Wiedereroberung von Schlesien nicht begünstigen noch dulden, weil Österreich ihm dadurch zu stark werden würde. Frankreich hat ein Interesse gegen England wie Preußen gegen Hannover; es kann Preußen durch Diversionen zu Hilfe kommen. Die Allianz mit Frankreich ist eine solche, die nicht auf


1 Vgl. Bd. II, S. 40f. und 52.

2 Im Mai 1770 bot der König Elsaß-Lothringen dem Wiener Hofe an.