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III. Aus der Instruction für die Kommandeurs der Infanterie-Regimenter274-1
(11. Mai 1763)

Vom kleinen Dienste in den Garnisonen

NB. Vom Commandeur an bis zum geringsten Tambour soll sich keiner unterstehen, dem Bürger Ueberlast zu thun. Derjenige Officier oder Unter-Officier, so dergleichen vornimmt, soll sogleich arretirt und bestraft werden. Ist es ein Gemeiner, der dem Bürger Ueberlast thut, muß selbiger mit Stockschlägen bestraft werden.

Da die Gouverneurs und Commandanten in den Festungen Ordre haben, dem Bürger verschiedene Sachen nicht zu gestatten, die den Festungswerken Schaden<275> thun könnten, so muß solcher Ordre von den Bürgern aufs exacteste nachgelebet werden, und wenn dieselben sich dawider opponiren, müssen selbige zur Strafe gezogen werden.

Wenn die Regimenter gegen die Bürger zu klagen haben, so muß man die Klagen bei dem regierenden Bürgermeister anbringen, der solche auf bürgerlicher Seite untersuchen und nach Beschaffenheit der Umstände die Bürger bestrafen wird.

Von der Aufsicht und Zucht der Officiere

Weil Seine Königliche Majestät ein nobles und respectables Corps Officiere bei der Armee haben wollen, so müssen

1. sämmtliche Officiere zu einer sehr guten Conduite angehalten werden, leine niederträchtige Streiche ausüben und von dem Commandeur geduldet werden, als Schulden machen und nicht bezahlen, sich dem Soffe ergeben und eine schlechte Conduite führen, liederliche Häuser und Cafes frequentiren und dergleichen mehr, so einem Officiere ungeziemend sind. Das Spielen wird den Officieren sowohl als Unter-Officieren und Gemeinen auf das schärfste verboten; und weil sich viele Officiere dadurch ruiniren und derangiren, so muß sehr darauf gesehen werden, daß solches nicht geschehe.

2. Den Officieren muß nicht gestattet werden, mit gemeinen Leuten und Bürgern umzugehen, sondern sie müssen ihren Umgang immer mit höheren Officieren und ihren Cameraden, so sich gut conduisiren und Ambition besitzen, haben. Wenn man stehet, daß Officiere mit dergleichen Leuten Umgang haben, so ihnen nicht anständig, und daß sie sich nicht corrigiren und von selbigen abhalten lassen wollen, so muß man suchen, solche junge Leute, indem sie niemals rechte Ambition kriegen werden, vom Regiment zu schaffen, und weil aus allen denen, welche ohne Lust dienen und keinen wahren Eifer zum Dienst bezeigen, nichts wird, so müssen solche Officiere gemeldet werden, worauf sie ihre Abschiede ohne große Résistance bekommen können. Die Officiere sollen nicht beurlaubt werden ohne dieserhalb bei Seiner Königlichen Majestät geschehene Anfrage. Sind aber die Commissaires-Inspecteurs275-1 in den Provinzen, so können sie den Officieren auf drei bis vier Tage Urlaub geben.

Hauptsächlich müssen die Commandeurs darauf halten, sich ein Corps guter und ansehnlicher Officiere zu formiren. Sollten sich auch Edelleute aus fremden Landen finden, so Verstand, Ambition und einen wahren Diensteifer zeigten, so können solche wieder bei den Regimentern als Officiere Seiner Königlichen Majestät in Vorschlag gebracht werden.

Was Jugendfehler, so von Leuten aus Dummheit und nicht genügsamer Ueberlegung geschehen, betrifft, so muß man solche zuerst nicht mit der größten Rigueur<276> bestrafen, sondern, wenn es Leute von Ambition sind, so ist die Correction von einem Stabs-Officiere und der Arrest von einigen Tagen suffisant276-1, solche junge Leute zu corrigiren.

3. Da Seine Königliche Majestät wegen der Gefreiten-Corporale gefunden, daß der Umgang, den sie in ihrer Jugend mit dem gemeinen Manne zu viel haben, ihnen immer anklebet, so wollen Höchstdieselben den fünf ältesten Gefreiten-Corporalen von nun an bei den Regimentern Fähnrichs-Patente ertheilen, um ihnen dadurch Ambition beizubringen, daß sie mit Officieten und nicht mit Unter-Officieren und Gemeinen, außer was im Dienst nöthig ist, Umgang haben. Auf den Wachen, Commandos, bei dem Ererciren usw. thun aber solche nach wie vor Gefreitem Corporalsdienste.

Alle junge Edelleute und Officiere, so nicht Ehre und Ambition zum Grunde legen, sondern durch beständige Strafen zu ihrem Devoir sich anhalten lassen, aus solchen ist es schwer, tüchtige und capable Generale zu formiren. Da sich aber findet, daß nicht alle Leute egale Talente haben, so müssen diejenigen, welche die wenigste Einsicht und nicht die genugsamen Talente und Ambition besitzen, zum kleinen Dienste, als Visitirung der Quartiere und Lazarethe, zu Exercirung der Recruten (wie solches im Reglement genau detailliret ist) angehalten werden, damit selbige bei den Regimentern doch einigermaßen zu gebrauchen sind; diejenigen aber, so am meisten Verstand und Ambition besitzen, die sie dringet, sich von ihrem Métier besser als andere zu acquittiren276-2, deren Conduite gut und vernünftig ist, die keine Faulheit und Schläfrigkeit spüren lassen, sondern sich mit Lust zu allen Stücken ihres Métier appliciren, solche müssen nicht allein das Visitiren der Quartiere und Lazarethe, Exerciren der Recruten und was alles zum kleinen Dienste gehöret, so gut wie die andern thun, sondern sich auch noch mehr auf die Fortification, Geographie, Sprachen, Kenntniß der Länder und deren Beschaffenheit und andereeinem Generale nöthigen Wissenschaften befleißigen.

Da nun ohne Zweifel solche Leute ihr künftiges Glück machen können und bei diesem Getier noch das allervornehmste, die Fortification, zu verstehen ist, ohne welche ein General von der Infanterie nie ein rechter General sein kann, so werden Seine Königliche Majestät, um den Officieren ein Mittel an die Hand zu geben, daß sie die gehörige Kenntniß von der Fortification bekommen und sich die Länder und deren Beschaffenheit bekannt machen, in verschiedenen Städten Schulen etabliren, um die Fortification zu erlernen, als eine in Wesel, wo alle Officiere von der kleveschen Garnison und die vom Regiment von Schenckendorff alle Winter vier Monate, als November, December, Januar und Februar informiret werden können; ferner eine in Magdeburg für die magdeburgische Garnison, imgleichen für die Regimenter Lindstedt, Hülsen, Grabow, Bernburg, Wied und Mosel; eine in Berlin für die<277> märkischen und neumärkischen Regimenter; eine in Breslau für die schlesischen Regimenter; eine in Königsberg für die preußischen Regimenter.

Die Gouverneurs und Commandanten in den Festungen werden Ordres bekommen, die von den Regimentern hingeschickten Officiere, so lange sie in ihren Gouvernements sind, zur gehörigen Application anzuhalten, auf derer Conduite mit Acht zu geben, und sollte es etwa sein, daß solche Officiere dem Spiele oder dem Gesöffe nachgingen, oder auch andere liederliche Häuser und Cafes, anstatt sich zu demjenigen zu appliciren, warum sie hingeschickt sind, frequentirten, so wird der Gouverneur oder Commandant in solcher Stadt dergleichen Officiere, so solche unanständige Dinge vornehmen, mit einem Commando arretirt wieder an das Regiment schicken, und sollen dergleichen Leute künftig nicht wieder nach den Städten, um was zu lernen, geschickt werden; und damit dergleichen Abus277-1 nicht mehr geschehen mögen, so befehlen Seine Königliche Majestät, daß solchen Officieren zwei jüngere im Rang vorgezogen werden.

Seine Königliche Majestät werden in jede dieser militairischen Schulen in vorbenannten Städten Karten von Deutschland geben, welche die Officiere mit größter Attention nachsehen und sich nicht allein die Festungen, Haupt- und andere Städte und Flüsse, sondern auch die Lage der Länder und deren Beschaffenheit, als bergige Terrains, Plainen und Wege, so viel möglich, bestens bekannt machen müssen, welches das vornehmste ist, was ein Officier und General wissen muß und außer dem keiner ein rechter General werden kann.

Da die französische Sprache anjetzo unentbehrlich ist, und der, so sich darauf befleißiget, in England, Holland, Italien, Polen, Rußland und allerwärts fortkommen kann, wenn er auch gleich die andern National-Sprachen nicht verstehet, so recom-mandiren Seine Königliche Majestät solche einem jeden Officiere bei den Regimentern sehr, damit sich selbige und auch die jungen Edelleute, wo sie Gelegenheit haben, befleißigen, solche zu erlernen. Die Officiere bei den schlesischen und preußischen Regimentern können sich auch zugleich, wo nicht alle, doch einige, auf die Erlernung der polnischen Sprache legen.

Da Seine Königliche Majestät gefunden, daß die mehresten Officiere in ihren Garnisonen so viele Faulheit besitzen und sich nicht einmal das Terrain um ihre Garnison bekannt machen, welches doch sämmtlichen Officieren zu wissen höchst nöthig ist, wenn sie Deserteurs nachgeschickt werden, so befehlen Seine Königliche Majestät den Commandeurs der Regimenter, den Officieren Urlaub zu geben, zu sagen auf einen Tag, um von den bergigen Terrains Kenntniß zu erlangen, sich die Defiles, enge und hohle Wege und dergleichen sehr genau bekannt zu machen, welches in allen Garnisonen, wenn die Regimenter ihre Quartiere verändern, geschehen muß.

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Seine Königliche Majestät werden zu Revue-Zeiten sich bei den Regimentern genau nach den Officieren erkundigen, die sich am meisten auf die Erlernung der Fortification, Geographie, Sprachen und Kenntniß der Länder beflissen haben. Diejenigen, deren Application und Conduite gut ist, die die wahre Ambition besitzen, noch General-Feldmarschälle und commandirende Generale zu werden, haben sich alsdann Gnadenbezeigungen und Avancements zu versprechen.

Im übrigen declariren Seine Königliche Majestät hiebei, daß es bei dem Avancement in der Tour278-1 bis inclusive zum Oberst-Lieutenant bleiben soll, wofern nicht hin und wieder Officiere durch ihre üble Conduite und andere Fehler Ursache geben, daß ihnen andere vorgezogen werden.


274-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

275-1 Vgl S. 234.

276-1 hinreichend.

276-2 ihren Beruf besser als andre auszufüllen.

277-1 Mißbräuche

278-1 nach dem Dienstalter.