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Alles bisher Gesagte genügt aber noch nicht, um ein gutes Heer zu bilden. Es muß auch behend, geschickt, beweglich und imstande sein, die Anordnungen der Generale auszuführen. Sonst wird auch die Tüchtigkeit des Heerführers durch die Unwissenheit der Truppen brachgelegt, und er kann seine Kunst und seine Hilfsmittel nicht entfalten. Man muß die Generale und Stabsoffiziere, die Subalternoffiziere und Soldaten ausbilden.

Die Ausbildung des Soldaten erstreckt sich auf Schießen, Vorrücken und auf die Evolutionen. Die Schlachten werden durch Feuerüberlegenheit gewonnen. Von den Angriffen gegen feste Stellungen abgesehen, wird die schneller ladende Infanterie allemal über die langsamer ladende siegen. Den Beweis bilden die Schlachten von Roßbach, Liegnitz, Torgau und viele andre. Aus diesem Grunde habe ich nach dem Kriege so sehr darauf gedrungen, daß die Infanterie schnell ladet und daß der Soldat möglichst gewandt ist. Es geht schon besser, aber man darf in diesem Punkte nicht nachlassen. Die täglichen kleinen und großen Paraden erhalten den Mann in der Übung; er lernt vorwärts marschieren, ohne Schwanken und Auseinanderreißen der Linie. Die Grundlagen des Exerzierens werden täglich bei der Wachtparade gelegt1. Die Offiziere lernen dabei das Nehmen der Richtpunkte, die Alignements-märsche und alle wichtigen Bewegungen, die man mit Truppen machen kann. Abbrechen und Aufmarschieren, kurz, alles im kleinen, was eine Armee im großen ausführt. Wird dies alles genau beachtet und täglich geübt, so bleibt die Armee unter einem tüchtigen General an ihrer Spitze fast unbesieglich und jederzeit furchtgebietend.

Da ein Mensch nicht auf alle diese Kleinigkeiten des Regimentsdienstes achten kann, so habe ich Inspekteure eingesetzt, die jeder ein Korps unter Aufsicht haben2. Sie sind verantwortlich für die Ausführung der den Truppen gegebenen Vorschriften, für die Gleichmäßigkeit der Disziplin, damit einer wie der andre behandelt wird, ohne zu große Milde oder zu große Strenge. Die Inspekteure berichten mir über die Führung der Offiziere, bringen die zur Anzeige, die durch schlechtes Verhalten, Nachlässigkeit und Dummheit ihren Abschied erwirkt haben, und empfehlen solche, die durch Eifer oder Talente Auszeichnung verdienen. Sie besichtigen die Regimenter häufig, lassen sie exerzieren, verbessern die Mängel und halten die Revuen ab, wenn die Staatsgeschäfte mich daran hindern, selbst in die Provinzen zu reisen. Schließlich haben sie den Vorsitz bei den Enrollierungen und halten darauf, daß die Kantons nicht von den Hauptleuten schikaniert werden, wie es früher nur zu häufig geschehen ist.

Ich nehme alljährlich die Revue über die Regimenter ab, die sich bei Potsdam, Berlin, Stargard, Magdeburg und in Schlesien versammeln; denn diese Truppen


1 Für alle nicht beurlaubte Mannschaften fand täglich Exerzieren während der Wachtparaden statt.

2 Diese Einrichtung erfolgte 1763 sofort nach Friedensschluß, und zwar provinzweise und in den Provinzen nach den beiden Hauptwaffen. Vgl. die Instruktionen von 1780 und 1781 (S. 287ff).