<71> wieder gehorsam zu machen, steter Übung, damit er behend wurde, und langer Gewöhnung, damit er viermal in der Minute laden lernte, ohne Schwanken in der Front marschierte, kurz all die Bewegungen ausführte, die im Felde bei den verschiedensten Gelegenheiten von ihm verlangt werden. War aber der gemeine Mann auch ausgebildet, so war es noch schwerer, die jungen Offiziere diensttüchtig zu machen und ihnen das nötige Verständnis für ihren Beruf beizubringen. Um ihnen Übung in den verschiedenen Truppenbewegungen zu geben, ließ man sie in der Nähe ihrer Garnison manövrieren. Sie mußten die verschiedenen Aufmärsche, Angriffe in der Ebene, auf feste Stellungen und Dörfer, die Bewegungen bei der Avantgarde, beim Rückzuge, beim Formieren der Karrees üben, damit sie sowohl angreifen wie sich verteidigen lernten. Das wurde den ganzen Sommer hindurch geübt und täglich ein Teil ihres Pensums wiederholt. Um diese Exerzitien auch in größeren Verbänden zu machen, versammelten sich die Truppen alljährlich zweimal, im Frühjahr und im Herbst1. Dann wurden nur kriegsmäßige Übungen ausgeführt, Angriffe und Verteidigung fester Stellungen, Fouragierungen, Kriegsmärsche aller Art und Scheingefechte, wo die Truppen die dafür entworfenen Dispositionen ausführten. So ward, wie Vegetius sagt, der Friede für die preußischen Heere zur Schule und der Krieg zur praktischen Anwendung des Gelernten.

Man darf indes nicht glauben, daß die ersten Manöver nach dem Kriege sehr glänzend ausfielen. Es bedarf der Zeit, damit die angewandte Taktik zur Gewohnheitssache wird, die die Truppen mühelos ausführen. Erst seit dem Jahr 1770 begann die angestrebte Genauigkeit sich zu zeigen. Seitdem erhielt die Armee ein neues Gepräge, und man konnte gewiß sein, daß auf sie Verlaß war, wenn sie ins Feld geführt wurde.

Um diesen Grad der Vollkommenheit zu erreichen, der für das Staatswohl so wichtig ist, hatte man alle Bürgerlichen aus dem Heer ausgemerzt und sie in die Garnisonregimenter gesteckt, wo sie mindestens so viel leisteten wie ihre Vorgänger, die wegen Dienstuntauglichkeit in Pension geschickt wurden. Da das Land aber nicht Edelleute genug für die Armee lieferte, so nahm man seine Zuflucht zu Ausländern aus Sachsen, Mecklenburg und dem Reiche, unter denen sich manche tüchtige Offiziere befanden. Diese Sorgfalt in der Auswahl des Offiziersersatzes ist wichtiger, als man glaubt; denn im großen und ganzen hat der Adel Ehrgefühl. Es ist zwar nicht zu leugnen, daß hin und wieder auch Verdienst und Talent bei Nichtadligen vorkommt, aber das ist doch recht selten der Fall. Findet man es indessen, so soll man es festhalten. Im allgemeinen aber kann der Adel sich nur durch das Schwert auszeichnen. Verliert ein Adliger seilte Ehre, so findet er nicht einmal mehr im Elternhause Zuflucht, wogegen ein Bürgerlicher, der sich mit Schande bedeckt hat, das Gewerbe seines Vaters ohne Erröten wieder aufnimmt und sich darum doch nicht entehrt fühlt.


1 Vgl. Bd. VII, S. 173 f.