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Die Vermehrung betragt also insgesamt 1 120 000 Seelen.

Vielleicht glaubt man, solche ungeheuren Aufwendungen hätten die Staatsmittel und Einkünfte erschöpft. Dazu kamen aber noch die Ausgaben für die Festungen, sowohl für den Ausbau der alten wie für die Anlage von neuen, und die Summen, die die Wiederinstandsetzung der Artillerie verschlang, insgesamt 5 Millionen 900 000 Taler. Doch die Regierung bestritt alle Kosten. Der König gab nichts für Schaugepränge aus, wie es an großen Höfen üblich ist. Er lebte nur als Privatmann, um den höchsten Pflichten seines Amtes zu genügen. Dank strenger Sparsamkeit wurde der große und der kleine Staatsschatz aufgefüllt, jener für die Kriegsausgaben, dieser zum Ankauf der Pferde und für die Mobilmachungskosten. Ferner wurden 900 000 Taler in Magdeburg und 4 Millionen 200 000 Taler in Breslau niedergelegt zum Ankauf von Fourage1. Dies Geld war vorhanden, als der Krieg zwischen der Zarin Katharina II. und Mustapha ausbrach (1769). Laut dem Vertrage mußten alljährlich 500 000 Taler Subsidien an Rußland gezahlt werden2, solange die Wirren in Polen und in der Türkei währten. Das Staatswohl und die Bundestreue verlangten diese Ausgabe, die übrigens sehr ungelegen kam, besonders wegen der großen Finanzoperationen, die eben im Gange waren und die allein beträchtliche Summen verschlangen. Es war also Sache der Politik, den Staat für die nach Rußland gesandten Gelder zu entschädigen, die unter den damaligen Umständen den preußischen Provinzen nützlicher gewesen wären.

Im folgenden Jahre (1770) entstand in ganz Nordeuropa eine große Teuerung infolge des lang anhaltenden Frostes, der alle Feldfrüchte vernichtete. Neues Elend drohte dem Volke; eine neue Notwendigkeit gebot, ihm zu helfen. Die Armen erhielten umsonst Brotkorn. Da aber der Nahrungsmittelkonsum zurückging, so hatte die Akzise einen Ausfall von 500 000 Talern. Der König hatte große Vorratsmagazine in Schlesien und in seinen Erblanden angelegt. 76 000 Wispel waren zur Ernährung der Armee für zwölf Monate aufgespeichert. Außerdem bestand noch ein Lager von 9 000 Mispeln für die Bedürfnisse der Hauptstadt. Diese weisen Vorkehrungen beschützten das Volk vor der drohenden Hungersnot (1771). Die Armee wurde aus den Magazinen beköstigt; auch das Volk erhielt Brot- und Saatkorn aus ihnen. Ebenso brachte das folgende Jahr (1772) eine Mißernte, aber wenn der Scheffel Weizen im preußischen Staate auf 2 Taler und einige Groschen stieg, so war das Elend bei den Nachbarn noch viel größer: in Sachsen und Böhmen wurde er mit 5 Talern bezahlt. Sachsen verlor über 100 000 Einwohner, die teils verhungerten, teils auswanderten. Böhmen verlor wenigstens 180 000 Seelen. Wer 20 000 böhmische und sächsische Bauern suchten in Preußen Zuflucht gegen die Not. Sie wurden mit offenen Armen aufgenommen und dienten zur Besiedlung der neu erschlossenen Gebiete.


1 Vgl. Bd. VI, S. 222; VII, S. 211.

2 Vgl. S. 17 f.