<39> eine geheime Krankheit mit, die er verschleppt hatte. Die Königin, seine Gemahlin, erlangte unter dem Vorwande, für die Wiederherstellung seiner Gesundheit zu sorgen, Macht über ihn und schlug ihm einen Arzt namens Struensee1 vor, der ihn gewiß wieder heilen würde. Durch den Zutritt bei Hofe, den dieser Mann hatte, gewann er allmählich mehr Einfluß auf die Königin, als sich dies für einen Mann von niederer Herkunft schickte.

Dies Verhältnis, das sich täglich vertraulicher gestaltete, nötigte die Königin zur äußersten Vorsicht, damit der König die Schande, die sie ihm antat, nicht merkte. Um bei ihren anstößigen Zusammenkünften nicht überrascht zu werden, kamen die Königin und der Arzt, wie behauptet wurde, auf den Einfall, dem König statt Medizin Opium einzugeben, während dessen Wirkung er außerstande war, sie zu stören. Der allzu häufige Gebrauch des Schlafmittels griff den Geist des jungen Königs stark an. Er litt an häufigen und so anhaltenden Geistesstörungen, daß die Königin und der Arzt sich der Zügel der Regierung bemächtigten. Struensee wurde zum Premierminister ernannt und war einige Monate wirklich König von Dänemark. Der dem Thron angetane Schimpf empörte die Dänen. Schließlich entdeckte man, daß die Königin und ihr Minister den Plan verfolgten, den König für regierungsunfähig erklären zu lassen und sich unter diesem triftigen Vorwande der Regentschaft zu bemächtigen. Das empörte die Gemüter vollends.

Man fand, daß man sich mit Schande bedeckte, wenn man das Königreich der Gefahr aussetzte, unter die Herrschaft eines Bastardgeschlechtes zu fallen, dessen Stammvater ein deutscher Arzt wäre. Marinetruppen, die entlassen werden sollten, weil die Hofkabale ihnen mißtraute, waren die ersten, die den Anstoß zur Revolution gaben. Zwei Generale und Minister Graf Osten2 begaben sich insgeheim zur Königin Juliane3, der Stiefmutter des Königs, schilderten ihr in grellen Farben die Gefahren, die ihr, ihrem Stiefsohn und dem ganzen Reiche drohten, und beschworen sie, in einem so kritischen Augenblick einen entscheidenden Schritt zu tun. Sie bestimmten sie dazu, nach einem Balle, der tief in die Nacht hinein dauern sollte, sich auf einer Geheimtreppe in das Schlafzimmer des Königs zu begeben, um ihn vor der drohenden Gefahr zu warnen und ihn unverzüglich einen Befehl unterzeichnen zu lassen, der die Generale ermächtigte, den einen, die Königin Karoline Mathilde gefangen zu nehmen, und den anderen, sich des Arztes und Premierministers zu versichern.

Der Plan kam zur Ausführung, wie er erdacht war4. Die Königin wurde in eine Festung eingesperrt und der Arzt nebst seinen Anhängern vor Gericht gestellt. Aus Furcht vor der Folter gestanden sie alle Verbrechen, deren man sie beschuldigte. Die Ehe der Königin Karoline Mathilde wurde für null und nichtig erklärt; auf An-


1 Johann Friedrich Struensee, seit Juli 1771 Graf und Kabinettsmlmsier.

2 Die Generale Eickstedt und Köller und Graf Adolf Siegfried Osten, der Minister des Auswärtigen.

3 Juliane Marie, die zweite Gemahlin des 1766 gestorbenen Königs Friedrich V.

4 In der Nacht zum 18. Januar 1772.