<205> müssen und in Temesvar zu enden? Davor behüte mich Venus für immer! Ich will nicht nach Ungarn. Wie entsetzlich für eine Französin, die die Vorurteile der strengen, rauhen Schamhaftigkeit nicht kennt! Ich will weiter nichts, als Sie sehen, Sie hören und bewundern. Aber ich möchte frei sein; keine Inquisition, nichts, was mich behindert, was meinem Frohsinn Zügel anlegt und den Launen meines Herzens. Schranken zieht. Ew. Majestät werden darum nicht weniger apostolisch sein; denn, um Ihnen nichts zu verheimlichen, hatten die Apostel, Ihre Vorgänger, Schwestern bei sich, und man müßte zu harmlos sein, um zu glauben, es seien nur Betschwestern gewesen. In Rom geht man weiter: der Vater aller Gläubigen gestattet gegen Ablaß selbst die Stätten der Ausschweifung, und wenn man nur bezahlt, ist er zufrieden. Dieser gute Vater hat Mitleid mit den Schwächen seiner Kinder. Er wendet ihre kleinen Sünden zum Guten durch das Geld, das der Kirche zufließt.

Die Welt war zu allen Zeiten die gleiche. Sie bedarf des Vergnügens und der Freiheit in ihrem Vergnügen. Ihre getreuen Untertanen, die Ihren Geboten in allem folgen, gehorchen Ew. Majestät in diesem einzigen Punkte nicht, und trotz jenes furchtbaren Tribunals sieht Wien in seiner Lebensweise hinter Paris nicht zurück. Ich werde bei Ihnen vorstellig im Namen Ihrer sämtlichen Staaten. Die Vornehmen langweilen sich trotz Prunk und Größe; denn Stolz ist eine trübsinnige Leidenschaft. Seien Sie etwas nachsichtig gegen die Liebe, dulden Sie sie. Sie ist von allen Leidenschaften die Heitersie, geselligste und die einzige beglückende. Gestatten Sie, daß man dies Glück unter Ihrer Regierung genießt. Es ist das größte, das die Natur uns zum Trost für all die Leiden gab, deren das Menschenleben voll ist.

Setzen Sie mich durch diese Toleranz in die Lage, Ihnen meine Huldigungen ohne Furcht und Schrecken darzubringen, damit ich mich ungestraft der Glut meines Gefühls und der ganzen Bewunderung hingeben kann, die Ihre großen, seltenen Tugenden mir einflößen. Das ist der einzige Zug, der Ihnen noch zur Vollkommenheit fehtt. Lassen Ew. Majestät die Herzen aus dem Kerker frei; brechen Sie ihre Ketten, geben Sie der verstohlenen Liebe, die in Sklaverei schmachtet, die Freiheit. Üben Sie Ihre Strenge gegen die unbarmherzigen Kerkermeister und gegen die Büttel der Keuschheit, die die Kinder der Liebe und Freude nur zu lange geknechtet haben. Möge die holdeste, reizendste und menschlichste Leidenschaft eine Beschützerin in der erlauchtesten Fürstin, in der ersten Frau des Jahrhunderts, in Königin Maria Theresia finden, die einer der größten Monarchen Europas ist. Ich wäre überglücklich, holde Königin, könnte ich Sie mit Venus, meiner Göttin, ebenso leicht aussöhnen, wie mit meiner Nation! Das geschah zur Ruhe und im Interesse der Welt; was ich hier unternehme, wird für das Vergnügen der Welt sein. Das Interesse aber war dem Glück nie zu vergleichen! So mächtig Ew. Majestät auch sind, das Reich der Venus wird stets mächtiger sein als das Ihre; es wird trotz Ihnen bestehen. Die heidnischen Götter konnten sich seinen Gesetzen nicht entziehen; sollten wir irgend einem