<172>mand kann ihn verurteilen, weil er Bundesgenossen verlassen hat, von denen er sich verraten sah.

Das, lieber Freund, sind die Nachrichten, die ich über diese ebenso merkwürdige wie wichtige Tatsache erfuhr. Ich hatte von vornherein angenommen, daß ein aufgeklärter Fürst seine Alliierten nicht ohne Grund verlassen würde, und daß er nicht leichtfertig unsichere neue Bundesgenossen den alten, zuverlässigen vorzöge, daß er seine Freunde nicht zu Dank verpflichten wollte, um sich danach den Anspruch auf ihren Dank zu verscherzen. Allein ich vermochte von mir aus nicht alle Beweggründe zu erraten, die bei einem so plötzlichen und gewaltsamen Entschluß mitsprechen mochten. Jetzt aber, wo ich über die Sache Bescheid weiß, gestehe ich, daß ich das Benehmen des Königs von Preußen nicht nur für gerecht und vernünftig halte, sondern auch meinen Frieden mit ihm mache, wie er Frieden mit der Königin von Ungarn gemacht hat.

Überhaupt sind die großen Fürsten zu beklagen. Etwas in ihrem Benehmen bleibt der Öffentlichkeit stets schleierhaft, etwas in ihren Handlungen zweideutig. Das nimmt dann die Welt gegen sie ein, die schon von Natur eher zu harter als zu milder Beurteilung aller Dinge neigt. Wohl ihnen, wenn gerade und Wahrheitsliebende Seelen sich die Mühe geben, ihre Sache gegen ihre Neider zu verfechten oder gegen solche, deren Eitelkeit und Eigenliebe durch die Vernichtung ihrer verderblichen Pläne verletzt wird. Wahrhaftig, lieber Freund, es ziemt uns ebensowenig, über sie wie über die göttliche Vorsehung zu richten: es wird für Uneingeweihte stets verborgene Tiefen geben. Hat man ohne Kenntnis der Ursachen recht ins Blaue hinein geurteilt, erfährt dann aber den wahren Zusammenhang, so muß man ausrufen: „O, wenn's so steht, Hab' ich nichts weiter zu sagen!“ Ich bin Ihr usw.