<185>

Anhang

<186><187>

1. Instruktion für General Wedell187-1

1. Alle Wagens sofort von der Armee abzuschaffen und es auf den hiesigen Fuß, der dem General von Wedell bekannt ist, zu halten.

2. Vor das Brot zu sorgen und solches aus Glogau oder Küstrin beizuschaffen.

3. Auf scharfen Gehorsam zu halten.

4. Denen Officiers bei Cassation das Lamentieren und niederträchtige Reden zu untersagen.

5. Zu schimpfen auch diejenige, die des Feindes Stärke bei allen Gelegenheiten zu groß ausschreien.

6. Den Feind erstlich durch eine gute Position aufzuhalten.

7. Alsdann nach meiner Manier zu attaquiren187-2.

8. Sollte, davor Gott sei, die Armee geschlagen werden, sich zu setzen, wor der Feind eindringen will, oder hinter Frankfurt, Krossen oder bei der Festung Glogau.

9. Diejenigen Officiers, so Lâchetéten begehen, sofort vors Kriegsrecht zu setzen.

10. Die leichten Truppen durch unsere Husaren, Dragoners etc. in Respect zu halten.

11. Mannszucht und strengen Gehorsam bei der Armee zu erhalten.

12. Mir bei seiner Ankunft gleich von allem zu benachrichtigen.

<188>

2. Instruktion für Prinz Heinrich von Preußen188-1
(Juli 1759)

Ich lasse die Armee hier in einem starken Lager. Die Freibataillone sind im Walde postiert, damit sich die Panduren nicht darin einnisten; denn das würde uns arg behindern und unseren Patrouillen die Wege verlegen. Rückt der Feind zum Angriff auf das Lager vor, so müssen die Freibataillone, deren Soutiens und die Dragoner und Husaren zurückgezogen und sämtlich nach der linken Seite des Lagers geworfen werden. Das Lager ist in der Front und in der rechten Flanke unangreifbar; nur auf die linke könnte ein ernster Angriff geschehen, aber der Feind kann keinen Kanonenschuß gegen uns tun.

Im Fall eines Angriffs empfiehlt sich folgende Anordnung: Die Brigade Mosel nebst Batterien wird auf die halbe Höhe des Berges vorgeschoben und vom ganzen ersten Infanterietreffen unterstützt. Auch ist stets Kavallerie bei der Hand zu halten, um die Verwirrung des Feindes zu benutzen. Formiert sich der Feind jenseits von Liebenthal zum Angriff, so ist ihm das zweite Treffen entgegenzusetzen und durch eine Linksschwenkung längs der Höhen aufzustellen. Ein Bataillon nebst den Freikompagnien und Jägern ist auf den Berg jenseits Görisseifen zu stellen. Im Notfalle können auch Bataillone aus der Mitte, z. B. Prinz von Preußen und Itzenplitz, zur Verstärkung dieses Flügels herangezogen werden. Ich glaube nicht, daß die Stellung zu erstürmen ist, aber ich gebe die Dispositionen zur Verteidigung so an, wie ich sie getroffen habe.<189> NB. Will der Feind das Lager angreifen, so ist Mosel aus Hirschberg zurück zuziehen.

Der Feind kann sich nach rechts oder nach links wenden. Marschiert er nach rechts, dann tut er es, um Landeshut zu nehmen. Rückt er auf Friedeberg am Queis, so muß die Armee das Lager bei Hirschberg beziehen und vor allem nicht dulden, daß er Landeshut vor uns erreicht. Folglich muß sie stündlich Tag und Nacht bereit sein, zu marschieren. Rückt der Feind auf Lauban, so braucht die Armee sich nicht zu rühren. Geht er nach Naumburg189-1 und will von da nach Bunzlau vordringen, so muß die Armee sich bei Ottendorf lagern und ihm seine Lebensmittel abschneiden.

Das sind die allgemeinen Gesichtspunkte für Deine Stellung. Wege sind nach allen Seiten angelegt, Du brauchst also nur zu befehlen.

Was Landeshut betrifft, so ist de Ville im Anmarsch von Freiburg her, Fouqué in Gottesberg, und da noch ein feindliches Korps in Trautenau steht, ist Krockow189-2 mit 7 Bataillonen in Landeshut geblieben. De Villes Absichten gehen nicht auf Schweidnitz, sondern auf Neiße. Die österreichische Bäckerei wird in Weidenau errichtet, und die Belagerungsartillerie wartet in Olmütz auf Befehl zum Aufbruch mit einer Bedeckung von 7 Bataillonen. Es ist also darauf zu achten, daß Fouqué rechtzeitig ein Infanterieregiment nach Neiße wirft.

Das Hauptaugenmerk ist hier aber darauf zu richten, daß die Armee nicht von Landeshut abgeschnitten wird. Damit sich die Armee und Fouqué im Notfalle gegenseitig die Hand reichen können, hast Du Dir vor allem klarzumachen, daß der Feind, solange wir Landeshut halten, unmöglich nach Niederschlesien vordringen und sich da behaupten kann.

Unsre Feldbäckerei ist in Merzdorf. Die Armee hat Brot bis zum 3. August und Mehl bis zum 15. August. Muß das Lager bei Ottendorf bezogen werden, so sollen die Bäckerei und die Mehlwagen der Armee folgen. Marschiert sie links ab, so können die Bäckerei und die Mehlwagen über den Bober in die Gegend von Hirschberg geschickt und gleichfalls mitgenommen werden, wohin die Armee rückt.

Da die Artillerie zu einem der wichtigsten Kriegsmittel geworden ist, so glaube ich etwas darüber sagen zu müssen. Zwanzig leichte Zwölfpfünder sind ins erste Treffen zu stellen, sodaß auf jedes Bataillon einer kommt. Ferner sind besondre Batterien zu errichten, und zwanzig oder mehr Geschütze sind für das zweite Treffen aufzusparen, für den Fall, daß ein Teil des ersten Treffens geworfen wird, damit das zweite Treffen einspringen und dem Feind von neuem mit Geschützfeuer zusetzen kann. Das gilt nicht nur für das Lager, sondern für alle Gelegenheiten, wo eine Schlacht zu liefern ist.

<190>

3. Vollmacht und Instruktion für General Finck190-1
(August 1759)

Weilen mir eine schwere Krankheit zugestoßen, so übergebe das Commando meiner Armee währender Krankheit bis an meine Besserung an den General Finch, und kann er im Nothfall von des General Kleisten Corps190-2 ingleichen disponieren, nachdem es die Umstände erfordern; ingleichen von denen Magazins in Stettin, Berlin, Küstrin und Magdeburg.

Friderich.

Instruktion vor den General Finck

Der General Finck kriegt eine schwere Commission. Die unglückliche Armee, so ich ihm übergebe, ist nicht mehr im Stande, mit die Russen zu schlagen. Hadik wird nach Berlin eilen190-3, vielleicht Laudon auch. Gehet der General Finck diese beide nach, so kommen die Russen ihm im Rücken. Bleibt er an der Oder stehen, so kriegt er den Hadik diesseit. Indessen so glaube, daß, wann Laudon nach Berlin wollte, solchen könnte er unterwegens attaquiren und schlagen. Solches, wor es gut gehet, giebt dem Ungelück einen Anstand und hält die Sachen auf. Zeit gewonnen, ist sehr viel bei diesen desperaten Umständen.

Die Zeitungen aus Torgau und Dresden wird ihm Cöper190-4, mein Secretär, geben. Er muß meinem Bruder, den ich [zum] Generalissimus bei der Armee declariret, von allem berichten. Dieses Unglück ganz wieder herzustellen, gehet nicht an; in<191>dessen was mein Bruder befehlen wird, das muß geschehen. An meinen Neveu muß die Armee schwören191-1.

Dieses ist der einzige Rath, den ich bei denen unglücklichen Umständen im Stande zu geben bin; hätte ich noch Ressourcen, so wäre ich darbei geblieben.

Friderich.

<192>

4. Erlaß des Königs an den Geheimen Legationsrat Baron von Knyphausen in London192-1
(12. Oktober 1759)

Allem Anschein nach wenden sich die Dinge zum Frieden. England gewinnt dabei Kanada und Guadeloupe. Was uns betrifft, so hoffe ich, wir werden am Ende des Feldzugs in der gleichen Lage sein wie im vergangenen Winter.

Ich denke mir folgendes. Wir brauchen Salbe auf die Wunde, wenn irgend möglich. Folgendes ließe sich machen. Entweder man schlägt jeder Macht vor, das zu behalten, was sie beim Friedensschluß besitzt, oder will man lieber zurückgeben, dann heißt es, an Äquivalente denken. Da Ostpreußen und meine rheinischen Besitzungen bei weitem nicht soviel wert sind wie Sachsen, so kann man uns die Niederlausitz lassen und den König von Polen mit Erfurt entschädigen, oder mir Preußisch-Polen nach dem Tode des Königs garantieren, oder sonst irgend ein Land, vorausgesetzt, daß es Salbe auf die Wunde ist. Schlimmstenfalls können die Dinge auch wieder auf den Stand vor dem Kriege gebracht werden.

Berichtet mir, was Ihr von dieser Idee haltet. Es wäre recht schön, wenn ein geschickter Unterhändler durch seine Kunst den Frieden so günstig gestalten könnte. Frankreich wird sich mit den Österreichern und Russen unverzüglich überwerfen192-2, und das gibt uns vielleicht die Möglichkeit, Vorteil daraus zu schlagen.

<193>

5. Gedanken über den Frieden193-1
(Januar 1760)

Die folgenden Gedanken über den Frieden stellen sich meinem Geiste dar.

Ob Frankreich der Königin von Ungarn Gebietserweiterungen versprochen hat, ist nicht bekannt. Nehmen wir es aber an. Dann könnte man sie mit einem Stück von Bayern abfinden. Da die kurfürstliche Linie in Bayern im Aussterben ist193-2, würde das keine Schwierigkeit machen. Die Räumung von Sachsen193-3 würde ebensowenig auf Hindernisse stoßen, falls man die Bedingung stellt, daß die Franzosen die preußischen Besitzungen am Rhein und in Westfalen, die Russen Ostpreußen räumen und die Schweden heimkehren. Besteht der Kurfürst von Sachsen durchaus auf einer Entschädigung, so wird Erfurt mit seinem Territorium vorgeschlagen193-4. Das möchte der König von Polen gern haben, und es würde seine Staaten abrunden.

Schwieriger wird es sein, die beiderseitigen Ansprüche Englands und Frankreichs zu befriedigen. Bei Fortdauer des Krieges wird England den Franzosen Martinique abnehmen und Pondichery sowie den französischen Handel vollends zugrunde richten. Frankreich kann allerdings zu Lande große Anstrengungen machen. Bedenkt man aber, daß England, da es keine Landung an seinen Küsten mehr zu fürchten hat, noch 30 000 Mann nach Deutschland übersetzen kann, so wird man zugeben, daß dadurch das Gleichgewicht fast wiederhergestellt ist. Um England also zu einem für Frankreich möglichst wenig nachteiligen Frieden zu bewegen, müßte<194> Frankreich seine Verbündeten dazu verpflichten, den Frieden gleichfalls zu unterzeichnen, oder falls sie nein sagen, ihnen seinen Beistand verweigern.

Denn welche Rolle würde Frankreich sonst spielen? Eine Statistenrolle, bei der es zur Größe seiner wahren Feinde beiträgt! Die Rolle ist nicht glänzend und steht einer Großmacht schlecht an. Betrachtet man also dies alles mit unparteiischen Blicken, so scheint es wohl möglich, Europa aus der üblen Lage zu befreien, in die es durch die Wunderlichkeit der Verhältnisse geraten ist, wenn ein weiser und aufgeklärter Minister wie der französische194-1 an diesem einfachen und verständigen Plane arbeitet, wodurch er dem Ruhme seines Gebieters nichts vergibt. Dann wäre der Vorwand der Garantie des Westfälischen Friedens194-2 vor dem Gerede der Leute geschützt und der König von Frankreich hätte den Ruhm, Europa den Frieden geschenkt zu haben, — ein Ruhm, der den glänzendsten Erfolgen der Friedensstörer vorzuziehen ist. Für das Wohl der Menschheit wäre es zu wünschen, daß die Mächte diesen ebenso begründeten wie vorteilhaften Ansichten beiträten und daß ein Minister, von dem soviel Gutes gesagt wird, sich unsterblichen Ruhm erwürbe, indem er der Zwietracht und den Wirren ein Ziel setzte, die noch viele ins Unglück stürzen werden, falls der Krieg fortdauert, die aber das politische Antlitz Europas nicht zu ändern vermögen.

<195>

6. Militärische Betrachtungen195-1
(Februar 1760)

Soweit ich den nächsten Feldzugsplan unserer Feinde erraten kann, wird er etwa auf folgendes herauslaufen.

Daun wird mit seinen Hauptkräften an der Elbe bleiben und anfangs nur zwei Korps in Tätigkeit treten lassen: Das Laudonsche, etwa 20 000 Mann stark, wird sich mit den Reichstruppen vereinigen und zum Vordringen durch Thüringen gegen Leipzig und Halberstadt bestimmt werden. Das andere, wahrscheinlich das Becksche Korps, wird den Auftrag erhalten, sich mit einem Detachement von 20 000 Russen zu vereinigen, das gegen Glogau vorgehen soll. Tritt das ganze Fouquésche Korps den Barbaren entgegen, so wird Beck ihm folgen und den Preußen in den Rücken fallen. Geht aber nicht das ganze preußische Korps gegen die Russen, so findet es an der Lausitzer Grenze keine andere Stellung als bei Löwenberg oder Hohlstein.

Diese Operationen werden vermutlich Ende März beginnen, aber darauf beschränken sich die Pläne unserer Feinde nicht. Sobald die Jahreszeit es gestattet, d. h. im Juni, wird Ssaltykow mit seiner Hauptarmee an der pommerschen Küste entlang marschieren, um Kolberg zu belagern, und sobald Daun sehen wird, daß die ganze preußische Armee überall beschäftigt ist, wird er, besonders wenn sie irgendwo Niederlagen erleidet, Marschall mit 15 000 Mann von Olmütz zur Belagerung von Neiße schicken.

Das sind sicher die Pläne, die unsere Feinde auszuführen gedenken. Man darf sie nicht aus den Augen verlieren, damit es nicht an Mitteln fehlt, ihnen entgegenzutreten. Was können wir all dem entgegenstellen?

Wir haben ein Heer in Sachsen und eins in Schlesien. Die schlesische Armee muß anfangs Glogau oder Breslau decken, die geringsten Fehler der Russen benutzen und ihnen womöglich eine Niederlage beibringen, bevor die russische Hauptarmee ihre Operationen beginnen kann. Sie muß sich an die schwer zugänglichen Gegenden halten und die Ebenen verlassen; denn die Russen greifen grundsätzlich nicht an und marschieren stets durch die Wälder, nie durch die Ebene. Wenn sie aber einmal durch<196> die Ebene zögen, so böte sich vielleicht die Gelegenheit, sie zu schlagen. Vor allem ist bei ihnen darauf zu sehen, daß sie nirgends festen Fuß fassen und keine Festungen erobern. In dieser Hinsicht sind Kolberg und Glogau die wichtigsten Punkte. Die Magazine der gegen die Russen fechtenden Truppen können nur in Stettin (für Kolberg), in Küstrin und Glogau angelegt werden. Von dem bei Landeshut verbleibenden Korps können mehr oder minder starke Detachements für Neiße abgegeben werden, in dem Maße, wie es notwendig wird.

Ich gehe zu Sachsen über. Schließen die Franzosen Frieden, wie es den Anschein hat196-1, so kann Prinz Ferdinand uns mit 50 000 Mann zu Hilfe kommen. Dadurch wird es dem König möglich, Verstärkungen aus Sachsen an Prinz Heinrich196-2 zu schicken. Wird der Friede nicht geschlossen, so kommt es gewiß zu einer für das Schicksal der preußischen Staaten bedeutungsvollen Schlacht.

Soviel kann man ungefähr von den künftigen Ereignissen im allgemeinen vorhersagen. Sie können eine sehr üble Wendung nehmen, aber auch günstiger ausfallen, als man gegenwärtig zu hoffen wagt.

<197>

7. Gedanken über die feindlichen Pläne und unsere Operationen197-1
(5. April 1760)

Unmöglich läßt sich etwas Bestimmtes feststellen, solange man nur auf Mutmaßungen angewiesen ist und die Absichten der Feinde eher erraten muß, als daß man sagen könnte, man sei wohlunterrichtet darüber. Immerhin, wenn man mehrere Möglichkeiten voraussetzt und sich ein Bild von den wahrscheinlichen Ereignissen macht, kann man allgemeine Verhaltungsregeln entwerfen, die vielleicht nicht ganz, wohl aber zum Teil zur Ausführung kommen werden. Das ist alles, wozu diese Betrachtungen dienen können. Sie werden immerhin von Nutzen sein, wenn etwas davon sich auf die Verhältnisse im Laufe dieses Feldzuges anwenden läßt.

Im allgemeinen läßt sich erkennen, daß der Wiener Hof in diesem Jahre große Fortschritte in Schlesien machen will. Zu dem Zweck steht Laudon mit 20 000 Mann in Oberschlesien, und immer deutlicher tritt seine Absicht hervor, Neiße zu belagern. Dazu sollen scheinbar auch die Russen beitragen, deren Absicht, Kolberg zu belagern, durch die Errichtung ihrer Magazine sich gleichfalls verrät. Daun denkt, wir müßten uns bei der großen Entfernung entweder für die Russen oder für Laudon entscheiden. Marschieren wir also auf Neiße, so machen sich die Russen im Handumdrehen zu Herren von Pommern. Da Daun überdies einsieht, daß das Fouquésche Korps sich in seiner Stellung nicht mehr lange zu behaupten vermag, hält er 20 000 Mann in der Lausitz bereit, um über Löwenberg in Schlesien einzufallen.

In Sachsen hat er scheinbar alle Stellungen in der Umgegend von Dresden befestigen lassen, um sie mit geringer Truppenzahl halten zu können und bei Beginn<198> des Feldzuges über die Elbe zu gehen und sich bei Großenhain oder sonstwo in der Umgegend zu lagern, während das Korps des Prinzen von Zweibrücken zu einer Diversion ins Magdeburgische und Halberstädtische bestimmt ist.

Gewiß erscheint mir unsere Lage bei den uns drohenden Gefahren furchtbar, und alle Gegenmaßregeln, die man ergreifen kann, dünken mich unzulänglich, wofern nicht eine plötzliche Veränderung eintritt. Marschiere ich gegen die Russen und liefere ihnen nicht binnen vierzehn Tagen eine Schlacht, so komme ich bei der großen Entfernung zum Entsatz von Neiße zu spät. Teile ich die schlesische Armee in zwei gleiche Hälften, so sind beide höchstens je 28 000 Mann stark. Jede muß sich dann auf die Defensive beschränken, und da wir überall schwach sind, laufen wir Gefahr, überall geschlagen zu werden. Ziehe ich aber auf einer Seite starke Kräfte zusammen, so muß ich mir mit ihnen einen Feind vom Halse schaffen und dann gleich dem nächsten entgegeneilen, wie mir das oft geglückt ist. Unterliege ich aber, so bin ich mit einem Schlage vernichtet. Wage ich jedoch nichts, so gehe ich vier Monate später zugrunde.

Um aber den etwaigen Unglücksfällen nach Kräften vorzubeugen und Zeit zu gewinnen, habe ich Befehl gegeben, 4 Bataillone und 200 Dragoner nach Neiße zu werfen, damit die Festung sich länger zu halten vermag. Es bleiben also 16 Bataillone übrig, um die gefährdetesten Punkte Schlesiens zu decken und besonders zu verhindern, daß Fürst Löwenstein in Breslau eindringt.

In Sachsen scheint mir vor allem folgendes von Belang. Die Magazine von Torgau und Wittenberg müssen gedeckt und gut im Auge behalten werden. Geht der Feind über die Elbe, so muß die Armee sie gleichfalls überschreiten und ein Korps auf dem diesseitigen Ufer zurücklassen. Die Reichstruppen soll man bis in die Ebene vordringen lassen, sowohl um Prinz Ferdinand von Braunschweig zur Absendung von Hilfstruppen zu zwingen, wie auch um die Reichsarmee aus dem Bergland herauszubekommen und sie, wenn möglich, zu schlagen. Dabei sind aber die Detachements im Auge zu behalten, die Daun nach Schlesien schicken könnte, und dementsprechend sind unsrerseits Detachements abzusenden, d. h. 6 000 Mann auf 10 000 des Feindes, damit er in Schlesien kein zu großes Übergewicht erlangt.

Da aber allem Anschein nach der Friede zwischen England und Frankreich zustande kommen wird198-1, so kann Prinz Ferdinand durch einen Vorstoß auf Eger die rechte Flanke der Armee in Sachsen von der Beobachtung nach Leipzig und dem Halberstädtischen entlasten, sodaß sie sich mit verdoppelter Aufmerksamkeit der schlesischen Seite widmen kann. Sollte Daun nach Böhmen zurückgehen, so könnte man alsdann Dresden zurückerobern und dem Prinzen Ferdinand, um ihn nicht im Stiche zu lassen, Verstärkungen schicken oder auch Daun nachrücken, je nachdem die Umstände es gestatten.<199> Halten aber die Türken Wort und greifen gegen Ende Mai Temesvar an199-1, so gewinnt alles ein anderes Ansehen, und die Armee in Pommern braucht es dann nicht auf eine Schlacht ankommen zu lassen. Die Österreicher müssen dann schleunigst Laudon abrufen und mindestens 30 000 Mann von den Truppen, die sie jetzt in Sachsen haben, zu ihm stoßen lassen. Kommt dann noch die Diversion des Prinzen Ferdinand gegen Eger hinzu, so müssen sie Sachsen ganz räumen. In diesem Falle muß man ihnen folgen. Wir können dabei auf drei Seiten vorgehen: Prinz Ferdinand über Eger, ein Korps an der Elbe entlang und Fouqué nach Mähren. Man kann sich denken, in welche Bedrängnis das die Feinde bringen würde. Das muß man ausnutzen, aber wie, vermag ich bis jetzt nicht zu sagen; denn man müßte erst wissen, welche Maßregeln der Feind dann ergreifen wird. Ich wünsche von ganzem Herzen, daß es so kommt; denn dann hat wahrscheinlich all unser Elend ein Ende.

<200>

8. Betrachtungen über die Vorschläge der Franzosen und ihrer Verbündeten200-1
(12. April 1761)

Frankreich hat die ersten Wünsche zur Wiederherstellung des Friedens geäußert. An ihrer Ehrlichkeit ist um so weniger zu zweifeln, als der französische Hof sich seinen Verbündeten gegenüber eröffnet hat, ein Schritt, zu dem kein andrer Grund ihn treiben konnte als die Notwendigkeit, den Krieg zu beenden und den völligen Ruin seines Staatskredits aufzuhalten. Ist Frankreich doch jetzt schon kaum in der Lage, genügende Mittel zur Bestreitung der gewaltigen Ausgaben aufzubringen, die es auf sich genommen hat.

Gibt man sich die Mühe, die Erklärungen zu vergleichen, die der französische Hof in Stockholm und durch Fürst Galizin in London hat abgeben lassen, so erkennt man darin große Unterschiede.

1. Frankreich schlägt seinen Verbündeten vor, es mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu betrauen. Ebenso soll England die Vertretung der Interessen seiner Alliierten übernehmen.

2. Einerseits war von einem allgemeinen Waffenstillstand für alle kriegführenden Mächte die Rede. Andrerseits spricht das vom Fürsten Galizin überreichte Schriftstück200-2 nur von einem Waffenstillstand zwischen Frankreich und England.<201> Auf diese beiden Tatsachen stütze ich meine Vermutungen. Folgendes scheint mir sonnenklar:

1. Frankreich hat seine Verbündeten nicht dazu vermocht, ihm die Vertretung ihrer Interessen anzuvertrauen.

2. Die Königin von Ungarn pflichtet den friedlichen Gesinnungen Frankreichs nur widerwillig bei. Ja vielleicht hofft sie, Vorteil daraus zu schlagen, indem sie durch diese Unterhandlung England von Preußen trennt.

3. Sie hat zwar aus Gefälligkeit den Sonderverhandlungen zwischen Frankreich und England zugestimmt, wollte aber nur von einem Friedenskongreß etwas wissen; denn sie kennt die Langsamkeit solcher Unterhandlungen und rechnet auf die Zufälle dieses Feldzuges. Sie hofft, noch irgend einen Vorteil zu erringen, der ihr bei den angeknüpften Unterhandlungen das Übergewicht sicher201-1.

Die letzte Annahme scheint mir um so stichhaltiger, als die Kaiserin und ihre Verbündeten keinen Waffenstillstand in Vorschlag gebracht haben. Dadurch verrät sich ihre Hinterabsicht, und es tritt klar zutage, daß der Friedenskongreß nur ein Köder für die Öffentlichkeit ist, der mehrere Zwecke haben kann:

1. Ihren Untertanen die Aussicht auf baldigen Frieden vorzuspiegeln, damit sie desto williger die großen Auflagen zahlen, die sie von ihnen verlangt.

2. Die Spanier einzuschüchtern, falls sie ihre Ansprüche auf Italien aufrechterhalten201-2, indem sie ihnen den baldigen Abschluß der schon angeknüpften Unterhandlungen vorspiegelt.

3. Vielleicht auch die Türken einzuschüchtern, falls sie irgend welche Anschläge gegen die Staaten der Königin im Sinne haben.

Das sind zwar nur lauter Mutmaßungen, aber sicher ist etwas Wahres daran.

Für uns hat das Ganze nach meiner Meinung folgende Bedeutung. Die Franzosen wollen mit dem Vorschlage eines allgemeinen Waffenstillstands nur den feindlichen Mächten den Puls fühlen und sie wider Willen nötigen, ihre geheimen Absichten zu enthüllen.

Ich habe zwar Gesandte für den Kongreß ernannt; wenn ihm aber kein Waffenstillstand vorausgeht, so ist das Ganze als absolut bedeutungslos zu betrachten. Infolgedessen müssen die Instruktionen der Gesandten dahin lauten, daß sie die Vorschläge, die man ihnen machen wird, nur anhören und zur Kenntnis nehmen, sich aber nicht für ermächtigt erklären, darüber zu verhandeln, oder auch annehmbarere Vorschläge erbitten, aber selber nicht mit der Sprache herausgehen. Denn weder gute Gründe noch ihre Beredsamkeit werden uns einen guten Frieden verschaffen, sondern allein das Waffenglück im Laufe dieses Feldzuges.

Soll der Friede zustande kommen, so muß als Grundlage die völlige Wiederherstellung unsrer Besitzungen nach dem Stande von 1756 verlangt werden. Um das<202> zu erreichen, ist gemäß unserem Manifest202-1 der Standpunkt zu vertreten, daß die Österreicher die eigentlichen Angreifer sind; denn sie haben mich in die unabweisliche Notwendigkeit versetzt, den Krieg zu beginnen. Folglich kann ich große Entschädigungen verlangen, die man aber beim Fortschreiten der Unterhandlungen fallen lassen kann, um die völlige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zu erlangen. Dabei ist Sachsen gegen Ostpreußen, Kleve und die Grafschaft Glatz in Anrechnung zu bringen. Da dieser Kongreß aber nur ein eitles Schaustück ist, weil ihm kein Waffenstillstand vorausgeht, so müssen wir uns passiv verhalten.

„Aber wie“, wird man fragen, „hoffst du zum allgemeinen Frieden zu gelangen?“ Folgendermaßen. Als Grundlage dieses heilsamen Werkes betrachte ich die völlige Beilegung der Zwistigkeiten zwischen England und Frankreich. Danach müßten beide Mächte in gegenseitigem Einvernehmen die Präliminarien eines allgemeinen Friedens vereinbaren. So würde alle Welt bald einig werden, und diesem für Deutschland wie für alle kriegführenden Mächte verderblichen, verhängnisvollen und grausamen Kampfe wäre ein gründliches Ende gemacht.

<203>

9. Instruktion für Prinz Heinrich von Preußen203-1
(21. April 1761)

Ich breche von hier auf und marschiere nach Schlesien, um nach Möglichkeit zu verhüten, daß ein Unglück geschieht, bevor die Friedensverhandlungen greifbare Gestalt angenommen haben203-2.

Ich gedenke in die Gegend von Görlitz zu rücken, solange der Feind sich nicht rührt, um sowohl Laudon und Daun wie die Russen zu beobachten. Ich werde versuchen, alle Wagnisse zu vermeiden, wofern der Feind mich nicht zwingt, meine Kräfte mit den seinen zu messen.

Nach zuverlässigen Nachrichten haben 10 österreichische Infanterieregimenter Befehl erhalten, sich marschfertig zu machen. Falls sie, wie es scheint, zu Laudon stoßen sollen, können sie nur durch Böhmen auf Braunau marschieren, um zu dem Korps zu gelangen, das sie verstärken sollen. Sie können mir nicht zur Seite bleiben, da sie zu schwach sind und bei dem Marsche quer durch Schlesien weder Lebensmittel noch Fourage fänden. Du brauchst Dich also nicht um sie zu kümmern.

Beifolgend Deine Ordre de bataille, die Du nach Belieben ändern kannst.

Ich bestimme Dich eigens dazu, Daun entgegenzutreten und die Dinge in Sachsen auf dem gegenwärtigen Fuße zu erhalten.

Solange Daun in seinem Lager bei Plauen bleibt, ist Deine Aufgabe leicht. Für den Fall aber, daß er sich mit seiner Hauptmacht nach Schlesien wendet, füge ich die Einteilung der Truppen und die Zusammensetzung des Korps hinzu, das General Hülsen behalten muß203-3. Da Du mit dem Rest zu schwach wärest, um gegen Daun zu kämpfen, mußt Du dann über Sagan marschieren, die Oder erreichen und zu uns stoßen, wo und wie die Umstände eine Vereinigung gestatten. Etwas Bestimmtes läßt sich darüber nicht sagen. Auch hat die Natur Dir so viel Geist und Verstand verliehen, daß Du selbst Deine Entschlüsse fassen und unter den Mitteln, die Dir freistehen, das beste aussuchen kannst.<204> Bleibt Feldmarschall Daun in seinem Lager bei Plauen, so hast Du, glaube ich, in Deiner rechten Flanke nicht viel zu befürchten, wohl aber auf die Demonstrationen zu achten, die der Feind in der Lausitz machen könnte, sei es, daß er Dich um Torgau besorgt macht, sei es, daß er mit einem Einfall in die Kurmark droht, woran ich aber stark zweifle.

Da der Waffenstillstand zwischen England und Frankreich nahe bevorsteht204-1, so hast Du vom Halberstädtischen her nichts zu befürchten. Beifolgend Deine Verhaltungsmaßregeln in betreff des Prinzen Ferdinand, sobald der Waffenstillstand zustande kommt; ferner die Abmachungen mit den Engländern für den Fall, daß sie ihren Separatfrieden mit Frankreich schließen und der Krieg zwischen uns und Österreich weitergeht204-2. Das Korps, das sie uns dann zur Verfügung stellen, kann keine bessere Diversion machen als in die Gegend von Eger. Darauf muß man bestehen, wenn der Fall eintritt.

Graf Finckenstein hat Befehl, Dich über die politischen Nachrichten in Kenntnis zu setzen. Daraus wirst Du ersehen, wann die Zeit gekommen ist, um nach der Seite des Prinzen Ferdinand zu handeln.

Alle Spione und Mittelsmänner, durch die wir Nachrichten erhalten, werden an General Linden204-3 geschickt, der Dir davon Meldung erstatten wird.

Das Magazinwesen liegt in den Händen unseres Feldkriegsdirektoriums in Sachsen.

General Krusemarck204-4 wird die Kapitulationen mit den neuausgehobenen Freibataillonen, Husaren und Dragonern, ihre Versammlungsorte und das Wann und Wo ihrer Aufstellung beifügen. Bei Dir steht es, sie dahin rücken zu lassen, wo sie am nützlichsten sind.

Die Bagagewagen sowie einiges schwere Geschütz und Mörser sind in Wittenberg. Im Fall eines Rückzuges müssen sie beizeiten nach Magdeburg geschickt werden.

Die 60 Pontons sind zum Brückenschlag bei Strehla bestimmt. Sobald die Truppen die Brücke überschritten haben, kannst Du sie hierher oder nach Torgau schicken, wie Du es für nötig erachtest.

Ich werde mit Dir solange als irgend möglich schriftliche Verbindung unterhalten. Sollte das schwierig werden, so schicke die Briefe durch Boten über Kottbus. Dort gibt es ehrliche und gescheite Leute, die ihren Auftrag gut ausrichten werden.

Ich teilte Dir gern eingehend meine Gedanken über alle Ereignisse mit, die eintreten können, aber ihre Zahl ist zu groß, und wenn ich alles erschöpft hätte, fänden sich doch noch Möglichkeiten, die übersehen wurden. Darum beschränke ich mich auf das Große und Ganze.<205> Deine Kriegskasse ist noch in Leipzig. Es steht Dir frei, sie zur Armee kommen zu lassen oder nach Torgau zu schicken, je nachdem, was Du für das Beste hältst.

Nachschrift. Falls Du zur Räumung Sachsens genötigt sein solltest, mußt Du General Hülsen alle erforderlichen Instruktionen geben, wie er sich in seiner Lage zu verhalten hat. Linden muß von allem, was darin steht, unterrichtet werden, damit er dem alten Manne beistehen und sein Gedächtnis auffrischen kann.

<206>

10. Instruktion für Oberst Freiherr von der Goltz
(7. Februar 1762)

Ihr werdet nach Rußland geschickt, um den Zaren und die Zarin zu ihrer Thronbesteigung zu beglückwünschen. Bei der Ankunft in Petersburg werdet Ihr Euch an Herrn Keith206-2 wenden und Euch sogleich erkundigen, welches Zeremoniell Ihr am dortigen Hofe zu beobachten habt. Es versteht sich, daß Ihr Euch beim Großkanzler206-3 anmelden laßt, ihm Euren Besuch abstattet usw. Im allgemeinen wird Herr Keith Euch über all die Kleinigkeiten unterrichten, von denen Ihr keine außer acht lassen dürft, damit man schon bei Eurem ersten Auftreten nichts an Eurem Benehmen zu rügen findet.

Der eigentliche Zweck Eurer Sendung ist, den Krieg mit Rußland zu beenden und es gänzlich von seinen Verbündeten zu trennen. Bei der freundlichen Gesinnung des russischen Zaren ist zu hoffen, daß die Friedensbedingungen nicht hart sein werden. Da ich Euch aber genau über meine Anschauung informieren muß, so will ich auf den Gegenstand näher eingehen.

Über die Absichten des Zaren bin ich nicht genau unterrichtet. Alles, was ich weiß, dreht sich um folgende zwei Hauptpunkte. Erstens liegen ihm die holsteinischen

<207>

Angelegenheiten207-1 mindestens ebenso am Herzen wie die russischen, und zweitens ist er meiner Sache gewogen. Da ich nichts Genaueres weiß, liegen diese beiden Ansichten meinem ganzen Gedankengang zugrunde.

Es gehört sich also, daß Ihr gleich bei der ersten Beglückwünschung geschickt auf mein Verlangen zu sprechen kommt, das gute Einvernehmen zwischen beiden Höfen wiederherzustellen und besonders die Freundschaft mit dem Zaren zu pflegen. Ihr werdet sagen, daß Ihr überglücklich wäret, dazu beitragen zu können. Zweitens werdet Ihr den holsteinschen Günstlingen oder der Zarin, oder besser noch, wenn sich Gelegenheit bietet, dem Zaren selbst sagen, ich hätte bisher sorgfältig alle Allianzvorschläge von seiten Dänemarks abgelehnt, wie der Zar es zu Beginn des Krieges von mir gewünscht hätte207-2, und ich hoffte, das würde ihm angenehm sein. Auch könnte ich ihm meinerseits nicht genug dafür danken, daß er sofort nach seiner Thronbesteigung das Hilfskorps von den Österreichern zurückberufen hätte207-3. Diese Handlung betrachtete ich als wahres Zeichen seiner Freundschaft, und meine Dankbarkeit dafür würde nie aus meinem Herzen schwinden. Bei dieser Gelegenheit werdet Ihr auch einflechten, Ihr wäret mit Vollmachten und mit allem, was man irgend wünschen könnte, versehen, um diesem Kriege, an dem Rußland kein eigentliches Interesse hätte, schnell ein Ende zu machen.

Prüfen wir nun, welche Friedensvorschläge man Euch etwa machen kann:

1. Man wird vorschlagen, die Truppen hinter die Weichsel zurückzuziehen, uns Pommern zurückzugeben und Ostpreußen vielleicht ganz oder nur bis zum allgemeinen Frieden zu behalten. Darauf müßt Ihr antworten: Wolle man das letztere, so müßten wir uns darein fügen; denn damit hätten wir schon viel gewonnen.

2. Schlägt man vor, Ostpreußen ganz zu behalten207-4, so müßt Ihr auf einer anderweitigen Entschädigung bestehen, je nachdem, was ich den Russen vorschlagen werde, und mir gleich einen Kurier senden.

3. Will man alle meine Staaten räumen und verlangt dafür eine Garantie für Holstein, so ermächtige ich Euch zum sofortigen Abschluß, besonders wenn Ihr eine Gegengarantie für Schlesien erlangen könnt.

4. Will der Zar außer einem dieser drei Fälle, daß ich ihm meine Neutralität zusichere, falls er mit Dänemark Krieg führt, so unterzeichnet Ihr, bittet aber nur darum, daß diese Akte oder dieser Vertragsparagraph ganz geheim gehalten werde. Kommt die Sache zustande, so ersucht Ihr den Kaiser und seine Minister, selbst dem englischen Gesandten nichts davon zu sagen, wie Ihr Eurerseits gleichfalls Befehl hättet, Euch niemandem gegenüber zu eröffnen, wer es auch sei.

5. Was die Friedensverhandlung betrifft, so könnt Ihr sagen, ich wünschte sehr, daß der Zar den König von Schweden gegen eine Partei unterstützte, die ihn heftig<208> verfolgt hat208-1. Es hinge nur von ihm ab, seinen Gesandten in Stockholm208-2 zu beauftragen, dem Reichsrat seine friedlichen Gesinnungen zu erklären. Dieser Schritt müsse die Schweden notwendig zum Frieden bestimmen. Derart werde der Zar zum Friedensbringer des ganzen Nordens, und das wäre der glänzendste Regierungsantritt, den die Weltgeschichte je berichtet habe.

6. Ihr sollt auch, was an Euch ist, die Absichten des Petersburger Hofes zu ergründen suchen: ob man dort den Krieg nur beenden will, um die inneren Verhältnisse des Reiches zu befestigen, oder um zum Kriege gegen Dänemark zu rüsten, oder ob man die Rolle des Vermittlers zwischen den jetzt kriegführenden Mächten spielen will. Da diese verschiedenen Möglichkeiten den Stand der Frage verändern, ist es äußerst wichtig, daß ich darüber Bescheid weiß. Vor allem müßt Ihr geschickt ergründen, inwieweit wir aus der Vermittlung des Petersburger Hofes Vorteil ziehen können. Gleichwohl seid Ihr zur Zeit nicht ermächtigt, um Vermittlung zu bitten. Ihr werdet Euch darauf beschränken, die Leute geschickt zu sondieren, damit man weiß, inwieweit auf sie zu zählen ist, falls ihre Vermittlung nötig wird.

7. Ich brauche Euch nicht erst zu sagen, daß Ihr dem Hofe, an den Ihr geht, bei jeder Gelegenheit Mißtrauen gegen die Österreicher und Sachsen einflößen müßt. Könnt Ihr gar Eifersucht erregen, um so besser! Ihr könnt erzählen, mit welcher Arglist die Österreicher die russischen Truppen allen Gefahren ausgesetzt haben, um selber bloße Zuschauer zu bleiben. Ihr selbst waret in diesem Jahre ja Zeuge davon. Sprecht von ihrer Treulosigkeit und von den schmählichen Mitteln, die sie in der Politik für erlaubt hielten, um zu ihrem Ziele zu kommen. Der Gegenstand ist so reichhaltig und muß Euch so vertraut sein, daß es Euch nicht an Stoff mangeln wird. Vor allem weist darauf hin, daß die Österreicher 1747 Holstein dem damaligen Großfürsten208-3 und gleichzeitig den Dänen garantiert haben.

8. Bleibt noch die Frage in Betreff der Türken offen. Ihr werdet nur dann davon reden, wenn Ihr sicher seid, daß der Friedensvertrag zustande kommt, und dem Zaren erklären, ich hätte, von allen Seiten bedrängt, um meiner Selbsterhaltung willen ein Bündnis mit den Türken geschlossen208-4, das darauf hinausliefe, sie zu einer Diversion gegen Ungarn zu bewegen; auch könnten die Tartaren wohl einen Einfall in das Gebiet der russischen Kosaken planen208-5. Sofern es dem Zaren aber beliebte, würde ich versuchen, die Sache in Güte beizulegen, vorausgesetzt, daß er der Pforte unter der Hand mitteilen ließe, er werde etwaige türkische Unternehmungen gegen Ungarn nicht stören208-6.

Das sind in Kürze alle Instruktionen, die ich Euch bei meinen geringen Nachrichten vom Petersburger Hofe zu geben vermag. Sobald ich mit dem Flügeladju<209> tanten des Zaren, Herrn von Gudowitsch, gesprochen habe209-1, werde ich Euch eine ausführlichere Instruktion über die fraglichen Punkte senden. Vor allem empfehle ich Euch, klug und umsichtig zu handeln, Euer Benehmen wohl zu überlegen, Eure Worte abzuwägen, Euch mit aller Welt anzufreunden, aber mit niemand zu verfeinden und, soviel an Euch liegt, zur Begründung einer festen und dauernden Verbindung beizutragen.


187-1 General Wedell erhielt den Oberbefehl über die Armee des Generals Dohna (vgl. S. 12), dem der König am 20. Juli 1759 darüber schreibt: „Der Generalleutnant von Wedell stellet bei der dortigen Armee vor, was ein Dictator bei der Römer Zeiten vorstellete. Also müssen alle und jede Officiers, sie mögen Namen haben, wie sie wollen, ihm den schuldigen Gehorsam geben, welcher mir zukommet, und seine, des Generalleutenants von Wedell, Dispositions mit Treue, Fleiß und Bravoure executieren, als wenn ich selbst zugegen wäre.“

187-2 Vgl. Bd. III, S. 232 und 235.

188-1 Als der König Ende Juli 1759 gegen die Russen aufbrach, übertrug er dem Prinzen Heinrich den Befehl über seine im Lager bei Schmottseiffen stehende Armee (vgl. S. 13). Die obige Instruktion, die er ihm wahrscheinlich persönlich am 29. Juli in Sagan zustellte, regelt das Verhalten des Prinzen.

189-1 Am Queis.

189-2 Generalmajor Hans Kaspar von Krockow, Chef eines Kürassierregiments.

190-1 Beide Schriftstücke entstanden am Abend des 12. August 1759 nach der Schlacht bei Kunersdorf in Ötscher, wo der König in einer verlassenen Bauernhütte die Nacht zubrachte (vgl. S. 17).

190-2 Das Korps unter Generalmajor Georg Friedrich von Kleist, der den Schweden gegenüberstand.

190-3 Vgl. S. 18.

190-4 Ludwig Ernst Heinrich Cöper.

191-1 Vgl. dazu das Testament des Königs vor der Schlacht bei Leuthen und die Ordre an Prinz Heinrich und an die Generale der Armee vor der Schlacht bei Zorndorf, in denen Friedrich für den Fall seines Todes die sofortige Vereidigung der Truppen auf den Thronfolger befahl und Heinrich zum Vormund seines Neffen, des Thronfolgers Prinz Friedrich Wilhelm, bestimmte (Bd.VII, S. 283 und 284 f.). Die Ernennung des Prinzen Heinrich zum Generalissimus der Armee für den Fall, daß der König stürbe, erfolgte darauf durch Verfügung von 4. Dezember 1758.

192-1 Gleichwie der König am Vorabend des Krieges, in der Instruktion an den Feldmarschall Lehwaldt vom 23. Juni 1756, für den Fall eines Sieges über die Russen die Erwerbung Westpreußens in Aussicht genommen hatte, so spricht er auch, in Erwartung eines nahen Friedensschlusses (vgl. S. 31), im obigen Erlaß an Knyphausen von neuen Erwerbungen. In einem ferneren Erlaß an den Kabinettsminister Graf Finckenstein vom 30. Oktober 1759 gestaltet er diesen Plan noch weiter aus. Dabei ist u. a. die Rede von einem Austausch des Herzogtums Kleve, der Grafschaft Mörs und des preußischen Anteils von Geldern gegen Mecklenburg. Nach einer vertraulichen Äußerung des Kabinettssekretärs Eichel an Finckenstein vom 14. November war die Absicht des Königs dabei, von vornherein jeden Gedanken an Abtretungen, die man ihm zumuten könne, auszuschließen, sodann aber zu versuchen, wenigstens irgend eine Entschädigung zu erlangen.

192-2 Durch einen Sonderfrieden mit England (vgl. S. 33).

193-1 Die obige Denkschrift ist verfaßt, bevor die ablehnende Antwort der beiden Kaiserhöfe und Frankreichs auf die englisch-preußische Kundgebung vom 25. November 1759 zur Herbeiführung eines baldigen Friedens (vgl. S. 31 f.) erfolgt war. Die vier ersten Absätze teilte der König durch Erlaß vom 23. Januar 1760 auch dem Baron Knyphausen mit, der sich darüber mit Pitt aussprechen und feststellen sollte, unter welchen Bedingungen England den Frieden zu schließen beabsichtigte.

193-2 Kurfürst Maximilian Joseph starb ohne Nachkommen am 30. Dezember 1777.

193-3 Durch Preußen.

193-4 Vgl. S. 192.

194-1 Choiseul.

194-2 Vgl. Bd.III, S. 58.

195-1 Vgl. dazu S. 37 f.

196-1 Vgl. S. 31 f. und 193 f.

196-2 Prinz Heinrich sollte den Russen entgegen treten.

197-1 Vgl. dazu S. 37 f und 195 f.

198-1 Vgl. S. 193 f.

199-1 Der Großwesir Raghib Pascha hatte, allerdings mit Vorbehalt, den Abschluß eines Defensivbündnisses zugesagt. In seiner Antwort vom 30. März 1760 an Rexin erklärte sich der König u. a. bereit, den Türken „Conquêten in dem Banat“, auf das sie Ansprüche erhoben, zu garantieren, und drang darauf, daß der Bruch mit Österreich „im kommenden Monate Mai oder allerhöchstens Juni“ erfolge, da Ungarn von Truppen fast ganz entblößt sei.

200-1 Drei Dokumente liegen den obigen „Betrachtungen“ zugrunde: erstens die von Galizin am 31. März 1761 in London übergebene Einladung Frankreichs und seiner Verbündeten vom 26. zu einem allgemeinen Friedenskongreß in Augsburg (vgl. S. 85); zweitens ein Schreiben Choiseuls an Pitt, gleichfalls vom 26. März, das von einer Denkschrift begleitet war, mit Vorschlägen für einen Sonderfrieden zwischen Frankreich und England, und drittens eine von Frankreich in Stockholm abgegebene Erklärung, die dem Stadium der Vorverhandlungen zwischen Frankreich und seinen Verbündeten angehört (vgl. S. 84). Zwei Wege, so heißt es in dieser Erklärung, können zum Friedensschluß führen; der erste besteht in einem allgemeinen Kongreß, der zweite, dem Frankreich den Vorzug gibt, in Verhandlungen, die durch Frankreich und England in Paris und London geführt werden. Bei diesen sollten Frankreich und England zugleich die Interessen ihrer Verbündeten vertreten. Die Wahl zwischen beiden Wegen wich in dieser Erklärung den Höfen von London und Berlin vorbehalten und endlich ein allgemeiner Waffenstillstand angeboten.

200-2 Vielmehr das Schreiben Choiseuls an Pitt vom 26. März 1761 und die das Schreiben begleitende Denkschrift.

201-1 Vgl. S.84 f.

201-2 Vgl. S. 30.

202-1 Gegen Österreich vom August 1756. Vgl. Bd. III, S. 187.

203-1 Prinz Heinrich war zum Oberbefehlshaber in Sachsen gegen Daun bestimmt (vgl. S. 89). Der König befand sich noch im Winterquartier in Meißen.

203-2 Vgl. S. 200 ff.

203-3 Hülsen stand der Reichsarmee gegenüber.

204-1 Vgl. S. 85 und 200.

204-2 Der König hatte gefordert, die Engländer sollten nach Friedensschluß mit Frankreich noch mindestens 30 000 Mann von ihren bisherigen deutschen Hilfstruppen zu seinen Gunsten im Felde stehen lassen.

204-3 Generalmajor Christian Bogislav von Linden.

204-4 Generalmajor Hans Friedrich von Krusemarck, Generaladjutant des Königs.

206-2 Der englische Gesandte.

206-3 Graf Michael Woronzow.

207-1 Vgl. S. 125.

207-2 Vgl. Bd. III, S. 119.

207-3 Vgl. S. 132.

207-4 Vgl. Bd. III, S. 155.

208-1 Vgl. Bd. III, S.24 f.

208-2 Graf Johann Ostermann.

208-3 Der nunmehrige Zar.

208-4 Vgl. S. 86.

208-5 Vgl. S. 118 f.

208-6 Vgl. S. 130.

209-1 Vgl. S. 123 f.