<66> erfüllte sie mit Schrecken und beschleunigte ihren Aufbruch. Am 12. traten sie den Rückzug an. Bei Frankfurt und Schwedt gingen die Russen wieder über die Oder, und am 15. zog sich Ssaltykow nach Landsberg an der Warthe zurück. Lacy plünderte, was er irgend auf seinem Wege antraf, und langte nach drei Tagen wieder in Torgau an. Ungewiß, was sie tun sollten, hatten sich der Prinz von Württemberg und Hülsen nach Koswig gewandt und dort Kantonnementsquartiere bezogen.

Bei Groß-Muckro erfuhr der König all diese Einzelheiten. Da nun ein Kampf gegen die Russen nicht mehr nötig war, konnte er seine ganzen Kräfte ungehindert nach Sachsen wenden. Statt also nach Köpenick zu marschieren, schlug er die Straße nach Lübben ein. Indessen war Daun dem König in die Lausitz gefolgt und näherte sich eben Torgau. Da man erfuhr, daß Laudon in Löwenberg geblieben war, erhielt Goltz Befehl, nach Schlesien zurückzukehren und dort so gut wie möglich den österreichischen Unternehmungen entgegenzutreten. Am 22. kam die Armee des Königs in Jessen an. Die Truppen des Prinzen von Zweibrücken hielten das ganze linke Elbufer besetzt, standen aber mit ihrem Gros gegenüber Wittenberg bei Pratau. Beim Anrücken der preußischen Spitze räumte der Prinz die Festung.

Die jähen Umschläge dieses Feldzuges erforderten neue Entschließungen und Maßnahmen. In Sachsen besaßen die Preußen nicht ein einziges Magazin mehr. Die Armee des Königs lebte von der Hand in den Mund. Etwas Mehl traf aus Spandau ein, aber auch diese Vorräte gingen auf die Neige. Überdies war ganz Sachsen in den Händen des Feindes. Daun mußte jeden Augenblick in Torgau eintreffen; die Reichstruppen hielten die Elbufer besetzt, und der Herzog von Württemberg stand in der Gegend von Dessau. Um sich alle diese Feinde vom Halse zu schaffen, schob der König Hülsen und den Prinzen von Württemberg nach Magdeburg vor. Dort sollten sie über die Elbe gehen und die Mehlkähne nach Dessau geleiten; denn bei Dessau wollte der König mit seinem rechten Flügel über die Elbe gehen und sich wieder mit Hülsen vereinigen. Im Fürstentum Halberstadt stieß der Prinz von Württemberg auf eine Abteilung seines Bruders, des Herzogs, und vernichtete sie völlig. Darob erschrak der Herzog so gewaltig, daß er sich über Merseburg und Leipzig nach Naumburg zurückzog.

Am 26. ging der rechte preußische Flügel über die Elbe und vereinigte sich dicht bei Dessau mit Hülsen und dem Prinzen von Württemberg. Auf diese Bewegung hin verließ der Prinz von Zweibrücken die Elbufer und zog sich über Düben nach Leipzig zurück. In einem Walde zwischen Oranienbaum und Kemberg hatte er Ried zurückgelassen. Der hatte sich indes unüberlegt aufgestellt; denn er besetzte das Gehölz mit Husaren und postierte seine Panduren in der Ebene. Die preußische Avantgarde griff ihn an, schlug seine völlig zerstreuten Truppen einzeln und rieb das Korps fast ganz auf (27. Oktober). Ried wurde bis Pretzsch getrieben und konnte dort von den 3 600 Mann, die er vor dem Gefecht besessen, nur 1 700 wieder zusammenbringen. Sobald die Armee Kemberg erreicht hatte, ging Zieten über die Elbe. Er hatte den