<75>reichen Bomben wurden einige Stadtteile arg beschädigt. Sogar eine feindliche Bäckerei ging in Flammen auf. Einstimmig berichteten die Überläufer, daß bereits Mangel an Lebensmitteln einträte und daß die Besatzung statt von Schlachtvieh von Pferdefleisch lebte. Ärgerlich war, daß sich weder mit Gewalt noch List gegen die Stadt etwas ausrichten ließ. Man mußte alles von der Zeit erwarten. Nur aus Hunger und Verzweiflung hätte der Prinz von Lothringen den Versuch machen können, sich mit der Waffe einen Weg durch die Preußen zu bahnen, waren doch die Quartiere der Belagerer wegen ihrer starken Verschanzungen unangreifbar. So hätte er sich denn nach einigen fruchtlosen Anstrengungen also doch ergeben müssen.

Der Plan, Prag mitsamt der eingeschlossenen Armee zu erobern, wäre indessen geglückt, hätte man ihm Zeit zum Reifen lassen können. So aber galt es, dem Feldmarschall Daun entgegenzutreten. Man mußte eine Schlacht liefern, und die ging verloren.

Wir verließen den Herzog von Bevern in seinem Lager in Kuttenberg und Feldmarschall Daun bei Habern. Dort erhielt er alle Verstärkungen, die der Wiener Hof aus den Garnisonen der Erbländer und von den ungarischen Truppen herbeiziehen konnte. Dazu kamen die Flüchtlinge aus der Prager Schlacht, sodaß seine Armee von 14 000 Mann, die sie bei Beginn des Feldzuges gehabt hatte, nun auf 60 000 anwuchs. Die starke Vermehrung seiner Streitkräfte warf alle bisherigen Pläne des Königs um. Er mußte den Herzog von Bevern unbedingt unterstützen, wenn dieser sich gegen eine dreifache Übermacht behaupten sollte. Andrerseits war eine Schwächung der Belagerungsarmee gewagt, da sie einen weiten Umkreis zu verteidigen hatte und die in der Stadt eingeschlossenen 40 000 Mann von Tag zu Tag einen Ausfall machen konnten. Dennoch erübrigte man durch sparsame Besetzung und teilweise Zusammenziehung oder Verstärkung der Stellungen 10 Bataillone und 20 Schwadronen. Dies Detachement durfte sich zwar von Prag entfernen, aber nicht zu lange, oder die Blockade mußte darunter leiden. Wollte man Prag und die darin eingeschlossene Armee in seine Gewalt bekommen, so mußte Feldmarschall Daun aus jener Gegend unbedingt vertrieben werden. Die Belagerungstruppen hatten zwar günstige Stellungen, um Ausfälle zurückzuweisen, bildeten aber nur ein einziges Treffen, und es wäre ihnen daher nicht möglich gewesen, sich in Front und Rücken zugleich zu verteidigen. Auch wäre den Belagerern, hätten sie sich rings um Prag selbst einschließen lassen, die Fourage ausgegangen, die sich die Kavallerie schon vier bis fünf Meilen weit vom Lager suchen mußte. Aus diesen triftigen Gründen beschloß der König, sich persönlich an die Spitze des Hilfskorps zu setzen, das zum Herzog von Bevern stoßen sollte. Er wollte sich an Ort und Stelle selber ein Urteil bilden, was am besten zu tun sei.

Am 13. Juni brach der König von Prag auf. Zugleich wurde Tresckow abgeschickt, um die Ufer der Sazawa vom Feinde zu säubern; denn die leichten Truppen des Feldmarschalls Daun fingen schon an, jene Gegend zu beunruhigen. Der König mar-