März.

A.

März 1760

Der König in Freiberg.

<11>

?? März 1760

Der König an den Marquis d'Argens :

"Man hat mir meine Albernheiten gedruckt zugeschickt, so wie sie in Frankreich ausgeboten worden sind. Ich fand viele Stellen darin, die sich nicht mit der Politik vertragen. So gut ich gekonnt, habe ich sie alle geändert, und schicke sie dem Buchhändler Neaulme, mit einem verbesserten Exemplare zu, damit er sie drucken soll 11-+. Dem kleinen Beausobre sein Sie so gütig zu sagen, er möchte für die Korrektheit der Ausgabe sorgen, weil man sonst immer wieder von Neuem anfangen müßte.

Sie können sicher glauben, daß man das Werk aus Bosheit hat drucken lassen, um vielleicht den König von England, oder Rußland, gegen mich aufzubringen; daher ist es sehr nothwendig, daß diese Ausgabe erscheint, und die andere unterdrückt.

Ich bin unglücklich und alt, darum verfolgt man mich, lieber Marquis, und Gott weiß, was ich in diesem Jahre zu erwarten habe. Ich fürchte, durch meine Prophezeiung der unglücklichen Kassandra ähnlich zu werden. Wie kann man aber in der verzweifelten Lage, in der wir uns befinden, und die täglich schlimmer wird, etwas Gutes hoffen? Heute bin ich so mißmüthig, daß ich Ihnen nichts mehr sagen kann. etc."

10. März 1760

An Algarotti :

- etc. "Der ewige Jude - wenn er jemals existirte - hat kein so wanderndes Leben geführt, als ich. Man kommt endlich dahin, es wie die herumziehenden Dorfschauspieler zu machen, die weder Feuer noch Heerd haben; so durchlaufen<12> wir die Welt, um unsere blutigen Trauerspiele da aufzuführen, wo es unfern Feinden gefällig ist, das Theater dazu herzugeben.

Ich bin Ihnen sehr für den Caviar verbunden, welchen Sie mir geschickt haben; die Reichstruppen haben ihn verzehrt, vielleicht auch die von Mainz, gegen welche Ariost so großen Abscheu hegte. etc.

Ohne des moralischen Uebels zu gedenken, welches dieser Krieg hervorruft, so ist das physische gewiß nicht geringer, und wir können Gott danken, wenn keine Pest folgt.

Armselige Thoren, die wir sind, die wir nur einen Augenblick zu leben haben! Und diesen Augenblick verbittern wir uns einander, so sehr wir können, wir gefallen uns darin, die Meisterstücke des Kunstfleißes und der Zeit zu zerstören, und ein gehässiges Andenken unserer Verwüstung und des Unglücks, welches sie angerichtet, zu hinterlassen. etc."

20. März 1760

An d'Argens :

"Ja, lieber Marquis, ich habe Fehler begangen, und was das Schlimmste ist, ich werde noch mehr begehen. Man wird nicht sogleich weise, wenn man es wünscht; wir bleiben unser ganzes Leben hindurch beinahe immer dieselben. Das Unangenehmste bei den gegenwärtigen Umständen besteht darin, daß alle Fehler sogleich die größten Folgen haben. Schon dieser eine Gedanke macht, daß ich zittere. etc.

Um von diesen trüben und finstern Bildern weg zu kommen, durch die endlich selbst Demokrit melancholisch und hypochondrisch werden müßte, studire ich oder mache leichte Verse. So lange diese Beschäftigung dauert, bin ich glücklich. Sie täuscht mich über meine gegenwärtige Lage, und verschafft mir Das, was die Aerzte lucida intervalla nennen; aber kaum ist der Zauber verschwunden, so sinke ich wieder in meine finstere Träumerei zurück, und das Leiden, das nur gehemmt war, wird nun stärker und mächtiger."

<13>

An Voltaire (der Brief ist mit vielen Versen untermischt):

- etc. "Die Friedensbedingungen, von denen Sie reden, finde ich so unsinnig, daß ich sie in das Tollhaus schicken will; denn dort kann man gerade recht darauf antworten. Was soll ich von Ihren Ministern sagen?

Die Riesen fiel der Wahnsinn an,
Wenn sie nicht etwa Götter sind.

Die Herren können sich darauf verlassen, daß ich mich wie ein Verzweifelter vertheidigen werde, und dann mag das Ungefähr entscheiden etc.

(Verse). Leben Sie wohl, leben Sie glücklich. Und indeß Sie alle Ihre Kräfte anwenden, um Preußen zu vernichten, erinnern Sie Sich, daß Niemand es um Sie und um Ihre Landsleute weniger verdient hat, als ich. etc."

?? März 1760

An den Marquis d'Argens :

"Ich habe Ihnen einen kleinen Auftrag zu geben. Sie wissen, daß Gottskowsky 2) noch schöne Gemälde hat, die für mich bestimmt sind. Ich ersuche Sie, ihren Werth zu prüfen, und sich bei ihm zu erkundigen, ob er den Correggio bekommen wird, den er mir einmal versprach. Mich wandelt gerade eine Neugierde darauf an. Noch weiß ich nicht, was aus mir werden, und eben so wenig, wie es diesen Feldzug gehen wird, der mir sehr mißlich scheint; und ich Unbesonnener bekümmere mich um Gemälde. Aber so sind die Menschen! sie haben Perioden von Klugheit, und wieder andere von Verirrung. Sie sind die Nachsicht selbst, und müssen also Mitleiden mit meinen Schwachheiten haben. Wenigstens wird das, was Sie mir schreiben, mich vergnügen, und meinen Geist auf einige Augenblicke mit Sanssouci und meiner Gallerie beschäftigen. etc.

Ich habe eine kleine Brochüre geschrieben, die in Berlin herauskommt, eine : "Reisenachricht eines Sinesischen Ge<14>sandten an seinen Kaiser 14-+." Das Werk hat den Endzweck, dem Pabst eins zu versetzen, weil er die Degen meiner Feinde segnet, und königsmörderischen Mönchen einen Zufluchtsort giebt. Der Aufsatz wird Sie, glaube ich, belustigen - etc. Leben Sie wohl, mein lieber Marquis. Ihre Briefe sind mir ein ähnlicher Trost, wie dem Elias die Erscheinung der Raben, die ihm in der Wüste Nahrung brachten; oder wie dem Hirsche, der vor Durst schreiet, eine Quelle; oder wie dem Aeneas der Anblick des Anchises in der Unterwelt. Entziehen Sie mir also nicht meine einzige Freude, während meines langen Mißvergnügens, und sein Sie von der Freundschaft versichert, die ich mein ganzes Leben hindurch für Sie behalten werde."

In diesem Monat schrieb der König auch die Epistel an den Feldmarschall Keith, über die nichtige Furcht vor dem Tod, nach dem dritten Buche des Lukrez (bei Lebzeiten gedr. Werke, Decker'sche Ausgabe IV. S. 215); und : Ode an die Deutschen (hinterl. Werke VI. 191).

B.

1. März 1760

Die Franzosen besetzen die Stadt Marburg, doch können sie das Schloß nicht in ihre Gewalt bekommen.

3. März 1760

Die Preußen fallen in das Mecklenburgische ein.

6. März 1760

Die Preußen dringen wieder in Erfurt ein und nehmen Geißeln mit fort.

15. März 1760

Gefecht bei Neustadt. Laudon greift den General von Golz ohne Erfolg an.


11-+ Diese Ausgabe erschien jedoch nicht bei Neaulme, sondern bei C. F. Voß 1760 in klein 8., worin diejenigen Stellen, "welche sich nicht mit der Politik vertragen," weggelassen oder geändert sind. Indessen erschienen auch von dieser Ausgabe bald drei verschiedene Nachdrücke, in denen alles, was in jener weggelassen oder geändert worden, nach dem ersten Druck in 4. wieder enthalten ist. Der eine Nachdruck ist ohne Verlagsort, der zweite nennt London, der dritte Frankfurt.

14-+ Pihihu.