Dezember.

A.

3. Dezember 1757

Der König in Parchwitz. Schreibt an den Cleveschen Münzdirector (Geh. R. von Diest?), der sich auf seinen Befehl ins Holländische begeben hatte, und überschickt ihm 16 verschiedene selbst entworfene Punkte, die in das genaueste Detail der Sache gingen, woüber er bei der damaligen Münzverpachtung an Juden Erläuterung geben soll.

4. November 1757

In Neumark. Hier wird ein Östreichisches Corps vertrieben und die Bäckerei genommen.

5. November 1757

An diesem Tage wurden alle Vorbereitungen zu einer großen Schlacht getroffen. Vor Anfang derselben (gegen 12 bis 1 Uhr) hielt der König an seine versammelten Generale und Staabsofficiere folgende Rede:

"Ihnen, meine Herren, ist es bekannt, daß es dem Prinzen Karl von Lothringen gelungen ist, Schweidnitz zu erobern, den Herzog von Bevern zu schlagen, und sich Meister von Breslau zu machen, während ich gezwungen war, den Fortschritten der Franzosen und Reichsvölker Einhalt zu thun. Ein Theil von Schlesien, meine Hauptstadt, und alle meine darin befindlich gewesenen Kriegsbedürfnisse sind dadurch verloren gegangen, und meine Widerwärtigkeiten würden aufs Höchste gestiegen sein, setzte ich nicht ein unbegränztes Vertrauen in Ihren Muth, Ihre Sündhaftigkeit und Ihre Vaterlandsliebe, die Sie bei so vielen Gelegenheiten mir bewiesen haben. Ich erkenne diese dem Vaterlande und mir geleisteten Dienste mit der innigsten Rührung meines Herzens. Es ist fast keiner unter Ihnen, der sich nicht durch eine große, ehrenvolle Handlung ausgezeichnet hätte, und ich schmeichle<330> mir daher, Sie werden bei vorfallender Gelegenheit nichts an dem mangeln lassen, was der Staat von Ihrer Tapferkeit zu fodern berechtigt ist. Dieser Zeitpunkt rückt heran, ich würde glauben, Nichts gethan zu haben, ließe ich die Östreicher in dem Besitz von Schlesien. Lassen Sie es Sich also gesagt sein, ich werde gegen alle Regeln der Kunst, die beinahe drei Mal stärkere Armee des Prinzen Karl angreifen, wo ich sie finde. Es ist hier nicht die Frage von der Anzahl der Feinde, noch von der Wichtigkeit ihres gewählten Postens; alles dieses, hoffe ich, wird die Herzhaftigkeit meiner Truppen, und die richtige Befolgung meiner Dispositionen zu überwinden suchen. Ich muß diesen Schritt wagen, oder es ist Alles verloren, wir müssen den Feind schlagen, oder uns Alle vor seinen Batterien begraben lassen. So denke ich - so werde ich handeln. Machen Sie diesen meinen Entschluß allen Officieren der Armee bekannt, bereiten Sie den gemeinen Mann zu den Auftritten vor, die bald folgen werden, und kündigen Sie ihm an, daß ich mich berechtigt halte, unbedingten Gehorsam von ihm zu fodern. Wenn Sie übrigens bedenken, daß Sie Preußen sind, so werden Sie gewiß Sich dieses Vorzugs nicht unwürdig machen, ist aber Einer oder der Andere unter Ihnen, der sich fürchtet, alle Gefahren mit mir zu theilen, der kann noch heute seinen Abschied erhalten, ohne von mir den geringsten Vorwurf zu leiden.

Schon im Voraus hielt ich mich überzeugt, daß Keiner von Ihnen mich verlassen würde, ich rechne also ganz auf Ihre treue Hülfe und auf den gewissen Sieg. Sollte ich bleiben, und Sie für Ihre mir geleisteten Dienste nicht belohnen können, so muß es das Vaterland thun. Gehen Sie nun ins Lager und niederholen Ihren Regimentern, was Sie jetzt von mir gehört haben.

Das Regiment Kavallerie - sagte er weiter - welches nicht gleich, wenn es befohlen wird, sich unaufhaltsam in den Feind stürzt, lasse ich gleich nach der Schlacht absitzen, und<331> mache es zu einem Garnison-Regiment. Das Bataillon Infanterie, das, es treffe worauf es wolle, nur zu stocken anfängt, verliert die Fahnen und die Säbel, und ich lasse ihm die Borten von der Montirung abschneiden. Nun leben Sie wohl, meine Herren; in Kurzem haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder."

Nach Chapuis: Kurze Darstellung des Preußischen Staats. Berlin, 1818. S. 82, ist der Ort, wo der König diese Rede hielt - zwischen Neumark und Leuthen - jetzt noch mit einer Birke bezeichnet.

Gegen 1 Uhr Mittags begann die eigentliche Schlacht bei Leuthen; sie dauerte bis zum Anbruch der Nacht. Die Östreicher, unter dem Prinzen Karl von Lothringen, wurden gänzlich geschlagen. Die Östreicher, ohne die Hülfstruppen, verloren 6574 Mann an Todten und Verwundeten, darunter 3 Generale, 21500 Gefangene, 131 Kanonen, 51 Fahnen, 4000 Wagen. Der Preußische Verlust betrug an Todten und Verwundeten ungefähr 5500 Mann. Es fochten in dieser Schlacht 35 bis 36000 Preußen gegen mehr als 80000 Östreicher, Sachsen, Würtemberger etc.

So wie die Preußen am Morgen des 5ten mit hohem Muth und großem Vertrauen, unter Anstimmung des Verses (aus dem Liede: O Gott, Du frommer Gott etc.): Gieb, daß ich thu' mit Fleiß etc., welchen Gesang die Feldmusik begleitete, ausgezogen waren, so stimmten auch nach erfolgtem Siege einige Bataillons der noch in dunkler Nacht auf dem Schlacht, felde campirenden Armee von selbst den Gesang: Nun danket Alle Gott etc. an, und bald fiel, von Dankgefühl durchdrungen, die ganze Armee mit ihrer Feldmusik ein. -

Der König ging noch in finstrer Nacht nach Lissa 331-+, wo er viele Östreichische Generale und andere Officiere, die hier<332> ebenfalls ein Unterkommen gesucht hatten, überraschte, und sie mit den Worten begrüßte: "Bon soir, meine Herren! kann man hier auch noch unterkommen?"

Für diesen großen Rettungssieg dankte der König der Armee, und belohnte viele hohe und niedere Officiere. Den Prinzen Moritz ernannte er auf dem Schlachtfelde zum Feldmarschall, und viele Officiers erhielten den Orden pour les mérites.

5. Dezember 1757

Der König in Lissa.

6. Dezember 1757

In Neukirchen.

8. Dezember 1757

In Dürrgoy. Hier schrieb der König das launige Gedicht: Abschied von der Kaiserlichen Armee und dem Feldmarschall Daun nach der Schlacht bei Lissa (Leuthen). Hinterlassene Werke VII. 101.

19. Dezember 1757

Der König an den Marquis d'Argens:

"Ihre Freundschaft verführt Sie, mein Lieber; im Vergleich mit Alexander bin ich nur ein Stümper, und Cäsar'n bin ich nicht werth die Schuhriemen aufzulösen. Die Noth, diese Mutter der Betriebsamkeit, hieß mich handeln, und bei verzweifelten Übeln auch zu eben solchen Mitteln greifen etc. - Die Verrätherei des Abbé (de Prades) hat mir wehe gethan, übrigens ist die Sache nur zu gewiß; die Bestechung ist diesen Winter in Dresden geschehen, er hat mich schändlich verkauft, und da er sich bei meiner Armee befand, von Allem, was zu seiner Wissenschaft kam, dem Feinde sogleich Nachricht gegeben. Seit ich ihn habe festnehmen lassen, sind meine Anschläge geheim geblieben, und Alles ist besser gelungen. Leben Sie wohl, mein lieber Marquis, Sie wissen, daß ich Sie liebe. Versagen Sie mir nicht den Trost, den ich in Ihrer Gesellschaft finde, und besuchen Sie mich bald."

Anmerk. Der König hat zwar diesen Brief aus Breslau datirt, allein Breslau war noch am 20ten von den Östreichern besetzt, und erst an diesem Tage wurde die Capitulation geschlossen. Der König hatte die Gewohnheit, wenn er in ei<333>nem Dorfe nahe einer großen Stadt sein Hauptquartier hatte, seine Briefe öfter von letzterer zu datiren. Ein Brief des Königs an den Herzog von Braunschweig in dieser Zeit ist datirt: Près de Breslau ce 20 Décembre 1757. So verhält es sich in mehreren Fällen, z. B. bei Erfurt etc. (S. oben Oktbr.).

20. Dezember 1757

Gedicht des Königs: An die Zertreter. (Bei Lebzeiten gedr. Werke. Deckersche Ausgabe V. 202).

21. Dezember 1757

Der König zieht in Breslau ein.

21. Dezember 1757

Der König schreibt an die Kaiserin Maria Theresia und trägt ihr den Frieden an. Diesen Brief ließ er ihr durch den kriegsgefangenen Fürsten von Lobkowitz überbringen. Er steht Französisch in: Oeuv. div. Philosphe de Sanssouci s. l. 1761. T. III. 131, und Deutsch in: Vermischte Werke d. Philosophen von Sanssouci. 8. 1. 1761. 3. Thl. S. 148.

An diesem Tage hatte der König eine Unterredung mit dem Doctor Tralles, wie aus dessen Schrift: Tralles aufrichtige Erzählung seiner mit König Friedrich und: etc. Maria Theresia: etc. gehabten Unterredungen, Breslau, 1789, S. 20 hervorgeht.

22. Dezember 1757

Der König wohnt dem Gottesdienst in der Elisabethkirche zu Breslau bei, wo der Inspector Burg die Dankpredigt hält, welche nachher bei Korn in Breslau in Druck erschien.

23. Dezember 1757

Der König in Canth.

24. Dezember 1757

In Lahsen.

25. Dezember 1757

In Striegau bis den 31ten. Am 28ten schrieb hier der König die Epistel an seine Schwester von Baireuth:

Ich athme, theure Schwester, endlich nun
Von neuem, und ich athme nur für Dich.

Nimm an dies Opfer ohne Werth, Dir beut
Mein Herz es an; es ist das einzige,
Das ich Dir darzubringen jetzt vermag,<334> Die Du mir Beistand warst, und ein Asyl,
Du meine Gottheit, meine Retterin! etc.

(H. W. VI. 232).

26. Dezember 1757

Der König an den Marquis d'Argens:

"Sie können mir glauben, mein lieber Marquis, daß mir Ihr Schreiben viel Vergnügen gemacht, nicht nur der Freundschaft wegen, die Sie mir darin bezeigen, sondern auch, weil ich solche große Lust habe, Sie wieder zu sehen. Ihre Reise können Sie ganz nach Ihrer Bequemlichkeit anstellen; ich habe Jäger ausgesucht, die ich nach Berlin geschickt, um Sie zu begleiten. Machen Sie kleine Tagereisen, und bleiben die erste Nacht in Frankfurt, die zweite in Crossen, die dritte in Grüneberg, die vierte in Glogau, die fünfte in Parchwitz, die sechste in Breslau. Ich habe befohlen, daß man die Pferde bestellen, daß man die Stuben unterwegs heizen und schöne junge Hühner an allen Orten für Sie bereit halten soll. Ihre Stube in dem Hause, wo Sie wohnen werden, ist tapezirt und hermetisch verdichtet, es wird Ihnen kein Zugwind und kein Geräusch beschwerlich fallen etc. Könnte mich irgend noch Eitelkeit anwandeln, so müßte es bei Ihren Briefen geschehen. Aber, mein Lieber, wenn ich mich recht betrachte; so gehen drei Viertel von Ihrem Lobe ab. Alles, was Ihre Beredsamkeit so gern an mir erheben will, besteht in weiter Nichts, als in ein wenig Entschlossenheit und viel gutem Glück. Sie werden mich noch gerade so wiederfinden, wie Sie mich verlassen haben, und können versichert sein, daß alle die Dinge, die in der Ferne so sehr ins Auge fallen, in der Nähe oft sehr klein sind. Kurz, mein Lieber, das Vergnügen, Ihre Gesellschaft zu haben, ist das Einzige, worauf ich mich freue. etc."

31. Dezember 1757

Der König aus Strigau in Breslau bis den 14. März 1758. Hier kam der Marquis d'Argens beim König an.

In diesem Jahre erschienen von des Königs kleinen Aufsätzen etc. (Fliegende Blätter): Schreiben eines Sekretärs des<335> Grafen Kaunitz an einen Sekretär des Grafen Kobenzel. (Deutsche Supplemente Bd. 3. S. 207).

B.

10. Dezember 1757

Breslau von den Preußen belagert.

20. Dezember 1757

Geht Breslau an die Preußen über. Die Östreichische Besatzung, welche kriegsgefangen wurde, bestand aus 14 Generalen, 63 Staabs- und 629 Subalternen-Officieren und 17000 Unterofficieren und Gemeinen

26. Dezember 1757 bis 28. Dezember 1757

Erobern die Preußen Liegnitz wieder.

30. Dezember 1757

Schloß Harburg ergiebt sich den Alliirten.

31. Dezember 1757

Wird in Schlesien der nexus parochialis zwischen den Katholiken und Evangelischen aufgehoben.

In diesem Jahre erschienen die zu damaliger Zeit sehr viel gelesenen Bauerngespräche. Sie erregten auch die Aufmerksamkeit des Feindes, und als die Östreicher 1760 in Berlin waren, forschten sie sehr eifrig nach dem Verfasser. Das erste Bauerngespräch, unter dem Titel: Ernsthaftes und vertrauliches Bauern-Gespräch, gehalten im Schultzen-Gericht zu R. und W. in plattdeutscher Sprache, 1757, war dem damaligen Hofbuchdrucker R. L. Decker im Manuscript von unbekannter Hand zugesandt worden, mit der Auffoderung, es zu drucken. Er that es, und es wurden davon in kurzer Zeit 15000 Exemplare verkauft. Decker wartete lange auf die Zuschickung der Fortsetzung; da diese aber nicht erfolgte, so entschloß er sich, sie selbst zu liefern. Es erschienen nun noch 12 Fortsetzungen, die eben so reißend Abgang fanden, da sie jedoch nur in einzelnen Bogen erschienen, so haben sich nur wenige complette Exemplare erhalten, die jetzt zu den Seltenheiten gehören. Es giebt davon auch Exemplare in hochdeutscher Sprache. Der wahre Verfasser des ersten Bauerngesprächs ist nie bestimmt bekannt geworden, es ist jedoch ein gewisser Sekretär oder Registrator Grünne in Berlin dafür gehalten worden. In den alten Berliner Adreß<336>kalendern findet sich ein Johann George Grüne, welcher "Rentmeister, wie auch Registratur bei'm Ober-Directorio der Invaliden" gewesen, und 1763 ein eigenes Haus in der Mittelstraße bewohnt hat.

Chodowiecki hat einen Kupferstich geliefert, welcher einen Mann und eine Frau vorstellt, die damals in den Straßen Berlins umherzogen, und der Mann, die Bauerngespräche, die Frau, Chansons zum Verkauf ausschrieen.

Die Carnevals-Lustbarkeiten fielen dies Jahr aus.


331-+ Auf diesem Wege hatte die Unterredung des Königs mit dem Krüger des Dorfes Sahra Statt. S. Nicolai Anecdoten, Heft 3, S. 231.