12923. AN DEN GENERALLIEUTENANT FREIHERRN VON DER GOLTZ.

[Kunzendorf, 30. Mai 1761.]428-1

Ich bezöge Mich auf die heutige positive und gute Nachricht,428-2 so ihm geschicket. Nun käme es drauf an zu wissen, welche Tournure die Russen ihren Operations würden geben wollen.

Was bis dato bei Colberg wäre, hielte Ich für suffisant, um den Ort zu decken, und müsste man nur noch wissen, wenn die Russen sehen, dass sie da solchen Widerstand finden, ob sie nicht mehr auf der Seite hin detachiren würden. Zweitens, ob sie nicht durch den beständigen Anmahnungen von den Oesterreichern sich nicht würden bereden lassen, auf Glogau oder Breslau was vorzunehmen;428-3 oder, drittens, gar, ob sie sich nicht gar würden wieder einfallen lassen, die Tour auf Berlin zu richten.

Ich wollte wünschen, dass sie ihre Operations bis den 12. Juli aussetzen möchten; alsdenn zu präsumiren wäre, dass die Franzosen und Engelländer mit ihren Préliminaires würden zu Stande gekommen sein. Aber Ich besorge, dass die Oesterreicher sich eher in Bewegung setzen würden.

Ich dächte von diesem allen, noch ehe die Campagne anginge, sichere und positive Nachricht zu kriegen, die ihm sofort communiciren würde. Was [die Nachricht] wegen des Detachements von 20000 von den Russen betrifft, wäre mehr zu wünschen, als bis dato zu glauben. Bei dem russischen Hof könnten sie nur erst kürzlich Nachricht aus Konstantinopel haben. Was derwegen resolviret, könnte noch nicht bei der Armee bekannt sein, und so lange Ich nicht sehe, dass die Oesterreicher detachiren, könnte nicht glauben, dass es die Russen thun würden.

Weisungen [Bleinotizen] für die Antwort; auf der Rückseite des Berichts von Goltz, d. d. „Lager bei Zerbau“ 29. Mai.

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428-1 Das Datum ergiebt sich aus dem Bericht von Goltz, d. d. „Lager bei Zerbau“ . 31. Mai.

428-2 Jedenfalls dieselbe, welche dem Prinzen von Württemberg (vergl. Nr. 12922) übersandt wurde.

428-3 In einem Schreiben an Schlabrendorff vom 31. Mai gestattet der König den an der Grenze „nach Polen und nach der Neumark“ hin angesessenen schlesischen Adligen, sich bei Annäherung der russischen Armee mit russischen Sauvegardes zu versehen, [Berlin. Generalstabsarchiv.]