<486> Sie aus Meinem letzteren Briefe vom [22.] dieses1 ersehen haben, wie der General Goltz das russische Corps bei Posen attaquiren wird, welches also schon die Execution des einen Theiles von Ew. Liebden Project ist. Was die andern Theile von Ew. Liebden Project angehet, da finde Ich, dass vieles dabei ist, so noch zu balanciren sein dürfte, und zwar erstlich, dass der Feind Ew. Liebden jetzt wirklich an Artillerie überlegen, wenn nämlich Dieselbe diejenige, so Sie jetzo aus Colberg genommen, dort müssen stehen lassen. Zweitens wissen Ew. Liebden, dass es bei Dero habenden Bataillons Infanterie an Officiers und an Stabsofficiers überall fehlet, und dass die Hälfte von denen Regimentern aus Rekruten bestehet. Drittens, dass Dero beste Kavallerie, so Dieselbe dort haben, die Wernersche Husaren seind, und Dero Regiment, so erst neu retabliret, noch nicht eingesetzet worden, mithin noch nicht auf dem Fuss ist, als Dero altes Regiment war. Es haben Ew. Liebden also zwar in einigen Stücken Avantage, wann Dieselbe den Feind dort attaquiren möchten; würden Dieselbe aber unglücklicher Weise geschlagen oder repoussiret, so könnte es mit Colberg sehr misslich aussehen. Dahergegen aber haben Dieselbe alle Avantage in Dero dortigem Retranchement, so dass eines gegen zehn zu pariren sein wird, dass, wenn der Feind Ew. Liebden darin attaquiret, solcher nicht nur affreux viel Leute verlieren muss, sondern auch dann geschlagen werden wird.
Mein Sentiment ist daher, dass ein Temperament zwischen der Partei, so Ew. Liebden zu nehmen vermeinen, und zwischen der Inaction zu nehmen, und zwar dahin, dass Dieselbe erst abzuwarten haben, wie die Sache mit dem General Goltz gehen wird. Ist Derselbe glücklich und hängt dem Buturlin eines an, so dass die Russen auf solcher Seite weglaufen müssen, so können Ew. Liebden alsdann schon ein mehreres hasardiren. Um aber doch mit Précaution zu gehen und von der Sache sicher zu sein, will ich Ew. Liebden rathen, keine affaire générale zu engagiren, sondern eher eine affaire d'arrière-garde, die, nachdem Ew. Liebden sehen, wie Sie damit reussiren, von Deroselben immer stärker gemachet werden kann.
Wann solches reussiret, und Ew. Liebden etwa drei dergleichen Affaires haben können, so verlieret der Feind dadurch so viel, und Ew. Liebden profitiren dabei wo nicht mehr, doch eben das, als wann Dieselbe eine bataille en forme gewonnen hätten. Kurz, es ist nicht Rath, gar zu viel auf einmal zu hasardiren; so aber, wie man siehet, dass auf einer Seite es gut gehet, so kann man auf der andern Seite immer dreister sein. Ich habe sonst auch dem General Goltz geschrieben, dass, wann es bei ihm gut gehet, er alles mögliche von der Welt thun soll, um durch Leute aus dem Lande Ew. Liebden gleich davon zu avertiren.
Haben Dieselbe die Gutheit und lesen diesen Meinen Brief dem
1 Nr. 12982.