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XVIII. INSTRUCTION FÜR DIE GENERAL-MAJORS VON DER CAVALLERIE.[Titelblatt]

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INSTRUCTION FÜR DIE GENERAL-MAJORS VON DER CAVALLERIE.

Nachdem Ich bisher zu Meinem besondern Missvergnügen gefunden, dass die Generale nicht allemal dasjenige prästiret, was Ich von ihnen erwartet habe, so bin Ich endlich vollkommen überzeuget worden, dass die Schuld in gewisser Masse an Mir gelegen, weil es ihnen an Meiner Instruction gefehlet hat, es aber ohnmöglich ist, dass ein Mensch des andern Gedanken errathen kann, wenn sie ihm nicht expliciret werden. So hat Mich dieses bewogen, gegenwärtige Instruction für sie aufzusetzen, von welcher Ich Mir, sowohl in Kriegs- als Friedenszeiten, viel Gutes verspreche.

Das Wort General bedeutet einen Officier, der mehr wie die Subalternen, auch mehr wie die Obersten zu befehlen hat, der in das Grosse vom Kriege entriret, dem mehr wie andern anvertrauet wird, und der sich also in allen Sachen, so zum Dienst gehören, diejenige Auctorität geben muss, die ihm bei seinem Character anständig ist.

Bei Friedenszeiten und in Garnisonen thun die General-Majors von der Cavallerie eigentlich nur Obersten-Dienste; jedennoch haben sie auch in Friedenszeiten Gelegenheit sich zu distinguiren, wenn sie<182> nämlich ihre Regimenter in sehr guter Ordnung halten, wenn sie dafür sorgen, dass das Regiment mit keinen andern als recht tüchtigen und guten Pferden remontiret werde, wenn sie das Auge darauf haben, dass die Pferde vom Regiment beständig in dienstbarem Stande erhalten werden müssen und von Kräften und Vigueur sind, doch aber, dass solche gut ausgefüttert und dabei in Athem sind und nicht pusten wenn die Attaque gemachet ist. Es distinguiret sich ferner ein Regiment durch die Munterkeit seiner Officiere, wenn dieselben alerte sind, ihre Züge wohl führen, wohl commandiren, und wenn sie einen hurtigen und leichten Begriff von den Manoeuvres haben, welche man ihnen zu machen aufziehet und welche gegen den Feind vorkommen können.

Wenn Campements zu Revues formiret werden, so müssen die General-Majors ihre Dienste wie Generale verrichten und kommt ihnen alsdann zu, die Feldwachen auszusetzen, wobei denn zu observiren ist, dass, wenn das Campement vor der Ernte zusammengezogen wird, alsdann bei Setzung der Feldwachen das noch im Felde stehende Getreide allerdings menagiret werden muss; ist aber das Campement nach der Ernte, so müssen die Feldwachen nach allen Regeln des Krieges dergestalt, wie es im Reglement vorgeschrieben ist, ausgesetzet werden, zu sagen, dass vor allen Dingen das Lager gut besetzet werde, auch dass die Posten verdeckt stehen, die Vedettes aber auf den Höhen. In Formirung der Linie bei den General-Revues müssen die Generale eben dasselbige observiren, als wenn wirklich gegen den Feind aufmarschiret würde, so wie Ich es gleich mit mehrerm expliciren werde.

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WAS DIE GENERAL-MAJORS VON DER CAVALLERIE IM FELDE ZU THUN HABEN.

Sobald als wie die Armee zusammengezogen wird und en rang de banniere183-a campiret, so werden die Regimenter in Brigaden eingetheilet. Ein jeder General-Major, welchem eine Brigade übergeben wird, muss solche so als wie sein eigenes Regiment ansehen, und da ein Rittmeister seinem ihm vorgesetzten Obersten wegen seiner Compagnie allemal responsable sein muss, so bleibet ebenmässig der General-Major wegen seiner Brigade dem Könige responsable, dergestalt, dass er bei sothaner Brigade auf die Ordnung in den Regimentern derselben, auf die Subordination der Officiere und Gemeinen, auf den guten Zustand der Pferde, auf die Observirung der Ordres in allen und jeden Stücken Acht haben muss, exempli gratia, dass die Leute unter Aufsicht gewisser dazu commandirter Officiere ordentlich nach dem Wasser reiten müssen, dass keiner für seinen Kopf fouragiren reiten darf, dass die Wachen ordentlich aufziehen, in Summa, der General-Major von der Brigade muss auf alle und jede Stücke, so der Dienst erfordert, ein sehr wachsames Auge haben und dafür repondiren, dass alles mit Exactitude geschehe.

Es ist ein essentielles Devoir für einen jeden General, welchem eine Brigade, ein separirtes Corps, oder ein Detachement zu commandiren anvertrauet wird, dass er der Desertion vorbeuge; dieses geschiehet nun : 1. wenn man evitiret nahe an einem Walde oder grossen Holze zu campiren, wofern man sonsten nicht wegen der Kriegs-Raison dazu obligiret ist; 2. wenn man die Bursche öfters in ihren Zelten visitiren lässet; 3. dass man Husaren-Patrouillen rund um das Lager gehen lässet; 4. wenn man des Nachts Jäger in das Getreide postiret, auch gegen den Abend die Feldposten von der Ca<184>vallerie doubliren lässet, damit die Chaine von solchen um so viel dichter zusammenkomme; 5. wenn man nicht leidet, dass der Soldat sich debandiret, sondern die Officiere obligiret, dass sie, wenn Stroh oder Wasser geholet wird, ihre Leute allemal in Reihen und Gliedern führen müssen; 6. wenn das Marodiren sehr einstlich bestrafet wird, als welches die Quelle von den grössesten Desordres ist; 7. wenn an den Marschtagen die Wachen in den Dörfern nicht eher zurückgezogen werden, bis das Corps sich schon völlig formiret hat; 8. wenn man des Nachts nicht marschiret, es sei denn, dass eine importante Ursache solches erfordere; 9. wenn rigoureux verboten wird, dass bei Marschtagen kein Soldat sein Peloton verlassen darf; 10. dass man Husaren-Patrouillen seitwärts gehen lässet, wenn die Infanterie durch ein Holz passiret; 11. dass, wenn Défilés zu passiren sind, man am Ein- und Ausgang der Défilés Officiere placiret, welche die Truppen, sowie sie nur aus dem Défilé heraus sind, gleich wieder formiren müssen; 12. dass, wenn man sich obligiret siehet mit den Truppen ein Mouvement rückwärts zu machen, man ihnen solches entweder sorgfältig cachiret, oder es doch mit einem solchen Prätexte bekleidet, welcher den Soldaten Plaisir machet; 13. wenn man jederzeit aufmerksam ist, damit es den Truppen an keinem Nöthigen fehle, es sei an Brod, Fleisch, Brandwein, Stroh oder dergleichen mehr; 14. dass, wenn bei einem Regimente oder bei einer Compagnie die Desertion besonders einreissen will, man sogleich die Ursachen davon examiniret, um zu wissen, ob der Soldat seine Löhnung und andere ihm ausgemachte Douceurs richtig bekommet , oder ob etwa sein Capitain darunter Malversationes begehet.

Auf Märschen muss der General seine unterhabenden Officiere wohl anhalten, dass dieselben bei Passirung von holen Wiegen, Défilés, absonderlich wenn durch Wälder marschiret wird, keinen Kerl aus den Zügen und Gliedern abstreifen lassen, auch dass die Escadrons und die Regimenter ordentlich und wie eine Kette an einander<185> zusammenhangen. Erlaubet es das Terrain, dass die Regimenter und Escadrons mit Zügen marschiren können, so müssen jederzeit die Züge ihre Distances so halten, damit sie sich allemal schwenken können; die Unter-Officiere müssen nach den Officieren, welche die Züge führen, sehen, damit solche nicht zu weit zurück, aber auch nicht zu dicht auf selbige zureiten; feiner, dass von den Rittmeistern oder Commandeurs der Escadrons einer gegen die Mitte reite, hergegen, dass die Commandeurs der Regimenter sich allerwegen, wo sie nöthig sind, finden lassen, die Generale aber an solchen Orten, von dar sie ihre Brigaden übersehen können. Wenn Défilés zu passiren sind, so bleiben die Obersten und die Commandeurs der Escadrons bei dem Défilé halten, und zwar die Commandeurs der Escadrons, bis ihre Escadron das Défilé durchpassiret ist, die Obersten aber, bis ihr Regiment das Défilé passiret hat, und die Generale, bis ihre Brigade durch ist; sollte die Tête zu geschwinde oder zu langsam marschiren, so muss der General dahin schicken und davon avertiren lassen.

Wenn die Armee in das Lager rückt, so setzet der General-Major du jour die Feldwachen aus. Bei den Feldwachen ist zu observiren, dass man des Tages wenig Vedettes aussetzet, solche aber gut postiret, denn den Tag über können wenig Leute so gut wie viele avertiren, wenn sie sonst nur gut postiret sind; des Nachts aber müssen mehr Posten ausgesetzet werden, um die Desertion um so mehr zu verhüten, oder auch zu präcaviren, dass sich kein Spion in das Lager schleichen kann. Was die andern Generale betrifft, so müssen selbige, dafern es nur noch etwas Tag ist, sogleich vor- und seitwärts des Lagers reiten, um sich sogleich das Terrain bekannt zu machen, so weit als es nur des Feindes leichte Truppen zulassen werden; denn die Kenntniss des Terrains ist eines der Hauptstücke, welche von einem Generale erfordert werden, und die öfters am Tage einer Action die Bataille decidiret.

<186>Wenn die Armee marschiret in der Intention mit dem Feinde zu schlagen, alsdann geschiehet der Marsch beständig mit Zügen, und muss alles dabei sehr genau observiret werden, was deshalb vorhin erinnert worden ist.

Man formiret sich auf dreierlei Art gegen den Feind, nämlich man marschiret

Wenn linienweise rechts abmarschiret wird, da wird von dem Chef der Armee die Position gegeben, wornach sich ein jeder Flügel zu aligniren hat, alsdann die Generale, so die Brigaden commandiren, wohl Acht zu geben haben, dass alles exact geschehe. Ich setze den Fall, es sei ein Dorf mit Infanterie besetzet, an welchem der eine Flügel zu stehen kommt, so ist es besser, die Cavallerie lässet das Dorf auf dem rechten Flügel fünfzig Schritt vor sich, bis sie sich formiret hat, alsdann sie vorrücket. Ist eine Höhe vor dem Orte, wo der rechte Flügel ist, so muss der General, der den Flügel Cavallerie commandiret, solche Höhe gewinnen und den Feind zu überflügeln suchen. Ist das erste Treffen nicht stark genug, so nimmt nur gedachter General aus dem zweiten Treffen so viel vor, als wie er nöthig hat. Kann der Flügel Cavallerie sich nicht appuyiren und sind weder Teiche, Moräste, Wässer oder dergleichen, so ihn decken, oder finden sich sonst einige Schwierigkeiten im Terrain, so muss der General-Major vom zweiten Treffen sofort das erste mit zwei oder drei Escadrons überflügeln, die Husaren aber, so im dritten Treffen stehen, müssen dergestalt hinwiederum das zweite Treffen überflügeln.

NB. Dieses muss bei allen Aufmärschen gegen den Feind mit vieler Exactitude beobachtet werden.

Marschiret die Armee linienweise links ab, so ist eben dasselbe<187> dabei zu observiren. Ich setze nur noch hinzu, dass von einer jeden Escadron ein Officier vorjagen muss, um das Terrain zu recognosciren, ob Gräben, Löcher, Brücher, Teiche oder dergleichen vor ihrer Fronte sind, auf dass ein jeder Officier bei Zeiten wisse was er für ein Terrain zur Attaque hat, und dass er seine Leute von allem avertiren könne.

Wenn mit Colonnen gerade gegen den Feind marschiret wird, so müssen 1. die General-Majors auf ihre Distances wohl Acht haben, und die Têten der Colonnen müssen in gerader Linie sein. Wenn mit Escadrons marschiret wird, so ziehet sich die Tête rechts, und alle andere Escadrons, so in das erste Treffen kommen, links, desgleichen die Tête vom zweiten Treffen rechts, die andern Escadrons aber ebenmässig links. Die linken Flügel von einer jeden Escadron müssen wohl zurückgehalten werden, damit sie nicht vor dem rechten Flügel vorbeugen; die Escadrons bleiben eine jede sechs Rotten hinter der Escadron, die ihnen vor ist, damit sie nicht zu zeitig aufmarschiren. Die Generale müssen sowohl nach der Position des rechten als des linken Flügels sehen, damit die Armee kein falsches Alignement bekomme. Wenn in einer Plaine aufmarschiret wird, so müssen die Escadrons, desgleichen die Regimenter des ersten Treffens, ganz enge Distances haben, die aber im zweiten Treffen stehen, geben weite Intervallen. Die Escadrons des zweiten Treffens, welche das erste Treffen überflügeln, können, wenn etwas zu besorgen stehet, auf der Flanke hundert fünfzig Schritt von dem ersten Treffen gezogen werden; das zweite Treffen bleibet nicht weiter als drei hundert Schritt von dem ersten zurück; die Husaren im dritten Treffen bleiben zwei hundert Schritt von dem zweiten zurück und geben ebenmässig grosse Intervallen. Was vorher wegen des Terrains ist erwähnet worden, muss hier gleichergestalt observiret werden, damit sich die Cavallerie aller der Vortheile bediene, welcher dieselbe sich gegen den Feind gebrauchen kann. Bei allen diesen Manœuvres<188> müssen die Generale alerte und agissant sein. In Friedenszeiten werden dieselben Gelegenheit haben, sich bei den General-Revues darin zu üben, und wird der König an denjenigen ein besonderes Wohlgefallen finden, welche sich alle diese Sachen am meisten werden angelegen sein lassen.

WAS BEI DEN BATAILLEN ZU OBSERVIREN.

So viele differente Terrains sich finden, so viele sind auch differente Bataillen; es ist also ohnmöglich voraus zu sagen, was bei einer jeden Bataille vorkommen kann. Ich attachire Mich demnach hierunter nur an die General-Regeln, um solche nebst Meinen Ordres den Generalen zu imprimiren; bei differenten Vorfallenheiten kommt es auf die Habileté und Présence d'esprit eines jeden Generals an.

Bei allen Bataillen im freien Felde muss die Cavallerie gleich auf den Feind losgehen und ihn attaquiren; dieses ist eine Hauptregel und Mein ernstlichster Befehl. Dieserwegen wird eben auf das geschwinde Formiren der Armee so sehr gehalten, damit man immer eher fertig sei wie der Feind und dass man von solchem nicht surpreniret werden könne. Ist unsere Cavallerie formiret und die feindliche sodann noch mit Aufmarschiren beschäftiget, so haben unsere Leute nur halbe Arbeit, wenn sie in solcher Bewegung attaquiren.

Die Attaque von der Cavallerie geschiehet zuerst im Trabe, darnach im Galopp und dann in voller Carriere. Hierbei muss wohl und als eine Sache, die sehr wichtig bei der Attaque ist, observiret werden, dass die ganze Linie mit gesammter Macht dem Feinde auf einmal auf den Hals falle, und nicht truppweise oder ein Regiment nach dem andern. Um solches zu bewerkstelligen, so müssen die Commandeurs der Escadrons zugleich antraben, zugleich in Galopp fallen, auch die ganze Linie zugleich an den Feind heranjagen. Wenn <189>dergestalt die grosse Mauer geschlossen und mit Impetuosität auf einmal an den Feind herankommet, so kann ihr ohnmöglich etwas Widerstand thun. Sollte etwa im ersten Treffen eine Escadron, es sei wegen eines Grabens oder dergleichen, in Confusion gekommen sein, so muss sofort die nächste Escadron vom zweiten Treffen hereinrücken; sollte es auch etwa an einem oder anderem Orte des ersten Treffens schwer halten, so muss das zweite Treffen, sonder Befehl noch Ordre dazu zu erwarten, sogleich secundiren. Wenn die erste Attaque vorbei ist, so muss ein jeder General mit seiner Brigade, auch wohl ein jeder Rittmeister mit seiner Escadron das, was von dem Feinde noch vor ihm hält, attaquiren und wegjagen; die Escadrons sowohl als die Regimenter müssen sich einander getreulichst beistehen und secundiren, bis sie den Feind völlig in die Flucht haben.

Wenn die feindliche Cavallerie bis über das nächste Défilé getrieben worden ist, alsdann gebühret der Cavallerie zwei Sachen zu thun, nämlich, dass etwas von ihr detachiret werden muss, damit die feindliche Cavallerie nicht wieder zurückkommen darf, und dass das Uebrige sodann sich der feindlichen Infanterie in den Rücken setze, um ihr die Retraite abzuschneiden. Will man auch des Feindes Infanterie in die Flanke und in das zweite Treffen fallen, so ist solches sehr gut; nur muss alsdann ein Officier nach unserer Infanterie geschicket werden, damit solche davon avertiret werde und nicht auf die Infanterie vom Feinde schiesse, wenn unsere Cavallerie solche attaquiren will, als wodurch unsere Cavallerie sonst leicht in Confusion gebracht werden könnte.

Wenn man eine Bataille in bergigen und difficilen Gegenden hat. so ist es nicht möglich, dass die grosse Attaque zugleich geschehen kann, sondern es muss alsdann ein jeder General das Beste bei seiner Brigade thun, denn das Terrain ist an solchen Orten sehr unterschiedlich, und wenn da nicht ein jeder General sein Terrain zu judiciren und von der geringsten Gelegenheit, welche sich äussert, zu<190> profitiren weiss, so kann es nicht gut gehen. Wo Gräben sind, da schreiet der Commandeur der Escadron : Graben! Alsdann setzet das erste Glied herüber, das zweite und dritte Glied öffnen sich und setzen geöffnet herüber, schliessen aber sodann gleich wieder auf das erste Glied; alsdann die Attaque prosequiret wird.

Bei dergleichen Affairen müssen die Generale sowohl vor- als seitwärts sehen, um ihre Nachbaren bei Zeiten zu secundiren, jedoch müssen sie den Feind so scharf und so frisch attaquiren, als es nur immer möglich ist. Attaquiren sie stark und geschlossen, so können sich die Escadrons nicht meliren und ist also zu vermuthen, dass der Feind sonder grossen Widerstand zum Weichen gezwungen werden wird; attaquiren sie aber nicht recht geschlossen, so können sich die Escadrons meliren, und alsdann decidiret der gemeine Mann die Sache. Weil dieses aber journalier ist, so müssen die Escadrons so geschlossen attaquiren, als es sich nur immer thun lässet, weshalb das erste Treffen fast ohne Intervallen bleiben muss, damit der Feind von keiner Flanke einer Escadron profitiren möge.

Wenn die ganze feindliche Cavallerie dergestalt weggesprenget ist, alsdann kann an die feindliche Infanterie gedacht werden, auf die Art, wie schon vorhin erwähnet worden ist. Ich erinnere nur dieses noch dabei, dass die Attaque auf die Flanke der beiden feindlichen Treffen die sicherste und kürzeste ist, indem sodann die Linien wie ein Kartenhaus übern Haufen gehen.

Bei gewissen Gelegenheiten, wenn Posten oder retranchirte Oerter attaquiret werden müssen, so kommt die Cavallerie in das zweite oder dritte Treffen; alsdann kann sie nicht eher gebrauchet werden, bis die Infanterie den Posten gewonnen hat. Ist die feindliche Infanterie geschlagen, so pfleget alsdann in solchen Gelegenheiten die feindliche Cavallerie erstere gern bedecken zu wollen, wo wieder unsererseits sodann die Cavallerie durch die Lücken der Infanterie gezogen werden muss. Wenn nun feindliche Cavallerie gegen sie<191> stellet, so müssen sich die Brigaden erst ordentlich formiren, bevor sie darauf losgehen; wäre es aber, wie es auch öfters in Bataillen zu arriviren pfleget, dass die feindliche Infanterie allein da wäre, so kann die Cavallerie selbige ohne alle Complimente attaquiren, so wie das Baireuthsche Regiment bei Hohenfriedeberg davon ein Exempel gegeben hat.191-a Die Attaquen von der Cavallerie sind bei dergleichen Gelegenheiten ganz sicher; wenn die feindliche Infanterie zu kräuseln anfängt, alsdann darf die Cavallerie nur gerade darauf zu jagen, sich so viel wie möglich ausbreiten und die Tête der Flüchtlinge gewinnen, wodurch sodann alles, was zwischen unserer Infanterie und Cavallerie sich befindet, gewiss unser ist.

Die Cavallerie muss niemals zu nahe an grosse Wälder verfolgen, auch nicht über Défilés gehen, wohl aber bis ganz dicht an das Défilé poussiren.

VOM FOURAGIREN.

Die Fouragirungen geschehen entweder um grüne oder um trockene Fourage zu bekommen. Bei den Fouragirungen von grüner Fourage müssen Escortes von Cavallerie und von Infanterie gegeben werden. Geschiehet solches in der Plaine, so marschiret die Cavallerie zuerst, alsdann ein Theil von der Infanterie, darauf die Fourageurs und dann die Arrieregarde; geschiehet die Fouragirung aber wo Berge, Wälder und Défilés zu passiren sind, so muss die Infanterie die Tête von der Bedeckung der Fourageurs machen und die Cavallerie bei der Arrieregarde sein.

Wenn das Feld ausgesehen ist, wo fouragirt werden soll, so werden die Posten rings herum ausgestellet, und müssen zwischen zwei oder drei Escadrons von allen Seiten herum Bataillons postiret werden, wo etwas von dem Feinde zu besorgen ist; die Escadrons müs<192>sen jedoch ein solches Terrain haben, damit sie den Feind attaquiren können und woselbst keine Gräben vor ihnen sind. Wenn es die Gelegenheit zulässet, so kann man die Infanterie entweder in hole Wege legen, oder hinter Zäune verdecken; überdem muss jederzeit ein Bataillon und etwas Cavallerie zur Reserve in der Mitte der Fourage bleiben, welche Reserve man an denjenigen Orten gebrauchen kann, wo etwa der Feind am stärksten angreifen möchte. Wenn auf so viel Tage Fourage gebunden ist, als fouragiret werden soll, so gehen die Fourageurs nach dem Lager und die Escorte bedeckt solche, wie oben schon gesaget worden.

Wenn trockene Fourage aus den Dörfern fouragiret werden soll, so ist alsdann die Cavallerie-Escorte nur dazu, um die Fourageurs auf dem Wege zu bedecken. Dasjenige Dorf, so fouragirt werden soll, muss mit Infanterie besetzet werden, die Husaren aber müssen rings um die Gegend patrouilliren. Wo etwa eine Anhöhe oder ein Ort ist, der solches Dorf decket, nämlich auf beiden Flügeln und gegen die Seite, woselbst sich der Feind sehen lässet, da setzet man die Cavallerie hin; wobei jedennoch eine Reserve Cavallerie und Infanterie gemachet werden muss, um den Feind, der etwa an einem oder dem andern Orte scharf attaquiren möchte, damit abzuweisen. Nahe an Wäldern muss keine Cavallerie postiret werden, denn sonsten die feindliche Infanterie sich in solche Wälder ziehen und aus solchen auf die Cavallerie schiessen kann, ohne dass diese sich zu wehren im Stande ist. Sind es aber helle Wälder, so darf sich die Cavallerie davor nicht scheuen, denn sie kann durch solche, obschon etwas geöffnet, attaquiren. Sind mehrere Dörfer zu fouragiren, so observiret man dasselbe, und bei dem Rückmarsche decidiret das Terrain, wie schon vorhin gesaget worden ist, ob Cavallerie oder Infanterie die Retraite schliessen muss. Bei Fouragirungen kann die Cavallerie dann und wann rottenweise gegen die Husaren ausfallen und feuern lassen.

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VON DEN DETACHEMENTS.

Ein General von der Cavallerie, der ein Detachement commandiren will, muss nicht allein den Dienst der Cavallerie, sondern auch den von der Infanterie verstehen, und vice versa.

Es werden dannenhero diejenigen Generale sich bei Mir am meisten recommandiren, welche sich auf den einen Dienst sowohl, als auf den andern appliciren. Es werden besondere Qualitäten von demjenigen erfordert, welcher das Commando über ein Detachement führen will; ein solcher General muss

1. sich aller Nahrungssorgen wegen seines unterhabenden Detachements annehmen, sie mögen Namen haben wie sie wollen, und seine Anstalten so gut machen, dass seinem Corps nichts, was nur möglich ist, abgehe. Das Corps, es mag nun Infanterie oder Cavallerie sein, ist dem Generale so aufgetragen, als wie sein eigenes Regiment, folglich ist er für dessen Conservation, guten Stand, Ordnung und Nachlebung der Ordres schlechterdings eben so responsable, als wie er solches für sein eigenes Regiment sein muss; derowegen er sich gegen die Officiere die Auctorität, so ihm zukommt, geben und dahin sehen muss, dass alles was die gute Ordnung erfordert, mit der äussersten Accuratesse beobachtet werden müsse, dass die Pferde von der Cavallerie in gutem Stande seien und dass die Infanterie nicht verloddern müsse, dass das Corps gut genähret werde, dass keine Desertion einreisse und in Summa, dass alles und jedes observiret werde, was das Reglement und des Königs Ordres mit sich bringen.

Die Connaissance vom Lande ist der zweite Artikel, welchen ein solcher General wohl inne haben muss, und ist dieser Artikel ihm eben so important als die vorgemeldeten Qualitäten, denn die mehresten Detachements geschehen entweder um Convois zu decken, <194>oder aber dem Feinde in seinen Mouvements, Convois und Fouragirungen hinderlich zu sein. Die vornehmsten Regeln bei Detachements sind, sich mit avantageusen Lägern zu versehen, damit, wenn auch etwas Starkes vom Feinde auf das Detachement käme, solches davon nichts zu befürchten habe. Es ist demnach bei Detachements vornehmlich auf vortheilhafte Läger zu sehen und eine solche avantageuse Position zu nehmen, auf dass man von einem starken Feinde weder von der Fronte, noch in den Flanken etwas zu besorgen habe. Imgleichen muss auch gegen Husaren und Panduren der Rücken gedeckt sein, jedoch so, dass man allemal aus dem Lager frei und sicher zur Haupt-Armee, oder auch zu der festen Stadt, aus welcher man detachiret ist, kommen könne. Feste Läger sind diejenigen, wenn man nämlich starke Défilés vor sich hat, oder dass man auf steilen Bergen campiret, oder hinter Flüssen stehet, wo der Feind sonder Brücken nicht herüber kommen kann. Wenn man nur kleine Bäche oder kleine Wässer vor sich hat, so muss man solche oberwärts194-a stauen lassen, damit selbige anlaufen und eine Art von Inondation machen. Wo Gues oder Oerter sind, da man durchreiten kann, da schmeisset man grosse Bäume mit ihren Aesten hinein, um das Durchkommen zu verhindern. Wenn man die Flanken mit nichts decken kann, so lässet man Redouten aufwerfen, und zwar auf zwei oder mehrere Grenadier-Compagnien, nachdem nämlich das Corps stark ist. Bleibet man in dem Lager stehen, so pallisadiret man die Redouten und lässet en quinconce Wolfsgruben vor den Gräben machen.

NB. Das Lager, welches man nimmt, muss jederzeit zwei hundert Schritt, auch wohl mehr, hinter dem Posten sein, wo man sich vorgenommen hat sich zu stellen, wenn der Feind ohnvermuthet kommen sollte.

Uebrigens muss ein General, der ein solches Corps commandiret, sich drei oder vier starke Läger ausgesehen haben, damit, wenn er<195> etwa das eine verlassen müsste, er jederzeit schon zum voraus andere wisse, wohin er seine Retraite nehmen kann.

Die Detachements geschehen:

1. Um Convois zu decken. Bei dergleichen Detachements muss man dem Convoi, wenn solches ankommen will, entgegen schicken, insonderheit aber muss man durch die Husaren fleissig patrouilliren lassen, um Nachricht zu bekommen, ob der Feind etwas darauf intendiren möchte. Wo Plaine ist, da schicket man den Convois viele Cavallerie entgegen; sind aber Défilés, so muss man keine Cavallerie, sondern vielmehr Infanterie schicken. Bekommt ein detachirtes Corps Nachricht, dass sich ein feindliches Corps zu sehr nähert, so muss man es recognosciren lassen, darauf des Nachts marschiren und solches bei Anbruch des Tages überfallen; denn es ist allemal eine Hauptregel, dass, wenn man dem Feinde nichts zu thun machet, so machet er einem gewiss alle Hände voll zu thun, wird er aber oft beunruhiget, so denket er an sich, verfällt auf die Defensive und lässet also den andern zufrieden. Es ist hierbei aber nöthig, dass man zuvor wohl informiret sei, mit wie viel Leuten man zu thun haben werde, auch, ob der Feind nicht noch eine Reserve hat, die ihm zum Succurs kommen kann; dass also dergleichen Expeditiones wohl überleget werden müssen.

2. Detachiret man seitwärts der feindlichen Armee, um selbiger in ihre Convois zu fallen, oder auch um ihr das Fouragiren schwer zu machen. Bei solcher Commission muss man fast gar keine Bagage mit sich nehmen; dabei müssen die Husaren gut patrouilliren, um Nachricht vom Feinde zu bringen. Wenn nun ein Coup zu machen ist, so muss das Défilé, durch welches das Corps Husaren oder Cavallerie den Feind attaquiren soll, beständig mit Infanterie besetzet sein, damit ersteres sicher wieder zurückkommen könne.

Dasjenige Corps, welches von dem Detachement detachiret wird, muss jederzeit zwei Wege haben, um wieder zurückkommen zu<196> können. Es ist auch nöthig, dass, wenn man dergleichen Project hat, solches auf das äusserste verschwiegen gehalten werde, damit der Feind nichts davon zu erfahren bekommen könne. Die Partien, welche was Gutes ausrichten wollen, müssen des Nachts ausgehen und frühe gegen den Tag ihren Coup machen, auch sodann gleich wiederum zurückeilen.

Ist man gewiss, dass ein starkes feindliches Corps auf das Detachement zukommet, welches dasselbe von dem grossen Corps d'armée, oder aber von der Festung, woher es gekommen ist, abschneiden kann, so muss das Detachement des Nachts zurückmarschiren. Es müssen deshalb die Generale sich alle Wege und Situationes wohl bekannt machen, damit sie überall durchzukommen wissen. Demjenigen Officier, welcher nicht das Terrain kennet, noch von einer Anhöhe, von holen Wegen, von Morästen und von Wäldern zu profitiren weiss, demselben kann niemals ein detachirtes Corps anvertrauet werden. Ueberhaupt, da das detachirte Corps eben so wie des Generals sein eigenes Regiment anzusehen ist, so muss derselbe auch auf selbige Art dafür sorgen.

Bei allen dergleichen Expeditionen und überhaupt bei allem was die Kriegs-Operationes angehet, wird das Secret und die Verschwiegenheit auf das alleräusserste recommandiret, denn wenn der Feind von demjenigen Nachricht bekommen sollte, was man auf ihn intendiret, so muss der Coup ganz gewiss fehlschlagen; überhaupt aber wäre es sehr schlecht und verächtlich, wenn es unter Meinen Generalen dergleichen Personen geben sollte, die nicht mehr als Weiber schweigen könnten.

Uebrigens recommandire Ich den Generalen vor allen Dingen, dass sie jederzeit die Infanterie sowohl als die Cavallerie so gebrauchen sollen, wie es ihr Dienst ist gebrauchet zu werden; ferner, dass, wenn Marches geschehen, Arrieregarden gemachet, Escorten und Partien geschicket werden, sie alsdann die Cavallerie allemal so stel<197>len sollen, dass dieselbe Terrain hat, ihre Attaques zu machen; die Infanterie hergegen kann gebrauchet werden wie man will, nur verbiete Ich auf das allerernstlichste, dass solche niemals in Häuser gesteckt werde, als woraus nichts anders wie Unglück erfolgen kann. Dieselbe hinter Zäune zu legen, solches gehet an; doch muss man alsdann solche Wege machen, damit es hinten offen sei und dass man ihr leicht Succurs schicken könne. Im Uebrigen ist das Genie von unsern Soldaten zu attaquiren, es ist solches auch schon ganz recht; sollte es aber nicht möglich sein zu attaquiren und hätte man von einer grössern Uebermacht des Feindes was zu besorgen, so ist es besser, dass man sich bei Zeiten ab- und zurückziehe.

3. Von Detachements auf Postirungen. Die Postirungen werden des Winters gegen den Feind gemachet, und der General, so dazu commandiret, muss immer mit einem Corps, welches zugleich zur Reserve dienet, etwas hinter seinem avancirten Posten liegen, damit er überall im Stande sei sowohl seine Ordres zu geben, als auch auf den Fall, dass einer seiner Vorposten attaquiret wird, solchen sogleich mit seiner Reserve secundiren zu können. Die Husaren muss er zu accuratem Patrouilliren anhalten und die Officiere, so sich darunter negligiren, nach der grössesten Rigueur bestrafen. Er muss ferner in seiner Brigade beständig daraufsehen, dass den gegebenen Ordres stricte nachgelebet werden müsse.

Bei den Husaren-Patrouillen ist zu observiren, dass wo guéable Wässer sind, alsdann die Husaren dicht an dem Ufer oft und von Viertelstunde zu Viertelstunde patrouilliren müssen. Diese Patrouillen dürfen nicht stark sein, indem sie nur patrouilliren um den Feind zu observiren und gar nicht um sich zu schlagen.

Die Generale müssen im Felde sowohl, als bei allen andern Gelegenheiten daraufhalten und ein wachsames Auge haben, dass nicht so viele Montirungs-Stücke liederlicherweise verquistet werden und verloren gehen. Nach der Erfahrung, so Ich von den vorigen Zeiten<198> gehabt habe, ist es schändlich gewesen zu sehen. Was für eine Menge von Sätteln, Halftern, Pistolen und Schabracken verloren gegangen sind. Wenn Meine Generale von der Cavallerie darauf nur einige Attention gehabt hätten, so würden sie selbst gefunden haben, dass es eine wahre Unmöglichkeit, so viel von dergleichen Sachen wiederum anzuschaffen, als davon mehrentheils leichtsinnigerweise verloren gegangen ist; dahero Ich ihnen mehrere Attention darauf zu haben, als bisher geschehen ist, bestens recommandire.

Uebrigens ist Meine Methode, den Cuirassieren, so viel nur immer möglich ist, des Winters Ruhe zu geben, weil alsdann die Pferde gut ausgefüttert, die jungen Leute und Recruten aber, wie auch die jungen Pferde, gut dressiret werden müssen.

Alle Berichte, so von einem Generale an den König oder an den Chef der Armee gehen, müssen mit Fundament und mit Vorsichtigkeit abgefasset sein, damit ein General nicht solche ohnzuverlässige Rapporte erstatte, als zum öftern die Husaren thun. Alles was passiret und was sie gehöret und in Erfahrung gebracht haben, können sie als Zeitungen schreiben, jedennoch aber müssen sie am Ende des Berichtes ihr Raisonnement und ihre Meinung darüber beifügen, was ihnen nämlich davon wahrscheinlich vorkommet, oder aber was ihnen ihre Spione lügenhaftes berichtet haben möchten; insbesondere müssen sie attent sein zu erfahren, wo die grossen Magasins des Feindes errichtet werden, indem man daraus am füglichsten dessen Desseins errathen kann.

Wenn die Armee im Frühjahr in das Feld rücket, so werden sich diejenigen Generale sehr bei Mir recommandiren, die ihre Brigaden oder Detachements in gutem Stande und Ordnung vorführen und die allen gegebenen Ordres am besten werden nachgelebet haben.

Potsdam, den 14. August 1748.

(L. S.)Fch.


183-a Siehe Band XXVIII., S. 31.

191-a Siehe Bd. III., S. 129 und 130.

194-a Abwärts.