<427>

ACHTUNDDREISSIGSTES KAPITEL Wiederherstellung der heimischen Verhältnisse im Frieden.

Friedrich hatte während des ganzen Krieges — und in den letzten Jahren mit nicht geringerem Eifer als in den ersten — dafür gesorgt, daß jederzeit die Mittel zur Bestreitung der Kriegsbedürfnisse, mindestens auf den Zeitraum eines Jahres, vorrätig seien. Dies war einer der wichtigsten Umstände, der es möglich machte, daß er mit seiner kleinen Macht so lange Zeit hindurch den höchst überlegenen Feinden widerstehen konnte. Auf gleiche Weise hatte er auch am Schlusse des Jahres 1762, um auf alle Fälle nicht ungerüstet dazustehen, die nötigen Summen zusammengebracht; und als nun der Friede eintrat, so konnte er diese Schätze alsbald mit rüstiger Hand auf die Pflege all der Wunden verwenden, welche der Krieg seinem <428>Lande geschlagen. Unablässig fuhr er in diesem edeln Bestreben fort; er hatte die Freude zu sehen, wie sein Volk sich ungleich schneller von seinen vielfachen Leiden erholte, als dies in den meisten Ländern seiner Gegner der Fall war. Ja, damit er der Welt zeige, wie kräftig er sich, trotz all des Übels, welches er erduldet, noch fühle, — damit niemand, auf seine etwaige Erschöpfung bauend, neue Pläne wider ihn zu schmieden geneigt sein möge, begann er unmittelbar nach dem Abschlusse des Friedens einen Prachtbau, den des sogenannten « Neuen Palais » bei Sanssouci, auf den er, im Verlauf von sechs Jahren, viele Millionen verwandte und der noch jetzt, durch die kostbaren Stoffe, aus denen er aufgeführt ward, und durch den außerordentlichen Reichtum an bildnerischem Schmucke, den Beschauer staunen macht. Doch war mit diesem Bau zugleich, wie bei all seinen Unternehmungen solcher Art, die weise Absicht verbunden, der Menge geschäftsloser Hände, die der Krieg hervorgebracht, Verdienst zu geben und große Geldsummen in Umlauf zu bringen; denn Stoff und Arbeit sind fast durchweg nur aus dem Inlande beschafft worden. — Beiläufig mag hier noch bemerkt werden, daß dies Schloß zugleich ein eigentümliches, wenn auch wenig beachtetes Denkmal der Bescheidenheit des großen Königes enthält. Er hatte nämlich dem Maler Vanloo befohlen, an der Decke des kolossalen Marmorsaales, der einen der Haupträume des Schlosses bildet, eine Götterversammlung zu malen; der Maler hatte sich einfallen lassen, dabei ein paar Göttinnen des Ruhmes anzubringen, die den Namenszug des Königes zum Himmel emportragen. Friedrich sah das Gemälde erst nach der Vollendung; es gefiel ihm überhaupt nicht sonderlich, der Prunk mit dem Namenszuge aber entrüstete ihn höchlichst; er befahl, ihn unverzüglich wieder wegzulöschen; und da der Maler nicht füglich das ganze kolossale Bild umändern konnte, so begnügte er sich, eine grüne Decke über den Namenszug zu malen. So tragen die Göttinnen des Ruhmes noch heute das verhüllte Rätsel in ihren Händen.

Aber auch mit unmittelbarer Hilfe griff Friedrich überall ein, um den stockenden Betrieb in Land und Stadt wiederum in Bewegung zu setzen. Da die Felder ungebaut lagen, da es an Saatkorn, an Vieh, an Händen zur Bestellung der Äcker fehlte, so verteilte er in die verschiedenen Provinzen von den vorhandenen Kriegsvorräten 42,000 Scheffel an Getreide und Mehl, sowie 35,000 Armeepferde; nahe an 40,000 Inländer entließ er aus seiner Armee und sandte sie in ihre Heimat zurück. An baren Geldern erhielten die Provinzen, unmittelbar nach dem Friedensschluß, bedeutende Summen zur Tilgung der empfindlichsten Schäden: Schlesien 3 Millionen Taler, Pommern und die Neumark 1,400,000 Taler, Preußen 800,000 Taler, die Kurmark Brandenburg 800,000 Taler, Cleve 100,000 Taler; an andern Orten wurden die Abgaben zur Hälfte erlassen. Aber lange Jahre hindurch, bis an sein <429>Ende, war Friedrich darauf bedacht, die Erinnerungen an die Greuel des Krieges auszulöschen und neuen Segen über sein Land heraufzuführen. Im Jahre 1766 schrieb er über diesen Gegenstand an Voltaire: « Der Fanatismus und die Wut des Ehrgeizes haben blühende Gegenden meines Landes verwüstet. Wenn Sie die Summe der geschehenen Verwüstungen erfahren wollen, so mögen Sie wissen, daß ich, im ganzen, in Schlesien habe 8000 Häuser, in Pommern und der Neumark 6500 Häuser wieder aufbauen lassen: was, nach Newton und d'Alembert, 14,500 Wohnungen ausmacht. Der größte Teil ist durch die Russen abgebrannt worden. Wir haben nicht auf eine so abscheuliche Art Krieg geführt; von unsrer Seite sind nur einige Häuser in den Städten zerstört worden, die wir belagert haben; ihre Zahl beläuft sich gewiß nicht auf 1000. Das böse Beispiel hat uns nicht verführt, und mein Gewissen ist von dieser Seite frei von allem Vorwurf. »

Es ist schon früher bemerkt worden, daß Friedrich sich im Verlaufe des Krieges, um die genügenden Mittel zur Bestreitung der Kosten herbeizuführen, zu eigentümlichen Finanzkünsten genötigt sah. Diese bestanden einesteils in einer immer steigenden Verminderung des Geldwertes, andernteils in der Besoldung der Zivilbeamten durch Kassenscheine, die erst nach dem Kriege im vollen Geldwert ausgezahlt wurden. Beides waren große Übel, und der Ruin vieler Familien war die Folge davon. Dennoch war dies das Mittel gewesen, wodurch Friedrich sein Land von den drückenden Schuldenlasten, die sich in dieser Zeit über andern Ländern furchtbar zusammenhäuften, befreit hielt. Mit größter Sorgfalt und Schonung wurde auch diese Angelegenheit nach dem Schlusse des Friedens allmählich wieder zu ihrer alten Ordnung zurückgeführt; und man hat neuerlich berechnet, daß, so mannigfachen Schaden auch der Einzelne bei diesen notgedrungenen Einrichtungen davon<430>getragen, der Verlust der Untertanen im Ganzen in der Tat nur gering gewesen ist. Bei dem Golde und dem Kurant hatte das Volk nur wenige Prozente, bei der schlechtesten Scheidemünze nicht mehr als 22 Prozent auf sich genommen, um den ganzen Krieg ohne Schulden beendet zu sehen.

Mit nicht geringerer Treue war Friedrich bemüht, den Helden, die mit ihm den siebenjährigen Kampf gekämpft, reiche Anerkennung zu gewähren. Die Generale und Offiziere, nicht minder auch die Gemeinen, die sich durch lange Erfüllung ihrer Dienstpflicht oder durch kühne Tat ausgezeichnet hatten, wurden auf die verschiedenartigste Weise belohnt; Friedrichs außerordentliches Gedächtnis behielt das Verdienst eines jeden einzelnen, soweit ihm nur Kunde davon zugekommen war, unverrückt im Auge. Die Geschichte bewahrt eine Menge von Zügen, wie die Gnade des Königes, je nachdem sich die Gelegenheit darbot, oft ganz unerwartet, dem Verdienten zuteil ward. Ebenso dankbar und väterlich sorgte er für die Witwen und Waisen der gefallenen Helden.

Da Friedrich aber sehr wohl wußte, wie die Sicherheit seines Staates wesentlich darauf beruhe, daß er jederzeit zum Kriege gerüstet dastehe, so unterließ er, trotz des so lange ersehnten Friedens, gleichwohl nichts von alledem, was zur gesamten Einrichtung des Kriegswesens notwendig ist. Vielmehr wurden unmittelbar nach dem Friedensschlusse die Rüstungen mit einem Eifer erneut, als ob noch in demselben Jahre der Krieg aufs neue beginnen solle. Sämtliche Festungen wurden ausgebessert und den vorhandenen noch eine neue, bei Silberberg in Schlesien, hinzugefügt. Die Vorratshäuser wurden aufs reichlichste gefüllt; Geschütz, Pulver, alles Gerät des Krieges wurde in genügender Menge herbeigeschafft oder wiederhergestellt. Die Armee ward wieder vollzählig gemacht, wozu sich, da man so viele Inländer hatte auf das Land entsenden müssen, dienstlose Ausländer in hinlänglicher Anzahl einfanden; und da die gesamte Disziplin gegen das Ende des Krieges bereits bedeutend gelitten hatte, so wurde nun mit größter Anstrengung dahin gearbeitet, daß die alte Tüchtigkeit und Zucht wieder zurückkehrte. Ja, noch mehr als früher wurde jetzt der Stand des Kriegers zum bevorrechteten Stande im Staate erhoben und ihm vor allen ein Gut zugesprochen, das die Leidenschaft des Menschen am heftigsten zu erregen pflegt: — die Ehre. Friedrich wollte jetzt ausschließlich, den militärischen Verhältnissen jener Zeit gemäß, nur Offiziere von adeliger Geburt in seiner Arme sehen; die bürgerlichen Offiziere, die während des Krieges emporgerückt waren, wurden — nicht ohne Härte — entfernt; der Adel sollte durch den ehrenvollen Dienst, die Ehre durch die Auszeichnung der Geburt zur kühnsten Hingebung für das Vaterland entflammt werden. Einst war ein Rangstreit zwischen dem <431>Legationsrate Grafen von Schwerin, einem Neffen des großen Feldmarschalls, und einem Fähndrich entstanden. Schwerin klagte beim Könige und wurde beschieden: die Sache sei gar nicht streitig, es verstehe sich von selbst, daß die Fähndriche den Rang vor allen Legationsräten hätten. Schwerin verließ den Zivildienst und wurde Fähndrich.

Die strenge Zucht, die Friedrich bei seiner Armee fortan eingeführt wissen wollte, erregte übrigens mancherlei Unwillen, und es ging die Festsetzung der neuen Einrichtungen nicht vorüber, ohne daß mehrfach die Strenge des Gesetzes gegen Unruhestifter eingreifen mußte. Mehr aber wirkte Friedrichs persönliches Auftreten, um solche Fälle augenblicklich niederzudrücken. So hatten sich unter der Potsdamer Garde einige unruhige Köpfe vereinigt, um Vergünstigungen, auf die sie keine Ansprüche machen durften, zu ertrotzen. Ohne zu erwägen, welchen strengen Ahndungen sie sich nach den Kriegsartikeln aussetzten, gingen sie nach Sanssouci. Friedrich wurde sie von fern gewahr; er steckte seinen Degen an, setzte seinen Hut auf und trat ihnen auf der Terrasse vor dem Schloß entgegen; ehe noch der Rädelsführer ein Wort sprechen konnte, kommandierte er: « Halt! » Die ganze Rotte stand plötzlich still. « Richtet euch! » — « Links umkehrt! » — « Marsch! » Sie hatten die Kommandos pünktlich befolgt und marschierten die Terrasse hinab, eingeschüchtert von dem Blick und von der Stimme des Königes, und hocherfreut, daß sie ohne Strafe davongekommen waren.

<432>Ein andermal erwies sich Friedrich noch nachsichtiger. Ein Soldat in einer schlesischen Garnison, dem bis dahin der Krieg manche willkommene Beute zugeführt hatte, fand bei seinem geringen Traktament wenig Behagen; er suchte sich, seiner alten Gewohnheit treu, auf andere Weise zu helfen. Bald jedoch ward er überführt, daß er mehreres von den silbernen Opferspenden auf einem Muttergottesaltar entwendet habe. Er leugnete indes den Diebstahl hartnäckig und behauptete, die Mutter Gottes, der er seine Not geklagt, habe ihm geheißen, dies oder jenes Stück vom Altar zu nehmen. Das Kriegsgericht fand die Entschuldigung nicht zulässig und verurteilte ihn zu zwölfmaligem Gassenlaufen. Friedrich erhielt das Urteil zur Bestätigung, fand aber — um dem Aberglauben eine kleine Lehre zu geben — für gut, zuvor bei einigen katholischen Geistlichen anzufragen, ob ein solcher Fall möglich sei. Die guten Geistlichen sahen sich, um den Mirakelglauben nicht ganz zu verleugnen, zu der Erklärung genötigt, daß allerdings ein solcher Fall, wie unwahrscheinlich und unglaublich auch das Vorgeben des Soldaten sei, doch wohl geschehen könne. Friedrich schrieb somit zurück, der vorgebliche Dieb solle aus diesen Gründen von seiner Strafe freigesprochen sein: er verbiete ihm aber aufs nachdrücklichste, in Zukunft je wieder ein Geschenk, sei es von der heiligen Jungfrau, sei es von sonst irgendeinem Heiligen, anzunehmen.

Für die Befreiung von all jenen Übeln, welche der Krieg hinterlassen, für die Ausführung der mannigfachen Pläne zum Wohl seines Landes, die Friedrich im Sinne hatte, für die Erhaltung des zahlreichen Kriegsheeres, endlich auch, um neben dem letzteren die nötigen baren Geldmittel auf den Fall eines neuen Krieges stets vorrätig zu haben, waren größere Einkünfte erforderlich, als diejenigen, aus denen Friedrich seither all seine Unternehmungen bestritten hatte. Er wünschte dringend, seine Einkünfte um zwei Millionen Taler zu erhöhen; da aber im Ministerrate die Ansicht ausgesprochen ward, das Land sei zu erschöpft, um mit erhöhten Abgaben belastet zu werden, so entschloß er sich zu der Einführung neuer Einrichtungen, deren Folgen er sich vielleicht nicht in ihrer ganzen Ausdehnung klargemacht hatte, die aber leider nicht geeignet waren, neue Liebe für ihn und Freude bei seinen Untertanen hervorzurufen. Friedrich hatte sich überzeugt, daß die aus den Zöllen fließende Einnahme vorzüglich geeignet sei, einen höheren Ertrag zu gewähren, und daß durch dieselbe, in andern Ländern, der Krone in der Tat ein Gewinn von ungleich größerer Bedeutung zuteil werde. In Frankreich namentlich hatte man damals die Zollkünste zu einer hohen Vollendung gebracht. Dies Beispiel schien zu guten Erfolg zu versprechen, als daß Friedrich sich nicht hätte entschließen sollen, etwas Ähnliches zu versuchen. Da es aber im eigenen Lande an geübten Leuten für die <433>Einrichtung und Ausführung eines solchen Vorhabens fehlte, so wurden einige Meister dieser Kunst aus Frankreich verschrieben; in ihrem Gefolge kam sodann eine ganze Schar anderer Franzosen, die zu den unteren Stellen des neuen Geschäftes bestimmt werden sollten. Doch konnte sich Friedrich, hochherzigen Sinnes, nicht dazu entschließen, das ganze Zollwesen, wie es in Frankreich Sitte war, den Franzosen zu verpachten und somit seine Untertanen ganz der Willkür der Fremden zu übergeben. Die Anstalt ward, unter dem Titel einer « General-Administration der königlichen Gefälle » (im gemeinen Leben « Regie » genannt), als eine besondere Behörde des Staates eingerichtet. Die einzelnen Gegenstände wurden nicht eben hoch verzollt, aber es wurde der Zoll auf alle möglichen Bedürfnisse des Lebens ausgedehnt und eben hiedurch fort und fort drückend. Ungleich drückender aber war es, daß den Zollbedienten, um dem Schleichhandel zu begegnen, jede beliebige Nachsuchung, nicht bloß an den Toren der Städte, sondern auch bei den Reisenden auf freiem Felde, sowie in den Häusern der Bürger verstattet war. Nichtsdestoweniger hob der Schleichhandel immer verwegener und gewaltiger sein Haupt empor. Unzähliger Verdruß und Ärger, widerwärtige Prozesse, Auf lehnung gegen die obrigkeitlichen Befehle, Verderbnis der Sitten waren die Folgen der neuen Zolleinrichtungen. Und bei alledem brachten sie die Vorteile nicht, welche Friedrich von ihnen erwartet hatte und welche auf minder beschwerlichem Wege vielleicht sicherer und ohne den Widerwillen der Untertanen zu erreichen gewesen wären.

Außer dieser Vermehrung der Zölle suchte Friedrich seine Einkünfte auch dadurch zu erhöhen, daß er den Verkauf oder auch sogar die Produktion gewisser Gegen<434>stände, die zum Teil ein unentbehrliches Bedürfnis waren, sich selbst vorbehielt, oder, was dasselbe ist, das Vorrecht des Handels mit denselben nur gegen starke Abgaben erteilte. Tabak und Kaffee waren die wichtigsten Gegenstände dieses königlichen Alleinhandels. Abgesehen davon, daß hiedurch der freie Verkehr, und somit die freie Entwickelung, wesentlich gehemmt ward, so förderte auch diese Einrichtung den Schleichhandel auf eine nur zu verderbliche Weise.

Noch an den Vorteilen einer andern Kunst — der geheimen Polizei, — die zu jener Zeit in Frankreich ebenfalls schon mit außerordentlichen Erfolgen geübt ward, wünschte Friedrich Anteil zu nehmen. Mancherlei Sittenverderbnis, das als Folge des Krieges zurückgeblieben war, schien eine solche Anstalt wünschenswert zu machen. Friedrich sandte deshalb einen in diesem Fache vorzüglich geübten Geschäftsmann, Philippi, nach Paris und machte ihn hernach zum Polizeipräsidenten von Berlin. Als aber einige Jahre darauf verschiedene Verbrechen verübt wurden, ohne daß man die Urheber entdecken konnte, stellte Friedrich den Polizeipräsidenten zur Rede. Dieser erwiderte, daß er mit großem Fleiße alle vom Könige genehmigten Maßregeln zur Ausführung bringe, daß er indes mehr zu leisten sich ohne ausdrücklichen Befehl nicht für befugt halte. Er entwickelte dem Könige darauf das ganze Wesen der geheimen Polizei, wodurch er ohne Zweifel jedem Verbrechen auf die Spur kommen könne, wodurch aber auch der sittliche Charakter des Volkes durchaus müsse verdorben werden. Er fügte hinzu, daß überdies in Berlin die Wirkung der geheimen Polizei erst allmählich eintreten könne, indem die Brandenburger für solche Einrichtung vorderhand noch viel zu treuherzig und ehrlich seien. Durch diese Vorstellungen ward Friedrich sehr gerührt; er erwiderte ohne langes Bedenken, daß er kein größeres Übel an die Stelle des kleineren setzen und die Ruhe und das Vertrauen seiner guten Untertanen nicht gestört wissen wolle. Dabei hatte es denn auch sein Bewenden.

Daß Friedrich — der Held, der durch siebenjähriges unablässiges Ringen, durch die Aufopferung so mannigfacher Lebensfreuden die Würde seines Staates erhalten — von seinem Volke hochverehrt ward, erscheint nicht eben wunderbar; daß man ihm aber auch, trotz jener empfindlichen Neuerungen, trotzdem, daß er, um dem königlichen Ansehen nichts zu vergeben, auf seinen Anordnungen bestand oder doch nur sehr allmählich davon abging, diese Verehrung erhielt, das bezeugt, wie kein anderer Umstand, die wahre Größe seines Geistes. Man fügte sich allmählich in das Unabänderliche; man sah es ein, daß Friedrich jener Einnahmen nicht bedurfte, um sie in üppigen Festen, an Günstlinge oder Buhlerinnen zu vergeuden oder um heißhungrig über dem Glanze des Goldes zu wachen; man empfand <435>die Wohltaten, in denen er sie wieder auf sein Volk ausströmte; man sah ihn ebenso leutselig, ebenso zutraulich, ebenso teilnehmend wie sonst, und kein Riegel, kein ängstliches Verbot hemmte die freie Rede, auch wenn sie sich mißbilligend, selbst in minder schicklicher Weise, über des Königs Einrichtungen zu äußern wagte. Die Soldaten des Siebenjährigen Krieges erzählten von ihrem getreuen Kameraden, dem Alten Fritz, und wo Friedrich mit dem Volke verkehrte, da fand man in ihm dieselben Züge wieder. Man hielt sein Bild im Herzen rein und wandte allen Groll und Haß gegen die lästigen Neuerungen nur den Fremden zu, bis auch diese allmählich aus ihren Stellen verschwanden und Eingebornen Platz machten.

Es sind uns manche Züge aufbehalten, die das Verhältnis des Königes zu seinem Volke, unter Umständen, wie die ebengenannten, vor Augen stellen. Kaum dürfte einer unter diesen bezeichnender sein als der folgende, der in die Zeit gehört, da, wegen des königlichen Alleinhandels mit dem Kaffee, die sogenannte « Kaffeeregie » soeben eingeführt war und das Volk den französischen « Kaffeeriechern », die überall den eingeschmuggelten Kaffee aufzuspüren wußten, den bittersten Haß widmete. Friedrich kam eines Tages die Jägerstraße von Berlin heraufgeritten und fand in der Nähe des sogenannten Fürstenhauses einen großen Volksauflauf. Er schickte seinen einzigen Begleiter, einen Heiducken, näher, um zu erfahren, was es da gebe. « Sie <436>haben etwas auf Ew. Majestät angeschlagen », war die Antwort des Boten, und Friedrich, der nun näher herangeritten war, sah sich selbst auf dem Bilde, wie er in höchst kläglicher Gestalt auf einem Fußschemel saß und, eine Kaffeemühle zwischen den Beinen, emsig mit der einen Hand mahlte, während er mit der andern jede herausgefallene Bohne auflas. Sobald der König dies gesehen, winkte er mit der Hand und rief: « Hängt es doch niedriger, daß die Leute sich den Hals nicht ausrecken müssen! » Kaum aber hatte er die Worte gesprochen, als ein allgemeiner Jubel ausbrach. Man riß das Bild in tausend Stücken herunter, und ein lautes Lebehoch begleitete den König, als er langsam seines Weges weiterritt.

Die Gemütlichkeit aber und die Gewöhnung des Königes, sich auch in die Lage eines Geringeren teilnehmend zu versetzen, — was ihm fort und fort so viele Herzen gewann, — stellt wohl keine von den zahlreichen Anekdoten seines Lebens anschaulicher dar, als die Geschichte eines thüringischen Kandidaten, der nach Berlin kam, um hier Versorgung zu suchen, aber durch die übertriebene Strenge der Zollbeamten unangenehmen Verlegenheiten ausgesetzt ward. Die Erzählung trägt so ganz das Gepräge der einfachen Wahrheit, sie führt uns den König, seine Weise, sich in dergleichen Fällen zu benehmen, den ganzen Charakter der Zeit so lebendig entgegen, daß wir nicht umhin können, den vollständigen Bericht, mit all seinen kleinen Zügen, wie ihn jener Kandidat selbst handschriftlich hinterlassen hat, im nächsten Kapitel mitzuteilen.