<456>Indem wir dem beginnenden Untergange eines Volkes, das herrlich begabt und einst groß und mächtig war, gerechte Trauer widmen, ist es der Hinblick auf den steten Fortschritt der Geschichte, der für solche Betrachtung reichen Trost gewährt. Die Geschichte lehrt uns, wie fort und fort über den Gräbern ein neues, zumeist ein schöneres Leben emporsprießt. Polen fiel, weil es hinter der Entwickelung der Zeit zurückgeblieben war, weil man im Lande selbst nur Willkür und Knechtschaft kannte, weil kein volkstümlicher Geist die Glieder des ausgedehnten Reiches mehr zusammenhielt. Preußen ward, indem es vom polnischen Reiche einen Landstrich nahm, den dieses sich früher durch Waffengewalt unterworfen hatte, auf eine Weise ausgerundet, die beim Fortschritt seiner politischen Entwickelung notwendig erfolgen mußte; und was von Polen unter preußische Hoheit kam, ward rasch aus seiner alten Barbarei emporgerissen und all denjenigen höheren Gütern des Lebens teilhaftig gemacht, die in den übrigen Provinzen des preußischen Staates im regen Wetteifer der Kräfte gediehen. Zagt unser Herz, dem Schritt beizustimmen, zu dem sich Friedrich veranlaßt sah, so müssen wir ihm in den neuen landesväterlichen Sorgen, denen er sich hingab, um mehr als eine halbe Million Menschen glücklich zu machen, wiederum die lauterste Bewunderung zollen. Er selbst war schon im Sommer 1772 nach Westpreußen geeilt, um die nötigsten Vorkehrungen zu treffen. Wo bisher nur Verwirrung und Rechtlosigkeit geherrscht hatten, ward eine geregelte Rechtspflege, welche Sicherheit des Lebens und Eigentums gab, eingeführt; die Schmach der Leibeigenschaft und das barbarische Standerecht wurden aufgehoben; zahlreiche Schulen wurden gestiftet, um das Volk aus seiner stumpfen Gefühllosigkeit zu menschlichem Adel zu entwickeln; vortreffliche Einrichtungen wurden getroffen, um den ansteckenden Krankheiten zu wehren, die so oft Verheerungen unter Menschen und Vieh angerichtet hatten. Endlich ward nichts verabsäumt, um Tätigkeit und Verkehr zu befördern; Kolonisten wurden in entvölkerten Landstrecken angesetzt; an der Posteinrichtung erhielt die Landschaft ein ganz neues Gut.