<414>wiederum neue Armeen beschaffen, um den neuen Angriffen der Russen zu begegnen. Aber ebenso schnell, wie jene Kunde ihn niedergeschlagen hatte, erhielt auch sein Geist die nötige Spannkraft wieder. Er faßte einen raschen, kühnen Entschluß. Noch war die Nachricht nicht weiter verbreitet, noch konnten namentlich die Österreicher davon nichts erfahren haben. Er sandte augenblicklich einen Adjutanten zu Tschernitschef, damit dieser auf der Stelle zu ihm komme. Tschernitschef war eben damit beschäftigt, seine Truppen der neuen Kaiserin schwören zu lassen, er wollte eben einen Boten an Daun senden, diesem seinen Abzug von der preußischen Armee zu melden; er verhieß dem Adjutanten, daß er am nächsten Tage vor dem Könige erscheinen werde. Aber dieser bat so dringend, daß sich Tschernitschef entschließen mußte, ihm zu folgen. Friedrich forderte nichts weiter von Tschernitschef, als daß er den Befehl zum Abzuge noch drei Tage verheimlichen, sein Korps solange ruhig im preußischen Lager stehen und dasselbe am Tage der Schlacht, zu der er sich entschlossen habe, nur zum Schein ausrücken lassen möge, ohne selbst Anteil am Gefechte zu nehmen. Tschernitschef sah sehr wohl ein, daß ein solcher, wenn auch scheinbar geringer Ungehorsam gegen die Befehle der Kaiserin die schlimmsten Folgen für ihn haben könne; aber noch nie hatte einer der siegenden Beredsamkeit Friedrichs, dem hellen Glanze seines Auges widerstanden. Der russische General mußte der Forderung des Königs nachgeben. « Machen Sie mit mir », so rief er am Ende des Gespräches aus, « was Sie wollen, Sire! Das, was ich Ihnen zu tun versprochen habe, kostet mir wahrscheinlich das Leben; aber hätte ich deren zehn zu verlieren, ich gäbe sie gern hin, um Ihnen zu zeigen, wie sehr ich Sie liebe! »

Die drei Tage, welche ihm Tschernitschef bewilligt, benutzte Friedrich auf eine meisterhafte Weise, um den Feind von seiner drohenden Verbindung mit Schweidnitz abzuschneiden. Er traf alle Anstalten, sich der verschanzten Gebirgsposten bei Burkersdorf und Leutmannsdorf, die von österreichischen Truppen besetzt waren, durch einen kühnen Gewaltstreich zu bemächtigen. Seine Armee ward so verteilt, daß Daun eher Angriffe auf seine Hauptmacht als auf seine schwierigen Posten zu gewärtigen hatte; dabei figurierten auch die Russen, welche Daun nach wie vor für Feinde hielt und denen er eine genügende Truppenmacht gegenüberzustellen genötigt war. Am 21. Juli wurden die Gebirgsposten durch plötzlich ungestümen Angriff überrascht. Eine starke Batterie, die über Nacht vor den feindlichen Verschanzungen aufgeworfen war, trieb die leichten Truppen, die einen ersten Angriff abhalten sollten, durch rasches Feuer in die Berge. Dann begannen die preußischen Regimenter von allen Seiten den Sturm. Weder die senkrechten Berghänge mit ihren Wällen und Wolfsgruben, noch die Palisaden und Kanonen, die aus jeder