12172. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Hauptquartier Proschwitz, 15. Juni 1760.

. . . Gestern Abend noch seind des Königs Majestät von Dero bisherigen Hauptquartier zu Schlettau abgereiset und diese Nacht oder heute mit dem frühesten bei dem Dorfe Zehren, wo Sie die Nacht die Schiffbrücke schlagen lassen, mit einem Corps derer Truppen über die Elbe gegangen. Dieser Uebergang ist ohne einige Opposition des Feindes geschehen und weiter nichts als Affaires »von Patrouilles passiret und dabei ein Rittmeister, ein Officier und ohngefähr 50 Mann von des Kaisers Regiment hiesigerseits gefangen gemachet worden.

Durch zwei geschlagene Schiffbrücken, davon die eine, gleich unter Meissen, heute Vormittag auch fertig geworden, haben des Königs Majestät die völlige Communication mit dem im retranchirten Lager bei Schlettau unter Commando des Generallieutenant von Bülow und dem bei den Katzenhäusern unter Commando des Generallieutenant von Hülsen stehen gebliebenen Corps, so dass im Fall einer Attaque vom Feinde sich alles einander gleich souteniren kann. Das Hauptquartier, so der König dieserseits der Elbe genommen, ist in dem Dorfe Proschwitz, auf dem daselbst befindlichen adelichen Hause. Ich habe heute Nachmittag dahin nachkommen müssen, da alles ruhig und sicher daselbst ist. . .

Was der Feind wegen dieses ohnvermutheten Ueberganges Sr. Königl. Majestät jenseits der Elbe und genommenen Lagers weiter vor Mesures nehmen wird, stehet zu erwarten. Ich wünsche devotest, dass solches von allem erwünscheten Succès sein und die Nachrichten aus Schlesien sowohl als von des Prinz Heinrich Unternehmungen glücklich und erwünscht ausfallen mögen. Des Königs Majestät seind nicht allerdinges von der präcipitirten Retraite des General Fouqué und dass er die Posten im Gebirge so légèrement und Übereilet verlassen, zufrieden gewesen. Er hat auch sogleich auf Schweidnitz wieder vorrücken müssen und soll die von ihm abandonnirete Posten absolument wieder occupiren und den Feind daraus delogiren. Laudon stehet denen letzteren Nachrichten nach noch mit seinem ganzen Corps in dem Glatzischen, ohne sich wegen der eigentlichen Absichten seiner bisherigen Manœuvres bis dato weiter blosszugeben. Ich wünsche von Grunde meiner Seelen, Ew. Excellenz bald recht gute Nachrichten von hier weiter geben zu können, zu Dero gnädigem Wohlwollen mich mit meinem ohnveränderlich treuesten Attachement respectuosest empfehle.

Eichel.

Auszug aus der Ausfertigung.

<424>